Donnerstag, 26. November 2009

Woo Hah!! Got You All in Check

"Ab und zu und ab und zu oft blick ich zu Boden
was soll ich euch noch erzählen außer ein paar kleinen Episoden" Dendemann

Wenn man bei mir die Straße runter geht, so grob Richtung Flughafen, dann kommt man zwangsläufig zu den hässlichen Mehrfamilienbauten, die bevorzugt von Familien mit Rotzlöffelkindern bezogen werden. Die Slums von morgen, schon heute. Diese 30stöckigen architektonisch einfältigen Skelettbauten markieren überall den Stadtrand. Es leben so viele Menschen auf engsten Raum gegeneinander, dass sich in der unmittelbaren Nähe eine eigene Infrastruktur bildet.

Meine Slums haben noch den ersten Anstrich und wirken so, als ob hier wirklich an ein fortschrittliches Wohnkonzept geglaubt wurde. Neben der Apotheke und dem Friseur gibt es einen Penny und einen Plus geradewegs gegenüber. Vor einer Gaststätte, die gleich mehrere Kegelbahnen aufbieten kann, sitzen Rentner im Jogginganzug, kombiniert mit Sandalen, und begaffen die Anwohner, um sie beim Falschparken zu erwischen.

Wenn die Sonne durch die Regenwolken bricht und auf den Sichtbeton scheint, dann komme ich mir vor wie an der Nordsee. Die ganzen Markisen und der falsche Italiener tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei. Braunschweigs Innenstadt ruft dieselbe Assoziation in mir hervor. Nordseeurlaub war nie so toll. Bis heute habe ich den Verdacht, dass meine Eltern mir irgendeine schlimme, in meiner Kindheit diagnostizierte, Krankheit vorenthalten. Anders kann ich mir diese Saunatherapien und Wattwanderungen nicht erklären.

Im Gegensatz zu den Slums leben in meinem Haus ganz genau acht Parteien. In letzter Zeit gab es eine große Fluktuation. Die Nachbarn unter mir sind ausgezogen. Schätze mal wegen mir. In meiner ersten Woche kamen die an meine Tür und schenkten mir diese filzigen Lärmblocker für unter die Stuhlbeine. Darauf fragten sie, ob ich hier nun wohnen bliebe oder ob die Vormieterin, dieses unkommunikative Trampeltier, wiederkommen würde. Da konnte ich sie beruhigen.

Neben mir wohnte ein junger Airbus Mitarbeiter und Mountainbikefahrer. Mountainbike in Bremen… Der ist jedenfalls auch raus und dafür ein junges Paar drin. Die sind ganz nett, von denen habe ich mir mal einen Korkenzieher geliehen. Unten links wohnt eine ältere Dame, die mit einem südländisch aussehenden Typen eingezogen ist. Auf dem neuen Klingelschild standen zwei Namen, also nicht verheiratet. Standen, weil eine Woche später der hintere Name grob weggerissen wurde. Den Mann habe ich seitdem nicht mehr gesehen. Hat wohl nicht funktioniert. Jedenfalls wohnt die ältere Dame jetzt mit ihrer Tochter zusammen. Ob die Tochter volljährig ist, ist schwer einzuschätzen. Ansonsten hätte ich gesagt: scharfe Scherbe.

Im Hausflur habe ich vor kurzem vier junge Menschen getroffen. Höchstwahrscheinlich Studenten. Der einzige Junge unter ihnen und eine der jungen Frauen sahen aus, als ob sie direkt vom Mittelmeer hergezogen seien. Sie sprachen auch nur spanisch miteinander. Die anderen beiden Ladies waren, und diesmal bin ich mir absolut sicher, wahnsinnig Attraktiv. Abends hörte ich auf dem Flur wie Singer Songwriter Musik aus der Wohnung kam, was meinen ursprünglichen Verdacht, dass es sich hier um Stundenten und Spanier handeln müsse, bestätigte.

Bis auf diese zufälligen Begegnungen treffe ich nie jemanden aus dem Haus an. Dabei steigt nicht nur wegen der jüngeren Menschen mein Interesse an der Nachbarschaft.

Es interessiert mich brennend wer von denen meine Mülltonne mitbenutzt und wer die zweite Papiertonne beschlagnahmt hat und wer meine Zeitung aus dem Briefkasten klaut. Okey, dagegen habe ich nichts, es ist dennoch unheimlich. Ein anderer Mieter stopft dafür seine Tageszeitung und Reklame bei mir in den Kasten. Ist es derselbe, dem die Katzen im Flur gehören? Meine Pakete nimmt auch irgendwer unkommentiert entgegen und legt sie vor meine Tür. Nett, aber bei wem bedanken und wen schreiend aus dem Kellerverschlag anspringen, wenn er oder sie auf den Weg zu den Mülltonnen ist? Irgendwer lässt im Keller auch immer das Licht brennen. Wenn ich aus dem Haus gehe, sehe ich oft zwielichtige Gestalten hinter ihren Vorhängen stehen, wie sie mich beobachten, so, als ob ich der Böse wäre. Die führen bestimmt Buch, um ihre Anschläge besser planen zu können.

Wenigstens gibt es hier keine Rotzlöffelkinder.

Montag, 16. November 2009

Hygienegott mit Fahne

„Auf den Alkohol, dem Ursprung und die Lösung all unserer Lebensprobleme“ Homer Simpson

Hygienethemen sind sehr beliebt. In Blogform wie in Gesprächen, die keinen höheren Standard beanspruchen. Auf Partys oder mit Frauen zum Beispiel. Die Leute hören einem aufmerksam zu und lauern auf einen Fauxpas. Gleich verhaspelt er sich und gibt zu, dass er nur eine Unterhose besitzt. So in etwa. Oder das genaue Gegenteil tritt ein, dann ist man zu dekadent oder penibel. Was Hygiene angeht, schweben alle auf Wolke Sieben und denken in Fünfsterne Hotelstandards. Selbst jetzt in diesem Augenblick wird das hier gelesen und gleichzeitig gedacht: der hat doch was zu verbergen. Nasenhaare oder schlimmeres. Haare eh nur auf dem Kopf, wenn überhaupt und schon wären wir mitten in einem Dialog. Damit kann man Stunden füllen. Gerne auch mal aus der passiven Rolle heraus mit einer Randbemerkung angewidert zurückschießen: Was benutzt du? mach dich doch nicht lächerlich.

Darum soll es hier jedoch nicht gehen, sondern um ein anderes, beliebtes Thema, das ebenfalls lebhafte Gespräche ohne jeglichen Anspruch verspricht. Auf Partys oder mit Männern zum Beispiel. Reizthema Kriegsschuldfrage äh... Lieblingsbier.

Bevor ich das erste Bier trank, hörte ich bereits HipHop. Die angepriesenen Marken waren in deutschen Rapgefilden oft Heineken oder Beck´s. Ich schätze mal wegen der Rhymes. Und weil man hierzulande kein Old English erwerben konnte, waren es bei mir anfangs genau deshalb Heineken und Beck´s. Zumindest standen die auf dem Wunschzettel ganz oben. Getrunken wurde, aus geografischen und traditionellen Gründen heraus, Herforder Pils. Was die örtliche Feuerwehr trank, das wurde auch in der Dorfkneipe ausgeschenkt und so etablierte sich die Marke in der Region. Ansonsten wurden Schellen verteilt. Wichtig war das für die Nachbarschaftshilfe, da diese in Bier vergütet wurde. Bei der Marke musste man sich einig sein, sonst war das vorerst der letzte Schwarzbau, der unter Nachbarn hochgezogen wurde. Oder anders ausgedrückt, hattest du Haake Beck im Keller stehen, konntest du im Fall eines Brandes lange auf die Feuerwehr warten. (Ich habe an dieser Stelle ebenfalls einen Reim erwartet)

Vorweg, gekühlt kann man jedes Pils trinken.
Einerseits aus finanziellen Gründen, andererseits auf Empfehlung eines gewissen Herrn Hans A., tranken wir eine zeitlang das unterschätzte Hansa Pils. Alles andere ist euer Bier.
Die 0,33 Liter Dose Hansa Pils kostete damals ungeschlagene 50 Pfennig. Palettenweise haben wir das Zeug aus dem Markt getragen.
Einmal bin ich mit Lunchmann und Klöden los um neue Reserven anzulegen, als Rösschen, die gute Seele, meinte, wir sollten unbedingt noch eine Familienpackung Klopapierrollen mitbringen. Kein Ding. Lunchmann und ich beförderten drei Paletten feinsten Hansa Stoffs auf das Kassenband, während Klöden an die riesige Packung Kackband dachte. Grau, einlagig, umweltbewusst.
Wenn man nur zwei Produkte kauft und eines davon ist Klopapier, dann ist es völlig egal, was das zweite Produkt darstellt, das Klopapier wirkt immer wie eine an den Kauf gebundene Sicherheitsmaßnahme. Wie auch in diesem Fall. Für danach, kommentierte Klöden den Kauf.
Mein Vater behauptete, von dem Gesöff würde man früher oder später blind werden. Jaja, solche Sätze behält man nicht lange im Ohr. Vor allem nicht, wenn sie von so mondänen Flaschenbiertrinkern kamen. Eines Nachts, ich schlief aufgrund eines übertriebenen Hansa Pils Genusses wie ein Apfel (mit Stiel nach oben), fiel, wie so oft seitdem ich meine Anlage und Playstation und sonst alles an der einen Steckdose hinterm Fernseher angeschlossen hatte, bei uns im Haus der Strom aus. Wenn man nun in der finstersten Nacht aufwacht und man sieht weder die vertrauten Stand By Lichter diverser Elektrogeräte noch den Wecker oder das Mondlicht, dann kann man schon mal in Panik geraten. Was für ein Horrorerlebnis und das Ende der Hansaära.

Da man alles einmal getrunken haben sollte, erwogen wir die anstehende Center Park Woche für eine ausführliche Bierprobe zu nutzen. Im Idealfall sollte ein neues Stammpils dabei herausspringen. Zugelassen zur Probe waren nur Dosenbiere. Monate vorher durchsuchten wir die Regale der flächendeckend reichlich vorhandenen Spirituosenanbieter. Tankstellen unter anderem. Es kam einiges zusammen. Wir dekorierten den Couchtisch in unserem Bungalow mit den Dosen und warteten den richtigen Abend ab, um eine unverfälschte, fundierte Analyse zu erstellen. Soll heißen, wir warteten auf einen nüchternen Moment.
Von dem Ergebnis der Bierprobe weiß ich nichts mehr. Ich weiß nur noch, dass ordentlich Dosenbier übrig blieb. Diese verstauten wir in einem Karton und nahmen sie mit zu dem Bungalow, der erst vor kurzem kennengelernten Mädelsgruppierung. Ich weiß auch nicht mehr wer von uns den Karton trug, ist ja auch egal, jedenfalls gab der durchgeweichte Boden nach und erbrach die Dosen aus einer ordentlichen Fallhöhe auf den Teppich des Wohnzimmers. Mehrere Dosen platzten dabei auf und veranstalteten im Raum eine heitere Schaumparty. Leider sahen das nicht alle so. Bis auf weiteres wurde wieder auf Flaschenbier umgestiegen.

Der Reichtum, oder besser gesagt die Erkenntnis am Bier nicht zu sparen, brach über uns herein. Kilkenny, Budweiser, Desperados, Miller Genuine Draft, Heineken, Strongbow usw.
Man trank eh nur zwei, drei Biere, bevor es zum härteren Zeugs überging. Das muss die Intention gewesen sein, ansonsten kann ich mir den Luxus nicht erklären.
Heutzutage trinkt man ja nur noch phasenweise. Bierphase, Fleischeinwurf, Schnapsphase usw.

Im Nachhinein kann ich von mir behaupten alles Handelsübliche am Hals gehabt zu haben, was mir zu einem empirischen Urteil verhalf: Hauptsache der Schnabel ist nass.
Nee, also stimmt schon aber mein Lieblingsbier ist Staropramen. Das Beck´s des Ostens, wie ich es nenne. Auch wenn es widersprüchlich klingt, klingt es dennoch gut. Zurzeit ist es sogar das süffigere Staropramen Granat. Dunkelbier vom Fass.
Preislich wie geschmacklich ist es einfach das alltagstauglichste Pils, das es gibt und zwar, das es überall gibt. Prost. (Liebe Staropramen Brauerei, meine Adresse lautet Alsterdorfer Straße 108)

Sonntag, 15. November 2009

Neue Meister

"Die Strafe entspricht der Schuld: aller Lust zum Leben beraubt zu werden, zum höchsten Grad von Lebensüberdruß gebracht zu werden." Kierkegaard

Ich habe am Samstag die Ausstellung Go for it! Olbricht Collection (a Sequel) in der Weserburg –Theater für moderne Kunst– besucht. Für einen Euro mehr, kann man eine Kombikarte erstehen und das gegenüberliegende GAK (Gesellschaft für Aktuelle Kunst) gleich mitbesuchen. Habe ich gemacht.
Ich gehe privat nicht besonders oft in Museen, eher selten oder für den, der es ehrlich mag: nie. Demzufolge bewege ich mich nicht so selbstsicher durch die Gänge, wie das die Rollkragenpullovertragenden Kunstinteressierten tun, die ihre Arme hinter dem Rücken verschränken und das Programmheft bei sich führen. Sie beugen sich bei jedem Bild leicht vor, als wären sie in der Adult Ecke der Videothek gelandet. Diese Leute erkennen vermutlich auch nicht mehr als ich wenn sie über ihren Brillenrand schauen.
Über die ausgestellten Künstler hatte ich mich vorher überhaupt nicht informiert.
Kunst ist wie Musik, dachte ich. Wenn mich der Song oder das Bild oder die Kunst an sich nicht innerhalb von 30 Sekunden erreicht, dann kriegt es mich nie. So darf man ruhig denken, keine Angst vor der Hochkultur.

Die Gänge sind lang und verwinkelt, viel schlimmer als in jedem Supermarkt. Ich legte ein ziemliches Tempo vor und bekam beim überholen der anderen Besucher ein schlechtes Gewissen. Die 30 Sekundenregel befolgen! was sollen sonst die anderen denken? ermahnte ich mich.

Die Bilder und Skulpturen sahen wirklich gekonnt aus. Ich könnte jetzt über die hohe Kunst der Fuge fabulieren, habe aber offen gesagt überhaupt keine Ahnung davon. Die Kunst ist zum Glück modern und deshalb sehr ausdrucksstark. Im ersten Teil fließt viel Blut, Totenköpfe, Gerippe, nackte Menschen in eindeutigen Positionen, Titten, Schniepel und so weiter. Kann man denn noch mit Sex schocken oder ist das schon der Sex nach dem großen Schock?
Es muss ja immer weitergehen mit dem Sex, auch in der Kunst.

Ein Dom wurde von Wim Dolvoye in einem geschätzten Maßstab von 1:100 aus Metal nachgebaut, nachgebogen. Da erkennt man die Zeit, die Anstrengung dahinter und das Detail darin, das ist Stumpf, das gefällt mir.
In den anderen Teilen ging es gesitteter weiter, dafür wurde es politisch. Es waren viele wirklich gute Ideen dabei. Eine Flagge von einem Fantasiestaat gefiel mir sehr. Die politischen Hintergründe verstand ich nicht. Der Beitrag kam auch von einem spanischen Künstler und alle Informationsfetzen waren, eben drum, auf Spanisch.

Der Eintritt hatte sich nach einer Viertelstunde bereits amortisiert. Ich entdeckte ein Bild, das mich auf eine fabelhafte Idee für die eigenen vier Wände brachte. Ich fotografierte es. Kurzzeitgedächtnis wie ein Sieb, Langzeitgedächtnis wie eine Höhlenmalerei.
Schmunzeln musste ich bei einem Arrangement zweier Zurechtgerissener Zigarettenschachteln. Eine Malboro Light Schachtel wird von einer Malboro Schachtel gefickt. Die Starken ficken die Schwachen. Eine andere klasse Idee war es, aus Eiswürfel ein Iglu im Gefrierfach zu bauen.
- „Hast du Eiswürfel da?“
- „Ja, im Gefrierfach.“
und dann, beim öffnen das Faches: BÄM, ein Iglu. Ist das noch Design oder schon Kunst?
So was gefällt mir jedenfalls. Der Gedanke das ist ja simpel, da hätte ich auch selber drauf kommen können kam mir nicht in den Sinn. Es wirkt so simpel weil schon jemand darauf gekommen ist.

"Also dieses Bild heißt Sunnyboy Pupseis. Ich mein` wer das nicht haben will ist dumm. Ich mein` japanische Uhr, ist doch genial." Jonathan Meese

Einige Collagen erinnerten mich an eine Dokumentation, die ich über Jonathan Meese gesehen habe und andere wiederum an Plattencover. Ein schneller Blick auf das Datum neben dem Bild zeigt recht deutlich was zuerst da war. So elitär kann die Kunst nicht gewesen sein. Manches kannte ich aus dem Internet, bzw. musste bereits als Profilbild des einen oder anderen Social Network Users herhalten.
Ich bilde mir ein, vieles verstanden zu haben und nehme mir heraus, einiges davon nicht zu mögen.

Im GAK bekomme ich von der emsigen Kassiererin einen Zettel in die Hand gedrückt. Sie meinte, das müsse man für das Verständnis gelesen haben. Ich fragte sie, ob ich mir die Ausstellung nicht ersteinmal anschauen könne, meine Gedanken dazu machen dürfe und erst dann die Rechtfertigung lese. Es ging nicht, der Künstler lässt keinen Platz für Interpretationen zu und damit es überhaupt keine Missverständnisse gibt, war die Besichtigungsroute vorgegeben. Die Kassiererin meinte noch, es gäbe auch ein erklärendes Interview auf Video in einem der Räume. Ich bedankte mich mit den Worten ich kann lesen und ging entgegengesetzt des vorgegebenen Weges. Betrachten wir es als künstlerischen Akt.

Die Ausstellung von Matt Mullican hat mir nicht gefallen. City as a Map (of Ideas) ist das Thema. Kartenausschnitte von Hamburg und Fotografien von Badezimmerutensilien müssen für seine Ideen herhalten. Vorstellen kann man sich das Ganze wie den McDonalds Autobahnatlas, in dem alle McDonalds Restaurants eingetragen sind. Anstatt McDonalds Restaurants sind es bei Mullican eben Enzyklopädien. Mir gefällt es nicht, zu simpel, da hätte ich auch selber drauf kommen können. Den beiden Französinnen, die den Rest der Besuchermassen bildeten, schienen die Detailüberladenen Karten zu gefallen. Sie unterhielten sich ganz angeregt. Le Croissant de Baguette usw.

Was passiert eigentlich mit Menschen, die Kunst nicht weiterempfehlen möchten? Werden die grundsätzlich als Banausen oder als dumm oder gar als dumme Banausen abgestempelt?
Wenn dem so ist, dann mal los.

Dienstag, 10. November 2009

Kleinscheiß

„Tu es, tu es, tu es“ aus dem Film Starsky & Hutch

„Das ist der Angriff der Gegenwart auf meine übrige Zeit“ Jochen Distelmeyer

Die kleinen Dinge, die man erledigen muss, damit das Zuhause ein Zuhause und der Mensch ein Mensch bleibt, nehmen langsam überhand, bzw. werden immer mehr von mir vernachlässigt. Bisher kam es mir so vor, als sei solcher Kleinscheiß völlig normal, weil er nebenbei verlief und sich unauffällig durch den Alltag zog. Mittlerweile ist es der Alltag. Kleine Handgriffe, die einem dank bahnbrechender Entwicklungen immer leichter fallen sollten, vereinnahmen meine Zeit zusehends. Vielleicht liegt es daran, dass die Tage kürzer werden, die Temperaturen niedriger und man selbst bequemer.

Es beginnt bereits am frühen Morgen. Der Hinterreifen meines Fahrrades muss jede Woche neu aufgepumpt werden, per Hand. Das kleinere Elend, dennoch jeden morgen ein nettes Hallo.
Der Brief-/Zeitungskasten möchte jeden Tag geleert werden. Ich habe das Gefühl, meine Nachbarn stecken mir ihre nutzlosen Zeitungen ebenfalls in den Kasten. Beim Restmüll ist es jedenfalls schon soweit. Weil ich die Haustür dafür offen lasse, um sie nicht wieder aufschließen zu müssen, laufen die beiden Katzen eines Nachbarn, trotz Haustierverbot, unbeobachtet in den Hausflur und mir treudoof hinterher. Die muss ich bis zu meiner Wohnungstür abgeschüttelt haben, was bei einem recht übersichtlichen Treppenhaus gar nicht so leicht ist. Aus dem Zeitungsstapel wird die Werbung genommen, der Rest kommt ins Altpapier.

Irgendwelche Wäsche muss immer gewaschen werden, vom Bettbezug über die Unterwäsche, hin zu den Hosen. Die zum trocknen aufgehängte Wäsche muss dafür vom Wäscheständer runter, damit die neue Ladung Platz hat. Bügeln ist den Montagen vorbehalten, wegen „Wer wird Millionär“. Bereits gebügelte Wäsche liegt aufgestapelt im Schlafzimmer, aber nicht im dafür vorgesehenen Schrank. Schließlich ist es leichter sich ein Shirt von oben abzugreifen, anstatt Schranktür auf, Schranktür zu. Socken zusammenlegen.

Abwaschen, und zwar das gesamte schmutzige Geschirr und nicht nur jenes, welches man zum kochen benötigt. Musik raussuchen, dabei am besten gleich die gehörten CDs und Platten wieder den richtig Hüllen zuordnen.
Abtrocknen. Essenkochen. Den Ofen benutze ich nicht, weil ich den erst vor der nächsten Benutzung sauber machen wollte. Das Ofenlicht ist durchgebrannt, was die Verschmutzungen auf einen Schlag verschwinden ließ. Aus den Augen, bedeutet in diesem Fall noch lange nicht aus dem Sinn.
Den Verschnitt wegräumen. Der Restmüll und die Einweggläser müssten mal wieder die Wohnung verlassen. Dasselbe gilt für das Altpapier, dabei habe ich ebengerade erst diese beschissenen lokalen Zeitungen hoch getragen.

Das Essen kredenzen. Wäsche aufhängen und am Bullauge der Waschmaschine entlang wischen, um die Fusseln und anderen Mist zu entfernen. Essen und dabei Simpsons schauen. Tisch abräumen. Überlegen was einem fehlt, es fehlt immer irgendetwas.
Einkaufen gehen, natürlich vergisst man beim verlassen der Wohnung das Überflüssige mit in den Keller zunehmen. Auf der Straße dran denken, dass morgen die Müllabfuhr kommt und man eigentlich das Altpapier mit in den Keller hätte nehmen können. Einkaufen und dabei etwas Wichtiges wie Zahnpasta vergessen.

Kühlschrank einräumen und Undefiniertes im Gemüsefach vorfinden. Gemüsefach auswischen, Gemüsematsch entsorgen und sich daran erinnern, dass man ja den Hausmüll runter bringen wollte, nur um es daraufhin trotzdem nicht zu erledigen. Im Internet nach der aktuellen Serie suchen. Für den Fall, dass man mal 45 Minuten Zeit hat.

Rasieren. Zahnpastatube ausquetschen, sich eingestehen, dass das keinen Zweck hat und in den Markt gehen, Zahnpasta kaufen. Brötchen für morgen früh mitbringen.
Zähneputzen. Den Zahnpastaspritzbeschuss vom Spiegel wischen. Sich im Bad umschauen und sich für die kommenden Tage weitere Putzaktionen vornehmen. Rechnungen und Quittungen wegheften. Sich über dumme Ausgaben ärgern und fragen wo denn die ganzen Krümel um den Toaster herum schon wieder herkommen.

Der nächste Tag beginnt damit, dass ich die Brötchen auf dem Toaster aufbacke und alles um den Toaster herum vollbrösele. Nach dem Frühstück steige ich auf mein fast plattes Fahrrad und sehe wie die Müllabfuhr am Haus vorbei fährt. Nach der Arbeit geht dann der ganze Scheiß wieder von vorne los. Das ist doch Wahnsinn. Im Sommer hat sich der Haushalt bis zum Wochenende aufgetürmt und wurde dann weggeschafft. Leider sind die Wochenenden bis 2010 reserviert, sodass ich gezwungen bin, die Wohnung täglich bis zum 20:15 Feierabend notdürftig zu präparieren. Zufriedenstellend ist das nicht. Dabei sind so beschwerliche Arbeiten wie das Staub- und Bodenwischen, Bloggen, Rückenübungen oder Schuhe putzen, nicht einmal in den Tagesablauf inbegriffen.

Falls jemand vor hat einen Kommentar zu schreiben: Ich bin nicht der Meinung, dass eine Frau dafür da ist hinter mir herzuputzen und einmal die Woche meinen Fahrradreifen aufzupumpen. Auch Zugehdamen sind die Töchter von irgendwem.

erstes, prominentes Opfer

Mittwoch, 4. November 2009

Waschmittel

„Beim Essen ein Schwein, beim Trinken ein Loch“ Element of Crime

Bisher hat noch keine meiner zahlreich durchgeführten Wäschen zu dem scheinbar zu hochgesteckten Ziel, die Wäsche Fleckenfrei aus der Trommel zu entlassen, geführt. Im Büro oder sonst im Alltag getragene Klamotten sind ja nicht überdurchschnittlich verschmutzt im Sinne von dreckig. Da reichen oft 40 Grad in Kombination mit dem in der Werbung als „herkömmlich“ bezeichneten Waschmittel vom Discounter. Es duftet mit etwas Fantasie sogar Frühlingsfrisch.

Für Härtefälle, also die Sachen, die ich am Wochenende anhatte, kaufe ich Marken Waschmittel. Hier geht es um Alkoholflecken in Verbindung mit Cola, Säften, Energiedrinks und anderem Alkohol wie Bier oder Wein. Nicht selten Koche und Esse ich nur in Unterwäsche, der Grund liegt auf der Hand und hängt später auf ewig in den Klamotten.

Die teuren Markenwaschmittel sind Spezialisten für: Weichspüler, Farbschonende Wäsche, Weißwäsche, Buntwäsche, hartnäckige Flecken, Verfärbungen usw. und das alles bereits bei niedrigen Waschtemperaturen. Fürn Arsch.

Einmal habe ich es bereits geschafft meine Weißwäsche blau einzufärben. Wie konnte ich damit rechnen, dass die blauweiße Enyce Trainingsjacke abfärbt?
Wäre es so, dann wäre sie doch längst selbst völlig blau vom vielen Waschen. Meine Milchmädchenrechnung berücksichtigte leider nicht die Struktur des Stoffes. Auf die Maschen kommt es an. Die sogenannte Maschigkeit. Grobmaschige Stoffe sind empfänglicher für Verfärbungen, habe ich gelernt.
Erst sollte es die milde Bleiche richten. Aber wieso fast einen Liter Bleiche kaufen, wenn mir der Fehler eh nie wieder unterlaufen wird? Weiße Sachen kaufe ich mir nicht mehr. Der Umwelt zu liebe, nicht dass der Verdacht aufkommt, ich wolle mich um die Herausforderung drücken. Außer bei Hemden natürlich, die kommen für 1,20 Euro das Stück (ab 10 Hemden 10 €) in die Wäscherei neben dem Dönerladen, gegenüber der Spielhalle. Ein fairer Preis wenn man bedenkt, dass die Dinger lupenrein sauber, gebügelt und trocken für den sofortigen Gebrauch bereit gehängt werden. Wer Thomas Bernhard ließt, weiß wie aufwendig es ist ein Hemd richtig zu bügeln.
Ich kaufte mir damals Entfärber. Das hat wunderbar funktioniert, bis auf bei einem Teil, das jetzt Hellblau schimmert. Mir wurde erklärt, dass damals (kann alles heißen) die weißen Klamotten extra ein Blaustich verpasst bekamen, damit das Weiß heller wirkt… gut möglich, ich habe das Teil bislang nicht wieder angezogen.

Zurzeit benutze ich ein Waschmittel mit dem Klangvollen Namen „Vanish Oxi Action Intelligence Plus Gel“. Das Zeug soll alles können. Ob Urin oder Uran, weiß oder bunt, Seide oder Wolle und das alles Chlorfrei. Keine roten Augen mehr beim Waschen.
Jedenfalls, ich tue wie mir von der Gebrauchsanweisung aufgetragen und rubbele das Zeug auf die Flecken, die obstinaten. Danach packe ich die Kugel fachgerecht in die Trommel zur Wäsche. Sogar mein herkömmliches Waschmittel mit dem Klangvollen Namen „Waschmittel“ darf ich wie üblich weiter benutzen. Übrigens bin ich nach schlechten Erfahrungen mit Trockenwaschmittel auf Flüssigwaschmittel umgestiegen. Die doch sehr schwammig formulierte Mengenangabe „Viel hilft viel“ auf den Trockenwaschmittelverpackungen hinterließ aufgrund der Überdosierung Flecken auf der Wäsche. Eine Sisyphusarbeit.

Wie auch immer. Das Ergebnis des futuristisch anmutenden Zaubermittels lautet: jeder noch so kleine Fettfleck ist geblieben. Der in der Werbung mit einem Fadenkreuz angedeutete Fleckenfinder würde selbst bei Christian Wörns keinen Fleck finden.
Wegschmeißen oder verschenken werde ich es sicherlich nicht. Bis es aufgebraucht ist, experimentiere ich weiter mit den einzelnen Funktionen der Waschmaschine in Abstimmung mit der Dosierung. Vielleicht ist ja meine Waschmaschine einfach nur ein schlechter Schütze…

Ich bin für jeden Tipp dankbar, der nichts mit einer Schere zutun hat.