Mittwoch, 14. April 2010

Adoleszenz Nightmare Teil III

„A kiss with a Fist is better then none” Florence & The Machine

„Wärst du eine von ihren vielen Affären gewesen, dann wäre sie dir heute vollkommen egal. Ich weiß das, du weißt das, und sie weiß das womöglich auch.“ Für solche Ratschläge hat man Freunde.
Wenn sie nur nicht so verdammt gut aussehen und ihr Beuteschema mich nicht so sehr verhöhnen würde, wäre ich schon längst weg. Kontakt abgebrochen. Aber so schwanke ich ständig zwischen den Figuren Hans-Jörg Tschirner aus dem Film „Agnes und seine Brüder“ und eines chauvinistischen Gönners.

Mittlerweile sind wir beide am Ende unseres Studiums angelangt. Wir haben viel miteinander zutun, logisch, schließlich haben wir uns beide für dieselbe Studienrichtung entschieden. Das hat sich ja in der Schule schon angedeutet. Die Noten haben sich erstaunlicherweise angenährt. Sie hat ihr Glück gefunden, behauptet sie. Mein Privatleben stagniert hingegen zusehends, aber dafür mache ich mir nichts vor.

Wir treffen uns gleich zum lernen mit anschließendem Glas Rotwein bei mir.
Welcher Käse zu welchem Rotwein? Claude-Michel Schönberg oder Andrew Lloyd Webber? Familienkutsche oder Sportwagen? Kerzen bei Tisch? Golf oder Sex? Das sind die Fragen, die sie zurzeit beschäftigen und es steht ihr verdammt gut.
Im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich meine damalige Situation nie angesprochen habe. Wer weiß, vielleicht wäre der Damm gebrochen und sie hätte sich mit Tränen in den Augen um meinen Hals geworfen, mir erzählt, wie ihr alles leidtäte, alle Typen nur ein schlechter Ersatz waren, sie sich nicht anders zu helfen gewusst hätte, weil ich ihr so unnahbar vorkam. Dann könnte ich sie endlich getrost vergessen.
Und wäre es anders gekommen, dann würden wir wahrscheinlich heute genauso hier sitzen. Die Zeit hätte unser Verhältnis zueinander schon wieder angeglichen.

Man lebt nur einmal. Alle wissen es, keiner lebt danach. Da können die ganzen Leute mit ihren Pseudolebensphilosophien ja gleich singen: Olé, wir fahren in den Puff nach Barcelona. Und genauso, wie ich im Puff von Barcelona war, lasse ich mir diese Gelegenheit jetzt ebenfalls nicht nehmen. Und wenn es schief geht, in drei Jahren lachen wir darüber und es fängt wieder bei Null an.

Ihre Außenwirkung ist fantastisch. Sie sieht nicht nur blendend aus, sie sitzt sogar gerade. Damals wollte sie sich nie auf mein Sofa setzen, wenn ich bereits darauf saß. Heute scheint es zu gehen. Wir kamen uns in den letzten Tagen näher als die ganzen Jahre voller Gerede und Hergezeige zuvor. Alles sei ihr verziehen. Ich kokettiere mit den wenigen lustigen Momenten unserer gemeinsamen Vergangenheit und schaue ihr dabei etwas zu lange in die Augen.
Hin und wieder erwähne ich ein paar Frauennamen, man will ja begehrt wirken und nicht zu undersexed rüberkommen. Die "Hand aufs Knie" Nummer ist der größte Fehler. Damit bist du derjenige, der unmissverständlich den ersten Schritt macht, auf ewig. Man stelle sich mal vor, noch in zehn Jahren den Satz hören zu müssen: der wollte mal was von mir, aber...
Da schwingt alles Schlechte mit. Niederlage, Zurückweisung, Größenwahn, Unterklassifizierung, Unattraktivität, Leichtsinn, Realitätsverlust. Den Satz möchte man lieber auf seiner Seite wissen. Ich lege ihr meine Hand auf das Knie.

Sie steht wortlos auf und geht. Das war es.
Habe ich nach all der Zeit keine klare Ansage verdient? Darf ich jetzt raten was das zu bedeuten hat? Es hat Jahre gedauert bis ich herausgefunden habe, dass ich mag dich gleichbedeutend ist mit ich liebe dich nicht und nun das.

Vor ein paar Jahren war sie kurzweilig Single, ein Zeitfenster von vier bis fünf Monaten. Als mir ihr neuer Besetzer vorgestellt wurde, was sehr selten vorkam, und er in einem kurzen, unterhaltungslosen Gespräch durchsickern ließ, er trinke keinen Alkohol, ausnahmslos und sei gleichzeitig St. Pauli Fan, weil das so authentisch mache, fragte ich sie wo man denn solche Typen kennenlernt. Außenseiter auf dem Dorf werden so. Sie meinte nur lapidar, dass ich meine Chance ja nicht genutzt hätte. Welche Chance?
Zugegeben, in dieser Zeit kam sie mir, vermutlich aus einem schlechten Gewissen heraus oder aus Langeweile, etwas entgegen, aber wie soll man das nach jahrelangen Abweisungen als Annährung deuten? In den vier oder fünf Monaten hätte ich mich also ganz besonders nett, besonders aufmerksam und besonders verliebt verhalten sollen, so, als wäre ich jemand anderes, so als wäre ich etwas Besonderes. Ich hatte nie eine reele Chance. Ihr Gewissen hingegen scheint sie allerdings beruhigt zu haben.

Morgen werde ich ihr erzählen, wie sehr ich ihre Freundschaft zu schätzen weiß und was sie denn dachte, was ich vorgehabt hätte und dass sie ein ganz falsches Bild von mir habe.
Bis zur nächsten Gelegenheit. Aber bis dahin ist sie mir wirklich egal.

Dienstag, 13. April 2010

Adoleszenz Nightmare Teil II

„Und egal wie schön du bist,
wie schön es mit dir ist
Mann, was hab ich davon,
wenn es mich von inn' zerfrisst
Ich sag: Wieso muss denn immer alles so anstrengend sein“ Jan Delay



Wir reden häufig via Internet. Sie schreibt mir ihre Probleme, die sie mit irgendwelchen namenlosen Typen hat und ich versende die verschiedensten Smilies, passend zu der Stimmung, die ich aus ihren Zeilen herauslese. Ihr irgendetwas zu erklären, habe ich längst aufgeben. Zu kompliziert, zu schlecht formuliert, einfach nicht nachvollziehbar. Für keinen von uns beiden. Oft endete es in selbstgerechter Fernkritik an meiner Person. Als hätte sie diesen Tipp von einem Therapeuten bekommen, um mit mir fertig zu werden. Dann serviere ich doch lieber nichtssagenden Smalltalk oder Euphoriegedudel, alles leicht und eindeutig.



Hin und wieder sehen wir uns noch auf Partys. So ziemlich jeder hatte schon was mit ihr. So sagt man, bin natürlich nie dabei gewesen. Egal ob man das glauben will oder nicht, im Hinterkopf bleibt es. Die gemeinsamen Partyauftritte enden jedes Mal in einem Desaster. Wir unterhalten uns, ich bringe meinen Part, wir machen uns gegenseitig betrunken, ich rede mit einer anderen Frau und kurz darauf kippt der Abend. Sie weint oder stürzt sich auf irgendeinen, mir völlig fremden Kerl oder will urplötzlich nach Hause. Alleine. Ich stehe kopfschüttelnd daneben und denke: Lass sie. Was ich wirklich denke? Ich denke, es hat mit mir zu tun! Obwohl, ein Vorwurf wurde mir nie gemacht. Der Gedanke, dass ich gar keinen Anteil an ihrem Leben haben darf, erscheint mir sehr ungerecht.

Meinen Kumpelpart habe ich drauf. Ich mache kleine Komplimente, warte rauchend vor der Damentoilette, gebe hin und wieder einen aus, organisiere einen Fahrer und lass sie vor ihren Bekannten glänzen. Ihr Problem verstehe ich nicht. Mein Problem ist es, dass ich mich auf Frauen einlasse, die mich nicht ansatzweise attraktiv genug finden, um mich zu küssen. Das ist die reinste Zeitverschwendung. Dieses pointenlose Rumgekumpel sieht nur nach außen hin gut aus.

Viel zu selten kommt was dabei rum, werde ich gefahren, vorgestellt oder kann mich hin und wieder wirklich gut amüsieren. Der Aufwand und das Gefühl, dass ich der einzige bin, der etwas investiert, überwiegen. Besonders wenn ich ihr applaudieren darf, weil wieder ein anderer noch weniger Sätze als Minuten brauchte, um bei ihr zu landen.



Wie Rocky Balboa schon sagte: Treibst du dich mit dummen Menschen rum, hält man dich für dumm. Treibst du dich mit klugen Menschen rum, hält man dich für Klug. Viele Frauen haben diesen Ansatz für sich erweitert: Treibst du dich mit klugen, hässlichen Menschen rum, hält man dich zumindest nicht für oberflächlich.



In unseren Unterhaltungen geht es fast ausschließlich ums Bett, Körper, Männer, Frauen und Beziehungen im Allgemeinen.
Heutzutage ist man ja schon ein potenzieller Sexualverbrecher oder jemand der wild onanierend durch die Fußgängerzone rennt, wenn man bei der Magnum Werbung an Sex denkt. Aber mal ehrlich, an was für einen Kontext habt ihr gedacht, als ich euch eben von unseren Gesprächsinhalten erzählt habe? Seht ihr, es ist unausweichlich.


Der sexuelle Zusammenhang lässt sich nicht ausblenden. Niemand möchte über solche Themen neutral reden. Glauben Frauen denn wirklich irgendein Mann hört es gerne, wenn sie ihm von ihren Liebschaften erzählt oder davon ob ihre Titten zu groß oder zu klein für irgendetwas sind, ohne dass er ein Interesse an seiner Person hineininterpretiert? Da kann man sexuell so ausgelastet sein wie man will, es ist einfach zu offensichtlich und zieht sich wie ein roter Faden durch alle Aussagen.

Wenn sie sagt: ich hatte ein Date mit einem gut aussehenden Typen, er war aber nichts für mich, dann höre ich: Schau her, ich bin begehrt und schwer zu kriegen.
Sagt sie: mein Kleid passt mir oben rum nicht mehr, höre ich: Schau her, ich bin gut proportioniert, aber nicht eitel.
Sagt sie: das klingt ja so, als wäre die Frau perfekt für dich, höre ich: ich bin angemessen verliebt in dich und unumstritten die bessere Alternative.


Es geht weiter mit diversen Geschmacksbekundungen, die ich auch nur als Unterstreichung meiner und vor allem ihrer tollen Persönlichkeit betrachte.

Natürlich findet man diese Frau irgendwann begehrenswert, sie tut ja einiges dafür, aber wenn man ihr dann näher kommen will, hat man in den scheinbar harmlos gemeinten Doppeldeutigkeiten falsche Signale gedeutet. Wie konnte das nur passieren?
Als nächstes wird einem vorgeworfen, man würde während der Magnum Werbung an Sex, anstatt an Eis denken. Was ist man nur für ein oberflächlicher Mensch…?
Ich verstehe meine Rolle in solchen Freundschaften nicht. Manchmal scheint es mir, als wäre ich ausschließlich dafür da, ihren beschissenen Charakter aufzuwerten.

Montag, 12. April 2010

Adoleszenz Nightmare Teil I

Genug Frauen glauben doch tatsächlich noch daran, dass sie mit Männern auf einer rein freundschaftlichen Basis den Tag oder sogar die Nacht verbringen könnten. Lächerlich.
Solche Frauen ernstzunehmen fällt mir sehr schwer. Männer die so etwas glauben, kann und will ich nicht ernstnehmen.

„I don´t wanna be your Friend, I just wanna be your Lover“ Radiohead

Ausgerechnet das schönste Mädchen der Klasse wollte neben mir sitzen. Neben mir! Ich sah weder gut aus, noch war ich besonders beliebt. Damit ich akzeptiert wurde, musste ich schon ziemlich lustig sein, was manchmal in eine anstrengende Pointenjagd ausartete.
Den Grund für ihr Interesse lieferten meine Noten. Darauf kam ich schnell, war ja nicht blöd. Sie dagegen war schon ziemlich… trist.
Warum sie zudem die Unterrichtspausen unbedingt mit mir verbringen wollte, leuchtete mir nicht ein. Ich sei witzig, sagte sie. Pausenclown, dachte ich. Wie gesagt, ich war ja nicht blöd. Na gut, beschweren durfte ich mich nicht. Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, ein so hübsches Mädchen zum lachen zu bringen, hätte mein Ego nicht gestreichelt. Wir verstanden uns gut. Viele ihrer Probleme, und ich durfte mir alle ihre Probleme anhören, konnte ich zwar nicht nachvollziehen, aber vielleicht waren es meine gleichgültig vorgetragenen Ratschläge und feurigen Pamphleten, die sie hoffen ließen, es findet alles im Leben ein gutes Ende. Sie kam mir mit Dingen, die ich in meinem Denken längst abgelehnt oder bereits abgeschlossen hatte. Es musste auf sie gewirkt haben, als hätte ich von allem einen Masterplan gehabt. Dabei wollte ich nur meinen Spaß.

Irgendwann ging das Ganze auf privater Ebene weiter. Wir trafen uns auf Partys und nachdem sich die anderen an den ersten Schock, sie und ich, gewöhnt hatten, gingen wir auch mal gemeinsam dorthin. Auf den Partys durfte ich dann mal reden. Probleme hatte ich keine, sie war mein einziges Problem und darüber wurde selbstverständlich nicht geredet, weshalb ich eines meiner Lieblingsthemen breit trat. Mein gut ausgeprägter Musikgeschmack kam mir dabei sehr entgegen. Ich nahm ihr Tapes auf und erklärte ihr warum Oasis besser ist als Blur. Sie hatte nicht soviel zu erzählen. Welcher Sänger gerade süß war und welcher wohl das meiste Geld verdienen würde, sowas halt.
Sie brachte nicht gerade viel in die Freundschaft mit ein. Das durfte mir auch egal sein, schließlich war ich es der anfassen wollte. Die Hilfestellung beim Geräteturnen reicht einem irgendwann nicht mehr und dann hört man sich halt die Probleme an und investiert einfach mehr als der andere.

Als sie mir von ihren geplanten, kosmetischen Operationen erzählte, war das Ding für mich klar. Sie wollte sich übel aussehende Pigmentierungen vom Dekolletee weglasern lassen. Die Prozedur ziehe sich über Monate hin und so weiter. Der einzige Grund warum Frauen einem von ihren körperlichen Unzulänglichkeiten erzählen, ist doch der, dass es später im Bett zu keinem großen Hallo kommt. Ich meine, hätte ich eines gehabt, dann hätte ich auch versucht mein Holzbein rechtzeitig zu thematisieren. Dass ich sie so wie sie war ganz ok fand, interessierte im Nachhinein nicht.

Es endete wie solche Freundschaften immer enden. Sie hatte plötzlich einen Freund und ich durfte seine reichlich vorhandenen Charakterlücken stopfen. Bei ihr durfte ich nichts stopfen. Als ich ihr daraufhin erklärte, sie sei für diese Art von Freundschaft einfach nicht interessant genug, wurde ich zum anstrengenden Part von uns beiden degradiert. Ich wäre ein schlechter Freund, ein Blödmann gar.
Der Fairness halber muss ich zugeben, ihre Präsenz wirkte sich sehr wohlwollend auf andere Frauen aus. Nach dem Motto: Wenn die mit dem, dann kann der gar nicht so doof sein. Und so war es ja auch. Dass man einer von den Guten ist, bekommt man selbst nie glaubwürdig vermittelt, das müssen andere für einen tun oder man muss es, wie in diesem Fall, herzeigen.

Heute sind wir befreundet, es ist lange genug her. Gut, sie nennt es eine Freundschaft und ich widerspreche ihr nicht, aber eines ist mal sicher, meine Freunde nehme ich ernst, nur bei ihr will mir das nicht so recht gelingen.