Mittwoch, 8. Oktober 2014

Brügge Teil 1 - Anreise

"Noch scheisse lang, fast zwei Stunden! 
und wenn ich irgendwas hier liegen lass', 
ist das verschwunden." Dendemann

Mit dem ICE dauert es brutto sechseinhalb Stunden von Hannover bis nach Brügge. Zweimal muss ich umsteigen. Das Reisen mit dem Zug hat für mich nur Vorteile. Preislich komme ich laut Fahrkostenrechner APP gut weg. Die ganzen Umstände, die mit dem Autofahren verbunden sind, wurden von dem Programm nicht mit einkalkuliert. Parkplatzsuche, Pinkelpausen, Stau, etc. Bei der Bahn ist der große Faktor X die Pünktlichkeit, obwohl man sich eigentlich darauf verlassen kann, dass es zu Verspätungen kommen wird. Bei meinem ICE hat sich direkt die Abfahrt um 50 Minuten verzögert. Der Anschluss in Köln wird nicht mehr erreicht. Allgemeines Entsetzen.

Im ICE ist es sehr bequem. Ich habe einen Fensterplatz ganz für mich, also ohne Nachbarn, dafür mit ordentlicher Beinfreiheit. Die Steckdose muss ich mir demzufolge mit niemand teilen. Das ist ein wichtiger Punkt, da der Akku meines rückstandigen iPhone 4 bei voller Auslastung ungefähr drei Stunden hält. Während alle anderen im Abteil Anzug tragen und den Laptop rausholen, höre ich mir einen Podcast über den Sport in den 80er Jahren an. Zumindest bis der Schaffner oder „Kundenbetreuer im Nahverkehr“ kommt. Ich sitze in der ersten Klasse, meine Reservierung sei aber für die zweite Klasse. Soso. Wagen 36, Sitz 32… stimmt doch, entgegne ich dem Zugbegleiter. Stimmte auch soweit, nur steht auf meiner Reservierung Wagen 32, Sitz 36. Ich trotte also zurück in die hinteren Abteile zu den einfachen Leuten, mir eine Steckdose teilen. Den Blicken der Laptop Manager zufolge, hätte man mich am liebsten gleich aus dem Zug entfernt.

Erfreulicherweise blieb mir eine weitere Sitzplatzdebatte erspart. Normalerweise drängelt sich irgendein linksliberaler Freund auf den ersten freien Platz und besetzt ihn solange, bis er unter Androhung von Schlägen weggejagt wird. Das Problem dabei ist, wir Sitzplatzreservierer sind alles Feiglinge.
Als ich mir am Informationsschalter der DB die Zugkarten kaufte, war mir das Versprechen von freizugänglichen WLAN bereits suspekt. Niemals wird das auf Anhieb klappen. Und so kommt es dann auch. Das beteuerte WLAN wird mir zwar angezeigt, aber die Verbindung will nicht aufgebaut werden. Die Startseite der Telekom ist schön übersichtlich, viel kann ich da nicht falsch machen. Der bereitgestellte Button mit der Aufschrift: „Ins Internet starten“, verweist auf einen undefinierbaren Fehler. Das überrascht mich nicht, aber ich könnte schwören, in der ersten Klasse hat es noch funktioniert.

Dank der Verspätung musste ich in Köln mein Ticket auf den Thalys umschreiben lassen. Bis auf die Tatsache, dass ich eine Nummer hätte ziehen müssen, läuft alles reibungslos ab. Die bei Thalys sind die Verspätungen der Deutschen Bahn gewohnt. Ich setze mich einfach an den ersten freien Schalter. Auf die Frage welche Nummer ich hätte, lese ich die Zahl vor, die gerade auf dem Display steht. Funktioniert. Im Thalys war es schon unbequemer, vor allem, weil niemand der Reisenden den Belgiern vertraute. Ständig musste ich deutschen Passagieren bestätigen, dass der Zug unteranderem in Aachen halten wird. Zum Glück kam es dann auch so.
Brüssel ist, vom Zug aus betrachtet, ziemlich hässlich. Und hier wird also darüber abgestimmt, worüber in Zukunft abgestimmt wird?! Falls ich Martin Sonneborn richtig verstanden habe, passiert in der europäischen Union nichts bedeutsameres und was macht eigentlich die NATO? Von Brüssel aus dauert es mit dem IC keine Stunde bis man in Brügge ist. Es stehen vielleicht eine Handvoll Menschen am Bahnsteig. Ich habe mit einem größeren Ansturm gerechnet. Eine junge Dame im Hosenanzug steigt vor mir ein, setzt sich ans Fenster und klappt sofort die Armlehne ihres leeren Nachbarplatzes hinunter. Verstehe. Auf dem Weg nach Brügge geschieht nicht viel. Ein paar Häuschen, zu wenige für eine Siedlung, Wiesen, Strommasten, Wald, Schafe und plötzlich heißt es Welkom bij Brugge, Bienvenue à Bruges, Welcome to Bruges.

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