"Tja, wie soll ich es ihnen klar machen? Sie haben Krebs, überrascht?"
Dr. Hasenbein
In der Schule war ich der Rekordhalter was die Anzahl der Schulstunden anging. Ich war nie krank. Es kam mal vor, dass ich vom Sportunterricht wegen irgendwelcher Brüche oder Bänderrisse befreit wurde, aber zu ganztägigen Schulausfällen wegen Volkskrankheiten wie Grippe, Allergien oder irgendwelchen aktuellen Trendviren, kam es so gut wie nie. Auch 2009 war ich nicht einmal beim Allgemeinmediziner, geschweige denn krankgeschrieben.
Das mag an der schon früh ausgeprägten Verachtung gegenüber all jenen gelegen haben, die sich an Klausurtagen krank schreiben ließen, um dann eine Woche später die gleiche Arbeit, mehr oder weniger gut informiert, nachschreiben zu können. So was war natürlich verdächtig, ganz besonders bei den Wiederholungstätern, die ihren Hausarzt liebevoll Doc Holiday nannten. Sonderlich ausgebufft fand ich so ein Verhalten nicht. Letztendlich kamen solche Kandidaten immer in Zugzwang und auf dem Dorf waren sowieso nur kernige Jungs und Mädels gefragt, die auch mal bei Regen raus durften.
Kränkliche Kinder sind eventuell noch bemitleidenswert, mit kränklichen Jugendlichen aber lässt sich gar nichts anfangen und kränkliche Erwachsene sind nur noch peinlich und anstrengend.
Vitamin A, C, E, viel Alkohol, Magnesium und anderer Standardkram, der sich von vornherein in den Lebensmitteln befindet, sind meine einzigen Gesundheitserhaltenen Maßnahmen. Das lässt auf ein gutes Immunsystem schließen, auf das ich auch seit Jahrzehnten zurückblicken kann, welches ich dennoch mittlerweile anzweifele.
Ich fühle mich seit Tagen krank. Eigentlich sind es eher die kleineren Symptome, die mich veranlassen, mir Gedanken zu machen. Die Brecheranzeichen wie Appetitlosigkeit und ein gewisses Grundschwächegefühl, bis hin zur Übelkeit, bleiben aus.
Die Klüsen und die spröden Lippen führe ich mal auf die furztrockene Luft zurück, die die scheiß Klimaanlage im Büro einem acht Stunden lang ins Gesicht bläst. Selbst drei Liter Wasser am Tag und Nivea Creme helfen dagegen nicht. Durchgehend rauscht dieses Monstrum monoton vor sich hin und wenn es mal eine Pause macht, bekommt man einen größeren Druck auf die Ohren als beim Cranium Crunch. Das ist der Nachteil wenn man im 2. Stock arbeitet und sich die Bürofenster nicht öffnen lassen, da hier jeder zweite Mitarbeiter suizidgefährdet ist.
Dass ich friere, mag am Wetter liegen. Die Hoffnung, es könnte endlich langsam besser werden, liegt unter einer Decke Neuschnee begraben. Zu dumm, die Büroluft gibt weder Wärme noch Feuchtigkeit her und dennoch läuft die Nase. Das können doch nicht nur äußerer Einflüsse sein. Am meisten macht mir die ständige Müdigkeit zu schaffen.
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