Mittwoch, 16. Juli 2008

Schnapsöl

„Ich war immer nur der stärkste in der Schule“ Klaus Vogel

„Now throw your hands in the air
And wave 'em like you just don't care” Outkast

“Der schlechteste Abi-Schnitt bringt die Party mit und führt alle auf das Glatteis wie Kati Witt” Dendemann

Mit der Schule hatte ich nie sonderlich Probleme. Okey, zugegeben, ich habe mich den ganz großen Herausforderungen auch nicht immer gestellt. Ich saß rum, habe auf Stichwörter für meine halbwegs qualifizierten Zwischenrufer geachtet und habe geschmollt, wenn jemand schneller war als ich. Was dank jahrelanger Übung sehr selten vorkam. Schriftlich hatte ich halt so meine Stärken und Schwächen. Wie wohl jeder. Der Schlüssel zu guten Noten war damals „die mündliche Beteiligung“. Es gab Lehrer, die haben die aktive Unterrichtsbeteiligung tatsächlich zu 50 oder mehr Prozent in ihre Bewertung mit einfließen lassen. Wie Naiv. Konzentriert an die Tafel starren kann schließlich jeder und wie man so viele „Melder“ wie möglich auf seine Habenseite verbuchte, hatte man auch schnell raus.

Für alle jüngeren, die das hier lesen und die Schulbank drücken dürfen: Der Melde Guide!
Grundsätzlich sollte man sich auch immer melden wenn man schon etwas weiß. Soviel zum Handwerk, die Kunst ist es sich zu melden, wenn man nichts weiß.

  • Wenn eine Frage gestellt wird, die mehrere Antwortmöglichkeit bietet, nervige Aufzählungen oder so, dann sollte man zusehen, dass man als erstes drankommt. Die häufig lasche Einstellung der meisten Mitschüler hilft dabei. War man einmal dran, wird sich zwecks Nennung einer weiteren alternativ Antwort gemeldet. Diesmal nur etwas aufdringlicher, aufgestützt oder schnippend. Das wird nicht gerne gesehen und disqualifiziert Dich für eine weitere Antwort. Wichtig ist, dass sich mindestens ein weiterer, noch nicht drangenommener Mitschüler, ebenfalls meldet. Die angelernte Gleichberechtigung der Lehrer verbietet es ihnen Dich wieder zu nehmen, bevor nicht andere ihre Chance erhielten. Im Hinterkopf bleiben aber deine „Bemühungen“.
  • Bei Fifty / Fifty Antworten, Ja / Nein Fragen immer melden, auch bei völliger Ahnungslosigkeit. Sollte man drankommen, ist es wichtig total seriös, ruhig und selbstsicher zu antworten. Es darf sich nicht wie eine Entscheidung anhören. Ist die Antwort richtig, heimlich feiern. Ist die Antwort falsch: skeptisch gucken. Fifty / Fifty Fragen sind Geschenke. Man muss nur mitzählen, wie oft man bei welchem Lehrer bereits falsch lag.
  • Bei leichten Fragen, bei denen sich eh mehrere melden, schon alleine um sich nicht zu blamieren, sich ruhig schön nervig anbiedern. „Nehmen sie mich! Ich weiß alles, ich bin sooo klug!“ Für diese Nummer wird man nie aufgerufen, aber es wertet die Leistung der anderen ab. Der Lehrer kann ja selber einschätzen wie schwierig die Frage war.
  • Das Gegenteil sind die Monsterfragen, bei denen, wenn überhaupt, die Finger sehr langsam hochgehen. Sollte man die Antwort wissen, nicht melden, sondern ganz lässig ausplaudern. Reaktion vom Lehrer: richtig, wäre aber schön gewesen, wenn Du Dich auch gemeldet hättest. Wenn man so etwas schon weiß, dann sollte man sich auch zu cool zum melden fühlen. Lenkt außerdem vom Streberimage ab. Die Pluspunkte bekommt man eh, dafür ist der Lehrer zu sehr Profi.
  • Akustisches Melden    kam irgendwann so in der 10. Klasse bei mir auf. Man macht das Geräusch eines Buzzers nach oder das eines Tieres. So wie man das von Otto Waalkes kennt, wenn er eine Rufumleitung oder ähnliches simuliert. Es hat sich leider nicht durchgesetzt. Ebenfalls nicht durchgesetzt hat es sich, den Tischnachbarn zu kneifen, dieser ruft „Aua“, der Lehrer schaut, sagt deinen Namen und du beantwortest schnell die Frage. Genial sollte man meinen, wurde aber irgendwie oft fehlinterpretiert.
  • Im Studium wird Lehrern erzählt, die Schüler sollten die Antworten selber erarbeiten, also raten bis es stimmt. Egal ob man sich sicher ist oder nicht, hier ist wichtig irgendetwas rein zu rufen, damit der eh schon langweilige Unterricht nicht, wie NEO im minder langweiligen Film Matrix 3, in einem Zeittunnel stecken bleibt. Schnellraterunde heißt das auf   9Live. Der Scheiß nimmt kein Ende, bevor nicht die richtige Antwort genannt wurde.
  • Manchmal wollen Lehrer einem Schüler mit besonders niedrigen oder hohen Zahle Schocken. Sie stellen eine rhetorische Frage, was man denn annehme wie viel oder wie wenig etwas sei. Man kann ja ungefähr einschätzen in welcher Dimension sich die Antwort abspielt und übertreibt völlig, indem man diese mal 1000 nimmt.
Frage: „Was meint ihr denn, wie viel CO2 der Deutsche im Jahr produziert?“ (ca. 10 Tonnen)
Antwort [exorbitant enthusiastisch]: „Zehntausend Tonnen!
Nach der Korrektur durch den Lehrer ein enttäuschtes „tzz“ von sich geben.
Die überdimensional falsche Zahl hat den Reiz schon vorweggenommen, der geplante „Uih-Effekt“ bleibt aus. Was das bringen soll weiß ich nicht, mich hat es aber immer beruhigt, wenn der Lehrer wusste, dass ich ihn nicht ernst nehme.
Epilog

Diese Tipps verbessern die mündliche Beteiligung locker um eine Note und wenn nicht, dann bleiben ja noch das Hausaufgabenheft und die Mappenführung. Anstatt farblich abgestimmter Mappen aus umweltfreundlicher Pappe, hatte ich immer nur einen einzigen voll geschriebenen College Block. Einen Block für alle Fächer sozusagen und Lee Majors sang die Titelmelodie. Nicht. Die Seiten blieben schön im Ringordner. Waren die ersten 80 Blatt voll gemaltschrieben, wurden sich neue Blätter, unter Androhung dies sei jetzt aber wirklich das aller letzte Blatt das man sich leihen könnte, geschnorrt. Hier konnte ich endlich mit den Tiergeräuschen trumpfen. Hieß es dann bei der Mappenabgabe: „Gebt bitte die Mappen ab.“, habe ich mit Edding (war damals zurecht im Unterricht wegen Schnüffellei verboten) auf den überquellenden Block fett DIE MAPPEN geschrieben. Das wurde sogar stellenweise akzeptiert! Schließlich war ich so gut im Mündlichen, dass die Mappen eh nicht mehr ins Gewicht fielen. Dort wo das nicht der Fall war, hat das einzig attraktive Mädchen in der Klasse, die dazu noch gleichzeitig meine Tischnachbarin war, die Zettel nach Unterrichtsfächern sortiert und in meine leeren, echten Mappen weggeheftet! No Cadillac, no perms, you can't see, that I'm a motherfucking P-I-M-P.

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