Sonntag, 23. Dezember 2007

4. Advent

"Ich kaufe ungern Toiletenpapier. Statt Toilettenpapier kaufe ich Haushaltspapier. Das schneide ich in der Mitte durch - die Verkäufer sollen nicht wissen, dass ich kacke." Phillipp Jessen

Das schönste an der Vorweihnachtszeit ist für mich nicht die gefühlsduselige Stimmung bei den Pärchen auf den Weihnachtsmärkten, sondern die Gelegenheit endlich Dinge zu kaufen, die mir zu kaufen den Rest des Jahres unangenehm ist. Man kann alles wie einen weihnachtlichen Geschenkekauf aussehen lassen. Die ehrlich gemeint, gut gelaunten Verkäuferinnen achten nur noch auf den Betrag, der auf der digitalen Kasse aufblinkt, anstatt auf die Produkte, die sie über den Scanner piepen lassen. Wenn man mal an Badezimmerutensilien denkt, wird jeder nachvollziehen können was ich meine. Badezimmerutensilien wie zum Beispiel: Kilometerweise Klopapier, Nasenhaarentferner, Antischuppenshampoo, Kokain, Enthaarungscreme oder so einen Stift, der die ergrauten Haare wieder schwarz glitzern lässt (benötigen tue ich davon natürlich nichts). Oder glaubt ihr wirklich, dass die zu Weihnachten verkauften KuschelRock CDs alle verschenkt werden?

Vorsichtshalber sollte man an der Kasse beim Kauf unangenehmer Dinge alle Register ziehen. Am besten zu zweit einkaufen und sich über die gelungene Geschenkidee unterhalten. „Mensch, der Glenrothes Whiskey ist ein richtig tolles Geschenk für den Opa.“
Dass man ein extravagantes Alkoholproblem hat (und wenn nötig noch direkt auf dem Parkplatz), davon ahnt die Verkäuferin nichts mehr. Ist man alleine, kann man nach der Umtauschgarantie fragen, klappt auch gut. Das schönste Lob für dieses Schmierentheater ist die Frage: „Soll ich es für Sie einpacken?“ In diesem Fall „Ja, bitte“ sagen und genießen.

Probiert es Montag mal aus und kauft euch alle einen Sitzkringel!

Freitag, 21. Dezember 2007

2012: The War for the Souls

„Und dann kam ihm dieser Gedanke – heute leben – auch schon wieder unwahr, ausgedacht, geheuchelt vor, schlicht deshalb, weil er ihn schon zu oft gedacht hatte.“ Moritz von Uslar

Jetzt haben sie mich alle vergessen. Innerhalb 48 Stunden keine einzige eMail im Posteingang. Noch nicht einmal eBay oder GMX 2.0, die einem etwas andrehen wollen. Hätte ich nicht soviel Schiss davor, dann würde ich die Spams durchlesen und beantworten.
Mein Handy klingelt seit Jahren nicht. Ich benutze es nur noch als Wecker und Uhr, weil ich keine Armbanduhren ausstehen kann. Früher hatte ich überhaupt keine Uhr bei mir. Notfalls habe ich einen Schokoriegel oder ein Bier im Supermarkt gekauft um auf dem Kassenbon die Uhrzeit und das Datum zu erfahren. Es funktionierte prima. Freunde wohnen ein paar Straßen weiter. Aber das Wetter ist total beschissen und mir fällt auch kein Grund ein rüber zufahren. Ich kann ja schlecht klingeln und sagen: „Moin, ich langweile mich zu Tode. Kann ich mich bei euch hinsetzen und einfach nur teilhaben?“ Denen geht es ja nicht anders. Nur haben die Familien und langweilen sich, auf lange Sicht gesehen, im großen Stil. Dennoch haben die ihre Schäfchen im trockenen, die brauchen sich nichts mehr zu beweisen. Und schon gar nicht vor mir.

Ideal wäre es sich zu verlieben. Auf die schnelle. Express quasi. Das große Gefühl fordern und wenn es nur für ein paar Monate ist. Sich irgendwie in den Frühling retten. Aus der einen, großen Liebe wird wohl nichts mehr. Nicht mit 30. Da fangen alle an sich zu arrangieren, nennen das nur anders. Wenn mit der Liebe erstmal nichts wird, dann stirbt vielleicht einer aus dem Bekanntenkreis? Das wäre wenigstens mal ein handfester Grund zum jammern und gequält aus der Wäsche gucken. Böser Gedanke. Aber anders kommt man ja nicht an die großen Emotionen, die mich noch mal fordern würden, ran. Dem ungeachtet ist es eine gute Erklärung, warum man sich so benimmt wie ich es tue. Das ist wohl eines dieser Dinge, die man noch nicht einmal denken darf. Sich geistig darauf vorzubereiten kann trotzdem nicht schaden… Wieder Fernsehen. Wenn man all diese übertrieben glücklichen und unglücklichen Menschen im Fernsehen sieht, da kann man schon neidisch werden…

Ich gehe ins Badezimmer und schaue in den Spiegel. Vielleicht ist ja noch irgendetwas zu machen? Ne, schon alles erledigt. Vielleicht eine Veränderung? Eine Narbe an der Stirn mit der dazugehörigen Piratengeschichte? Oder noch einmal duschen? Wenn ich so auf meine schrumpeligen Fingerkuppen schaue, würde ich sagen, zuviel ist auch nicht gut. Ich könnte wieder Depressiv werden… aber das habe ich abgelegt als es Trend wurde. Essen kann man stattdessen immer.

Um Bücher zu lesen muss man sie ja erstmal haben. Das ist mit Musik einfacher, die gibt es im Internet auf Abruf. Ich lese Comics. Gute Geschichten und total unbegreiflich für mich wie man so zeichnen kann. Wenn ich ein Talent hätte, dann könnte ich mir das in den Hinterkopf packen und an harten Zeiten einfach denken: "Ich habe ja noch mein Talent“.
Wäre ich krank, dürfte die Zeit ruhig weiterlaufen. Es gibt mittlerweile für jedes Verhalten eine passende Krankheit. Alles ist Normal und total out. Das beruhigt mich. Der einzige Unterschied liegt darin, ob du mit deinem Verhalten alleine da stehst oder ob du viele Leidensgenossen hast. Zum Beispiel das Boreout Syndrom. Das Gegenteil vom Burnout Syndrom. Langeweile auf und bei der Arbeit. So oder so, du bist Krank. In Amerika hat jeder einen Therapeuten. Ich habe noch nicht einmal einen Hausarzt. Natürlich habe ich einen, der wechselt aber jedes Mal mit der Schwere der Krankheit. So weiß ich nie was ich in der Praxis auf die Frage: „und wer ist ihr Hausarzt?“ antworten soll
Im Kino läuft Spiderman 5. Alleine ins Kino? Wenn ich mir einen bunten Schal anziehe, denkt die Kartenfrau bestimmt ich sei Filmkritiker oder -Student. Vorsichtshalber könnte ich auch beim bezahlen das Handy aus der Tasche ziehen und deutlich vor mir hinbrabbeln: „Oh, sie sitzt schon drinnen.“ Und dann noch einen großen Eimer Popcorn kaufen. Unmöglich, dass ich den alleine essen werde. Das könnte ich machen. Oder ich setze mich vor den Rechner und spreche ein paar Bekanntschaften im Chat an. Online sind genug. Ach, dieses scheiß „sichzuerstmelden“, den ersten Schritt machen, stehe ich nicht durch. Dann diese Machtkämpfe, wer braucht wen am wenigsten? Die anderen tun so beschäftigt und nach zwei Stunden chatten kam nichts rum. Doch, 24 weniger 2. Das lohnt nicht. Man fühlt sich so abhängig und unterwürfig den anderen gegenüber. Wenn ich mir versuche vorzustellen, wie die vor ihren Rechnern aussehen, dann sehe ich nur gelbe Smily Gesichter. Versuche ich mir vorzustellen was diese Smilys gerade machen, sind sie alle anderweitig beschäftigt. Ich bin der einzige, der wirklich auf eine, noch so lakonische, Antwort wartet. Nur um dann seitenweise zurück zuschreiben. Und plötzlich heißt es: Tschüß, ich treffe mich noch mit dem und dem… Scheiße. Was für ein Theater.

Ich mache mir keine Sorgen. Als Kind habe ich mir immer gedacht: Junge, egal was aus dir wird, Michael Jackson stirbt früher. So langsam brauche ich einen Plan B…

Sonntag, 16. Dezember 2007

3. Advent

"Tinkel`s Weihnachtbäume. Blaufichte, Serbische Fichte, Nordmannstanne. Frisch geschlagen." Schild

Tinkel`s Bauwagen.

Wir haben bei uns im Dorf einen Weihnachtsbaumverkauf. Um an die Bäume zu kommen, muss man über den Hof und durch die Scheune von Tinkel latschen. Hinter der Scheune steht ein kleiner Bauwagen mit Platz für 5-6 Personen. Von dort aus steuert Tinkel das weltweite Weihnachtsbaumgeschäft. In diesem Bauwagen stehen ein Ofen und ein Radio. Früher, leider ist auch diese Tradition abgerissen, sind wir bei aufsteigendem Rauch rüber zu Tinkel gegangen und haben ihm Gesellschaft geleistet. Wir haben Spekulatius gegessen und seinen Glühwein, mit gutem Hansen Rum verfeinert, weg getrunken. Über die ganze Zeit habe ich nie einen einzigen Kunden dort gesehen. In dem Bauwagen war dennoch reger Betrieb. Leute kamen und torkelten wieder nach Hause. Nicht jeder war den drei Stufen aus dem Bauwagen, runter zum rettenden Boden, gewachsen. Ich selbst kam nicht selten mit rot eingefärbten Hosen nach Hause. Ständig fragte Tinkel uns: „Sag mal, habt ihr eigentlich schon einen Weihnachtsbaum?“ Natürlich hatten wir bereits einen Weihnachtsbaum. Einen großen. Vor dieser Investition war es verheerend zu Tinkel zu fahren. Er hätte einem ohne weiteres so eine Tanne auf den Gepäckträger gespannt. Geschäftsmann durch und durch. Gerne hätte ich es mal gesehen, wie einer von uns betrunken in diese Baumeinnetzmaschine fällt. Nur gibt es dort keine… Schade.

Ihr fragt euch was der hier für eine Scheiße schreibt? so ganz ohne moralischen Hintergrund, weihnachtlichen Kitsch, erhobenen Zeigefinger, Pointe oder einen lehrreichen Aspekt für die Kinder. Immer nur saufen, saufen, saufen! Früher, früher, früher! Drei Mal das Wort Weihnachtsbaum benutzt und schon gut genug für die Massen. Ich finde diese fünf Minuten Text spiegeln ganz gut den 3. Advent wieder. Noch kam nicht viel rüber vom Weihnachtswahn. Schönen 3. Advent wünsche ich trotzdem und die Weihnachtskalender nicht über Heizungskörper und Kommoden hängen. Viel zu schnell rutscht da beim Türchen öffnen so ein kleines Schokoladenstücken hinter und ist weg.

Sonntag, 9. Dezember 2007

2. Advent

„Weihnachten als Überforderung: Erwartungen an die Familienharmonie, an Ruhe, Entspannung oder Festlichkeit, treffen auf Küchendienst, verunglückte Geschenke, das zweifellos vergebliche Bemühen, es allen recht zu machen, den kaum unterdrückbaren Wunsch nach einer Art Weihnachtsglücks-Empfinden der Kindheit.
Das alles ist wohl eine schlichte Überforderung für einen Durchschnittsmenschen.“ Dorothee Hess-Maier

Ich habe keine Ahnung wie es sich etablieren konnte. Ich weiß auch nur noch lückenhaft wie es anfing. Wir waren in einem Alter, indem wir Heilig Abend nicht mehr unbedingt mit unseren Familien verbringen mussten. Zur Kirche gingen wir auch nur am 24. Dezember. Die Vorstellung, die sehen uns erst in einem Jahr wieder, war in einem Dorf natürlich hinfällig.

Ich möchte Vorausschicken, dass mir die Nummer im Nachhinein doch recht asozial vorkommt und ich es heute nicht mehr begrüßen würde. Selbst dann nicht, wenn die anderen versuchen würden mich zu überreden.

Vor dem Gottesdienst haben Freunde von mir und ich einen Kasten Bier hinter der, sich vor der Kirche befindlichen, Bushaltestelle verschanzt. Wir sind jedes Jahr auffällig früh durch das Dorf Richtung Kirchturm marschiert. Ich weiß nicht was der Rest dachte, für mich sollte jedenfalls ein vorbildlicher Eindruck entstehen. Wir setzten uns also in die Bushaltestelle, tranken Bier, überlegten was am Abend noch so geht und grüßten die anderen Kirchenbesucher. Das eigentlich Schlimme war, dass die Familien, die uns ja alle sehr gut kannten, zurückgrüßten. Welche haben sich sogar auf dem Weg zur Kirche, vorbei an uns, überlegt was sie witziges sagen könnten. Hat es geschneit, kam man sich vor wie in Finnland. Dass wir dann in der überfüllten Kirche nur noch ganz hinten Platz nehmen konnten, hat uns nicht weiter gestört. Dafür hat jeder von uns mitgesungen!

Ein Jahr haben wir vergessen die Kiste bereitzustellen. In diesem Jahr sind wir mit einem randvoll mit Bierflaschen gefüllten, blauen Eimer losgetigert. Das war auch das letzte Mal gewesen. So sterben Traditionen aus.

Sonntag, 2. Dezember 2007

1. Advent


"Vergeßt nicht, Kinder, daß es auch heute noch Menschen unter uns gibt, die ihre Weihnachtslieder selbst singen müssen." Sinnspruch

Es war in der Adventszeit vor sechs Jahren. Ich saß in meinem Zeichnerbüro, das ich mit meiner ebenfalls auszubildenden, amerikanischen Kollegin teilte. Damals hatte ich die Lust an Weihnachten bereits verloren. Ich war in der Ausbildung, habe mein eigenes Geld verdie... bekommen und bin von der Rolle des Beschenkten in die Rolle des Schenkenden getrieben worden. Handschuhe und Schal waren wieder mal irgendwann zum Frühlingsanfang unauffindbar verschwunden, die Weihnachtsbeleuchtung in den Städten turnte nur noch wenig an und man begann sich zu fragen, wer das eigentlich alles bezahlt. Es fiel nur selten Schnee und alles was liegen blieb war grauer Matsch. Bei uns zu Hause wurde, wie jedes Jahr, viel Stress ums Kekse backen, Fensterbilder basteln und Geschenke kaufen verbreitet. Am Arbeitsplatz war auch nichts von Weihnachtstimmung zu spüren. Kein alberner Adventskranz und auch kein Radio mit Last Christmas. Auf eigenen Wunsch. Ich zwang mich zur Vorfreude, indem ich an Weihnachtsgeld, gutes Essen, gute Filme, Urlaub und die Feten dachte. Damals besaß ich noch kein Jackson 5 Christmas Album, also sang ich selber:

„Weihnacht winkt, Batman stinkt
Robin legt ein Ei
das Batmobile taugt nicht viel
und der Joker, der ist frei. Hey“

Meine Kollegin schaute mich böse an. Das war nicht die Reaktion, die ich erwartet hatte.
Nie wieder sollte ich versuchen einen englischen Text so plump ins deutsche zu übersetzen. Selbst nicht, wenn es mir einigermaßen gelang. Ich entschuldigte mich damit, dass der Song von den Simpsons sei.
Sie rezitierte:

„Jingle Bells Batman smells
Robin lay an egg
The Batmobile lost a wheel
And the Joker runs away. Hey”

Das Original ist viel cooler und Live noch besser als auf CD! Selbst als Teenager habe ich solche dummen Sätze nicht gesagt. Aber gedacht habe ich es schon.

Dienstag, 27. November 2007

Trainerlehrgang feat. Jimmy Hendrik

„Da war nie etwas mit Drogen und wird auch nie etwas sein“ Christoph Daum

Im Trainerlehrgang wird nichts anderes vermittelt als die Umsetzung der aktuellen Spielsituation in eine für jeden verständliche Sprache. Kurze, laute Argumente. Nebensätze haben sich höchstens in der Taktikbesprechung vor dem Spiel verirrt. Ganze Sätze hört man dann nur noch in der Kabine. Die Sprache unserer Trainer. Der Schnack ist groß, der Schnack ist groß!

Direkt vom Taktiktisch:

Männer heute…
Wir haben heute einen großen Platz
Zeigt, dass ihr Fußball spielen könnt
Die Ecken mit halber Kraft
Sprecht miteinander
Die Bälle flach in den Fuß
Wir wollen da oben mitspielen
Ich will Spaßfußball sehen
Männer heute müssen wir umstellen
... soooo Männer…
Ball laufen lassen
Lasst die doch meckern wir sind ruhig
Das geht bei der Trainingsbeteiligung schon los…
Trinkt genug Wasser, es ist heiß
Das ist einfach so
Die sind hier heute nicht zum verlieren hergekommen
Wir haben heute da vorne starke Kopfballspieler
Wir können die da oben noch ärgern
Männer, wir haben es in der Hand heute
Da haben wir wieder das Dreieck
Wenn der geht, dann muss auch einer dafür hinten bleiben
Nutzt die Räume

In der Kabine schon etwas deutlicher:
Die Leute draußen sind alle heiß Männer
Unterschätz die nicht
Lasst die anderen meckern
Hart aber nicht unfair
Die können nicht mehr
Das Ding ist noch nicht gegessen
Wenn der Schiri gepfiffen hat ist ruhe
Macht euch richtig warm
Geht noch mal in euch
Habe ich kein Problem mit
Jeder rennt für den anderen
Der läuft sich auf der rechten Seite tot
Wir sind eine Starke Truppe
Macht die Wege für die anderen
Auch mal aus der zweiten Reihe versuchen ein Tor zu schießen
Ich habe kein Problem damit Jemanden nach 20 Minuten vom Platz zunehmen. Es sitzen starke Leute da draußen

Auf dem Platz:
Klare Dinger
Wenn hier einer meckert, dann bin ich das
War richtig
Kann passieren, nächstes Mal klappt das
Rüber schieben
Die Idee war gut
Nicht stehen bleiben
Stellen! STELLEN! STELLEEEEN! … Man, Man, Man…
Heise! MENSCH!!!
Mosert nicht rum
Versucht es mal aus 20 Metern
ABSCHLUSS suchen
Schießt ruhig mal
Versuch es!
Junge, du hast nen Schuss
Nicht zuschauen da
Guck dir das da mal genau an
Schiri, da steht er!

Hätten wir ein Phrasenschwein, würde es uns die schönsten Mannschaftsfahrten bescheren.
Auswendiglernen, an den Spielfeldrand treten und munter mitmachen. Passt immer.

Donnerstag, 22. November 2007

Tankstellen

”Some of the work gets kinda hard
This ain't no place to be if you planned on bein' a star
Let me tell you it's always cool
And the boss don't mind sometimes if you act the fool” Bruce Springsteen

Ich fahre nicht gerne an Tankstellen. Überraschung! Dabei meine ich nicht die viel zu hohen Preise, sondern mehr das Ambiente Tankstelle an sich. Ich habe erst nach einem Jahr Führerschein das erste Mal getankt. Es war einfach nie nötig. Bis heute habe ich die richtige Handhabung des Zapfhahns nicht verstanden. Drückt man zu fest, macht es klick und man muss neu ansetzen. Das soll ja gar nicht gut für die Umwelt sein, weil die entstehenden Dämpfe beim „Tickern“ nicht abgesaugt werden können… aha. Zu lasch gedrückt und man steht für einen Liter Super eine halbe Stunde an der Säule. Ich habe mal davon gehört, dass man den Hebel auch einhaken kann und dieser solange betankt, bis der Tank voll, das Portemonnaie leer ist. Den Versuch kann ich mir, im wahrsten Sinne des Wortes, sparen, bzw. nicht leisten. Es muss recht bescheuert aussehen, wenn ich tanke. Hausfrauen neben mir gehen weitaus geschickter mit der Anlage um als ich. Den Tankdeckel schließe ich nie ab. Ich bekomme es einfach nicht hin. Beim bezahlen dann werde ich hin und wieder mal gefragt, ob ich aus Versehen falsch getankt hätte. So erklären sich zumindest die Angestellten die geringe Füllmenge. Im Laden selber gibt es alles, was man an Sonntagen / Spieltagen benötigt. Nur kostet einem die exklusive Öffnungszeit auch 200% extra. Nirgends sonst wo bekommt man Lipton Ice Sparks oder Jack Daniels / Cola in 0,33l Dosen (4 €), einzelne Briefumschläge oder BIFI Carazza XXL.

Zum 24. Dezember hin werden wieder überteuerte Geschenkalternativen angeboten, die aufgrund dutzender möglicher Scheidungen am 25. Dezember wieder aus dem Sortiment verschwinden...

Mein persönlicher Alptraum ist aber die Autowaschanlage. Das darf man ja nicht mehr vor der eigenen Haustür erledigen. Umwelt und so. Als Kind fand ich es absolut cool durch die riesigen Bürsten chauffiert zu werden. So muss sich Marlon Brando am Waschtag fühlen.

Nervtötend sind nur der laute Staubsauger und das „Personal“. Diese beiden Eineurojobber haben eine so dermaßen nachfühlbare scheiß Laune, dass ich ein schlechtes Gewissen bekomme wenn ich im Auto von den Classic Soul Dogs – Car Wash aufdrehe. Der Mann mit dem Gartenschlauch in der Hand brüllt irgendetwas. Ich verstehe nichts. Das Fenster ist logischerweise unten, die Musik laut, der Motor soll an bleiben und im Hintergrund dröhnt immer noch der Staubsauger, weil ich zu viele 50 Cent Stücke eingeworfen habe. Was? Wo soll ich hinfahren? Weiter rechts? Aber warum winkt er dann links rüber? Einmal in der Waschanlage kann man nicht mehr viel falsch machen.

Auf der anderen Seite der WA ledert ein Schüler meine Karre ab. Dafür muss er die Türen öffnen, was dazu führt, dass er auch gleich den gesamten Inhalt des Türfaches wieder einräumen darf. Dem ist aber zum Glück alles egal. Fünf Euro zahlen, kein Trinkgeld und zusehen, dass man vom Hof kommt.

Mittwoch, 21. November 2007

Saturday Teenage Kick

„Go, Go, Go, Go,Go,Go,Go shawty
It's you're birthday
We gonna party like
It's you're birthday
We gonna sip Bacardi
Like It's you're birthday
And You know we don't give a Fuck
It's not you're birthday” 50 Cent

Ich gehöre zu denen, die zu einer House Party gehen, weil sie denken es handele sich um eine Haus-Party. So wie die Partys aus Menace II Society oder diversen Rap Videos. Nichts ist. Man bekommt die Ohren vollgedröhnt, von zugedröhnten Vollidioten, die Musik ist gar nicht mal gemeint. Und wenn man sich dann mal den einzigen guten House Song wünscht, kennt den keiner. Das ist denen auch egal was da läuft, mir im Grunde auch. Tschüß.

„Feierst du?“

„Nein, ich mache ein Sit-In.“

Wohl wahr, wohl wahr. Sit-In Partys gibt es nicht, da ist ein Wort zuviel.
Sit-In hat das gegenteilige Problem wie die House Partys. Dort muss zwangsläufig geredet werden. Das können alle. Aber unterhalten können nur die wenigsten. Irgendwann fällt den Gästen nichts mehr ein, wie einem Blogger, der drei Videos hintereinander Postet… Die Atmosphäre muss stimmen, man kann den anderen ja nicht ausweichen. Schnell steht jeder Satz schwer im Raum wie Tine Wittler. Sit-In ist vielleicht vorteilhaft, wenn man verschiedene Bekanntenkreise zusammenführen will. Gerne, aber was macht man die restlichen vier, fünf Stunden? Wenn mir eine gefällt, dann auch auf einer Party lauter lauter Betrunkenen. Außerdem setzt das Zusammensitzen auch eine gewisse soziale Intelligenz voraus, die ich nicht jedem zusprechen möchte. Im Hintergrund läuft meist feige Radio, entweder weil der eigene Musikgeschmack noch nicht einmal für den zwangsläufig eingeladenen Untermieter aus der Kellerwohnung reicht oder weil immerhin das Beste aus den 70ern, 80ern, 90ern und von heute gespielt wird. Kurz, man kann nichts für das Radioprogramm. Aber für den eingeschalteten Sender kann man schon etwas. Hört man einen Song das zweite Mal, sollte man gehen oder fahren. Was kein Problem nach einem Sit-In ist. Dennoch findet man mich dort. Ich unterhalte eben gerne.

Party Hopper sind Leute, die hier und da mal auftauchen. Sie sind nie alleine, weil einer alleine gar keine drei Partys wüsste, auf denen er an einem Abend auftauchen könnte. Es wäre auch eine sehr einsame Sache. Solche Menschen glauben wirklich, dass sich die Gastgeber freuen sie zu sehen. Auch wenn sie noch nicht einmal ihre Jacke ausziehen oder etwas mitgebracht haben. Sind ja eh gleich wieder weg. Auf ihren Touren durch die Dörfer und Diskos halten sie an jeder Bushaltestelle und schreiben mit Edding auf die Bänke: Ich war hier. Die sind das!

Für Studenten wie mich ist das „Vorsaufen“ zu einem unverzichtbaren Ritual geworden. Eine tolle alternative zum Geld ausgeben. Man sitzt mit fünf bis zehn Leuten in Zimmern und verhilft sich bei guter Musik (vielleicht das letzte Mal an diesem Abend) einen rein. Ab 23 Uhr wird an das weiterziehen gedacht. Die Stimmung, gemischt mit Vorfreude (Achtung: hier die Vorfreude nicht zu hoch ansetzen), ist erfahrungsgemäß so gut, dass man eigentlich auch bleiben könnte. In der Regel sind die besten Partys die, bei denen sich vorher getroffen wurde. Egal ob der Alkohol dort umsonst ist oder ein Vermögen kostet.

Sonntag, 18. November 2007

Geilomat feat. Frau Krüger

Wortkreationen, die ich nie wieder hören möchte:

spastisch - deutsch

Wunderbest - Wunderbar

Tippi Toppi - Okey

Okäse - Okey

Zwiebelringe - Zwillinge

Bis Baldrian - Bis bald

Alles Klärchen Bärchen - Alles klar Bär

Naturloch - Natürlich

Tel Aviv - C`est la vie

Kugelbär - Kugelschreiber

Zum Bleistift - Zum Beispiel

Na Bernd - Guten Abend

Bli - Ali

Schanke dön - Danke schön

Chillen - Hinsetzen, Schnauze halten

Regal - Egal

na sichi - mit Gewißheit

Funktionuckelt - Funktioniert

Bis dannemanski - Bis dann

Tschüsikowski - Tschüß

Schitte bön - Bitte schön

See you later Alligator - See you later alegater

Das darf nicht Warstein - Das darf nicht wahr sein

An und Pfirsich - an und für sich

Tschö mit ö - Tschüß

Schiss - Tschüß

Stück ein Rück - Rück ein Stück

The Artist formally known as Prince - Prince

Knoff Hoff - Know How

Hier sind die dazu passenden Sprüche, fertig für den Alltag.

Mittwoch, 7. November 2007

Stehst du noch oder lebst du schon?

„Genauso, genauso, genauso sieht das aus“ Dendemann

"All the Things she said running through my Head, this is not enough" TaTu

„100 Leute haben wir gefragt, was bedeutet es mit beiden Beinen im Leben zu stehen“ Werner Schulze-Erdel

Was bedeutet es mit beiden Beinen im Leben zu stehen?

Guthaben…….100

Ne, so leicht ist es womöglich nicht. Diese Frage beschäftigt mich seit Monaten, fast solange wie dieser Blog. Gestellt bekam ich die Frage auch nicht von Manuel Andracks ehemaligen Schützling Werner Schulze - Erdel, sondern von einer völlig geistlosen Bekannten. Sie behauptete indirekt, dass ich nicht mit beiden Beinen im Leben stehen würde. Was soll ich da auch? Da sind doch schon alle anderen!

Es war mehr eine hilflose Abwehrreaktion ihrerseits als eine wirkliche Feststellung. Aber deshalb ist die Frage nach der Bedeutung nicht belangloser. Was könnte den Eindruck hinterlassen, ich wäre ein „Hans Gaffindieluft“? ein wirklichkeitsferner Mensch? Ein Hippie? Und was ist der Umkehrschluss? In Kontaktanzeigen ist es oft ein wichtiges Attribut mit beiden Beinen im Leben zu stehen. Die Frage beinhaltet Stillstand, wirkt spießig und meint es wahrscheinlich auch genauso…

Was bedeutet es mit beiden Beinen im Leben zu stehen?

Als erstes denke ich daran, dass es einem scheiße gehen muss. Bemitleidenswert, wirklicher und näher kann das Leben nicht sein. Krankheit, Schulden, Existenzangst, Hartz IV, nicht vermittelbar, Der Staat schaut zu, wehe du lachst! Umschulungen, RTL2, Bus fahren. Da steht man nicht im Leben, man ist einbetoniert. Nein, das kann es nicht sein.

Was bedeutet es mit beiden Beinen im Leben zu stehen?

Weiß, Führerschein, durchschnittliches Abitur, danach Ausbildung, langweiliger Job, Vereinsmitglied, Rechnungen kommen, Volksbank oder Sparkasse, Soll, ein Partner, ein fester Partner, AOK, Wohnung, Auto, Urlaub, Deutsch Rock, Pizza, Tätowierung, Hilfiger Hemd… Nein, das ist zwar annährend normal aber klingt noch zu sehr nach „mit beiden Beinen durchs Leben gehen“.

Was bedeutet es mit beiden Beinen im Leben zu stehen?

Frau, Kinder, Familie oder Alimente, Deutsche Bank, Haben, Haus, Garten, Hund, Privatpatient, Combi, Rechnungen schreiben, Vereinsgründer, Restaurants, Camel Hemd, DSL 16.000, HDTV, iPhone… auch das nicht.

Was bedeutet es mit beiden Beinen im Leben zu stehen?

Eine Gegenbewegung zu alldem darstellen, was andere für „mit beiden Beinen im Leben stehen“ halten. Klingt mehr wie eine Ausrede, als nach einem Erklärungsversuch.

Was bedeutet es mit beiden Beinen im Leben zu stehen?

Zwei Beine und der Rest kommt von alleine, man muss es sich nur bewusst sein. Der Anteil deiner Sorgen sollte so groß sein, dass sich deine Bekannten noch darüber erkundigen, es ihnen aber nicht unangenehm ist, sich darüber zu unterhalten!

Dienstag, 6. November 2007

Eintragung ins Nichts

„Auf jeden Fall ist das Leben hart doch es wird erträglicher
Wenn man den Geist massiert deswegen les' ich ja
Wenig zwar aber die Quellen der Inspiration
Sind ausschlaggebend für meine Motivation“ Torch

„Schenk Deiner Schwester doch einfach ein gutes Buch“
„Hat die schon“ aus Doppelpack

Eines der Themen, denen ich bisher zwar eine Menge Zeit gewidmet aber nur indirekt Platz auf der Seite eingeräumt habe, ist das Lesen. Das Alter, in dem Lesen uncool war, habe ich übersprungen. Heute lesen nicht unbedingt mehr Menschen, aber man hört aus ihren Entschuldigungen schon etwas wie Reue heraus. Sie ahnen, dass da was hinter stecken könnte. Das wahrscheinlich größte Problem dabei stellt die Tatsache dar, dass Bücher nicht so schnell und einfach zu konsumieren sind wie Musik oder Filme. Außerdem ist es zu kompliziert sich Bücher aus dem Netz illegal herunter zuladen. Wo ist denn da noch der Reiz? Ein anderes Problem ist das Bild einer Dreißigjährigen, die in einem selbst gestrickten Pullover, den sie, an einem regnerischen Tag, beim Sitzen auf der Fensterbank über die Knie gezogen hat, neben sich eine dampfende Tasse grünen Tee, Harry Potter lesend, das viele in ihren Köpfen haben. So was gibt es sicherlich und ist auch verdammt uncool, aber nicht das, was mit Lesen gemeint ist. Alles was wir machen, wobei wir uns so unheimlich lebendig, frei, unabhängig fühlen, all diese lehrreichen Erfahrungen, die man meist nur macht, um davon später erzählen zu können, wurden allesamt schon einmal durchlebt oder in irgendeiner Form verarbeitet. Es ist alles schon einmal da gewesen. Noch mehr sogar, die Gefühle, Eindrücke und Empfindungen wurden analysiert, begründet, gemalt und formuliert. Kurz, sie wurden Bewusstsein. Viele meiner Altersgenossen können nicht begründen warum ihnen etwas missfällt oder, was häufiger vorkommt, gefällt. Wie äußert sich etwas? Es reicht ihnen unterscheiden zu können, ob es gefällt oder nicht. Bücher oder andere Quellen sind im Grunde nichts anderes als ausführliche Gedankengänge, die man nachvollzieht. Man bekommt Vergleiche, Informationen, Anregungen, Begründungen geliefert, die erklären was warum den Unterschied ausmacht. Es gibt Millionen Ideologien und Weltbilder. Das schwierigste und deshalb das reizvollste ist es diese Leben, Geschichten und damit die Erfahrungen der anderen auf sein Leben zu reflektieren, um dann irgendwann sich selbst bewusst zu werden. Eingeständnisse zu machen muss man scheinbar erst lernen. Die puren Fakten und die Unterhaltung sind ein netter Nebeneffekt. Irgendwer sagte mal: Literatur ist dann gut, wenn man jeden Satz als richtig abhaken kann. Da wäre ich nie von alleine draufgekommen. Wenn man alleine hinter all diese Dinge kommen soll, dann wird es ganz schön knapp mit der Zeit die einem bleibt. Umso früher, desto besser.

Montag, 29. Oktober 2007

Propaganda

"Es gibt drei Arten von Werbung. Laute, lautere und unlautere" Werner Mitsch

"Hinter der Werbung steht vielfach die Überlegung, daß jeder Mensch eigentlich zwei sind: einer, der er ist, und einer, der er sein will" William Feather

Werbung: Der Versuch, Leuten Geld aus der Tasche zu ziehen, das sie nicht haben, damit sie Sachen kaufen, die sie nicht brauchen, um Leuten zu gefallen, die sie nicht mögen.

Ohne Werbung keine Privatsender, ohne Privatsender kein Nachmittag. Ich dulde nicht nur Werbung, ich schaue sie mir auch an. Genauer. Vereinzelt kommt es vor, dass die Kreativen aus den Werbeagenturen meinen Typ treffen, mich also ansprechen. Das treibt mir den Schweiß auf die Stirn – Bin ich berechenbar? Bin ich ein Stereotype ohne es zu wissen?
Es gibt selten gelungene Werbung. Werbung mit guter Musik oder einer guten Pointe.
Im Gegensatz dazu, steht die schlechte, penetrante Werbung, die auf das Konzept „Blenden“ setzt.

Top Five der Werbung, die ich nicht ertrage:

Mc Donald´s. Drei Typen, die alle drei gleich aussehen, sitzen ihren drei Freundinnen gegenüber. Auch die drei Ladies sehen zumindest in den 30 Sekunden Spot sich zum verwechseln ähnlich. Die Mädels haben ein Beziehungsproblem, das nicht warten kann, die Jungs aber mampfen weiter ihre 5 € Burger in sich hinein. Mmmhh.
Bemerkung: An dieser Stelle möchte ich an den Film „Super size me“ erinnern!

Airwick Dufterfrischer. Ein kleiner, asiatisch aussehender Junge wird beim scheißen gefilmt. Iiieehh, wie das stinkt! Er drückt auf einen Raumerfrischungsduftspray und die stolze Mutti, Eva Herman Verschnitt, kommt herein. Patchwork Familie als Aufhänger…
Bemerkung: Andere Perverse werden für Kindesentführung ins Gefängnis gesteckt!

Bebe young care. Eine Frauen WG, immer lustig, immer was los, das Bad wird brüderlich geteilt. Alle haben es eilig und hüpfen in Unterwäsche über den Flur. Aloe Vera heißt das – hihihi. Zum Glück sind alle Kosmetikartikel heute so unkompliziert und wirkungsvoll. Also kein Problem, die Großverdiener können kommen.
Bemerkung: Es gibt keine echte Loyalität unter Frauen!

Lätta / Granini. Ein junges Backpacker-Pärchen streift durch die Amazonas. Das toughe Mädchen rennt voran und der arme Kerl wird hinterher gezogen. Voller Lebensenergie wird sich einen Wasserfall heruntergestürzt oder ein Hügel erklimmt. Wo kommt dieser Elan her? Von der halbfett Margarine oder dem überzuckerten Farbstoffgeschwängerten Früchtepop natürlich.
Bemerkung: Frucht Prickler stürzt dich aus dem Leben! Der Schlachtruf eines jeden Diabetikers.

Veltins V+. Eine Bande von young Economies unternimmt 10 Sekunden nach Feierabend ein Rennen quer durch das mit Stellwänden verbaute Büro. Rauf auf die Bürostühle und eine Polonaise gestartet, auf dem Flur angekommen, wird, 1 2 3 Oberkörper frei, auf dem aufgeweichten PVC Boden ein Diver Contest veranstaltet. runter zur U-Bahnstation, halbnackt, ohne zuzahlen in die Bahn, und abtanzen. Die U-Bahn ins Nichts!
Bemerkung: Wie viel Spaß man dann wohl erst hat, wenn man den Alkohol ganz weglässt…? Ich werde es nie erfahren.

Es fehlt noch die Toffifee Werbung. Die Haushälterin, die von ihren Kindern und ihrem Mann erst wieder als Mutter erkannt wird, wenn sie Fressalien ranschafft.
- Darf ich mitspielen? Nein!
- Jetzt? Okey!

Sonntag, 30. September 2007

Fear and Loathing in Göttingen

"Schmeiß die Möbel aus dem Fenster, wir brauchen Platz zum Dancen" Deichkind

"Aber hier leben, nein danke" Tocotronic

Am 28. September feierten zwei Leute aus dem Verein die Einweihung ihrer neuen vierer Wohngemeinschaft in Göttingen. Wir treffen uns am Bahnhof. Wir, das sind 15 Leute, die die zweieinhalbstündige Zugfahrt nach Göttingen auf sich nehmen wollen. Proviant dabei, fehlt irgendwie nur noch Musik. Irgendwo zwischen Hannover und Göttingen hält der Zug. Ein anderer Zug hat sich ihm in den Weg gestellt. Wahrscheinlich sind wir das Problem… Der Alkohol geht langsam zu Neige.


In Göttingen angekommen sind es nur noch fünf Minuten zu Fuß und wir stehen vor einem alten Sandstein gefertigtem Haus. Nette Bude. Ich schmeiße meinen Schlafsack in die Ecke und das Gastgeschenk in den Kühlschrank. Es gibt belegte Stullen und drei Flaschen Havanna Club sehe ich auch. Das geht schon mal. Außer uns sind ansonsten nur noch Studenten auf der Party, was ja auch einen Sinn ergibt. Aber versammelte Studenten sind nur schwer zu ertragen. Von deren Aussehen, über die Sprache, bis hin zum Trinkverhalten… alles doch sehr verhalten. Wenn Jemand sagt, die Studentenzeit war die beste Zeit seines Lebens, dann frage ich mich immer was derjenige vorher und nachher gemacht hat.

Auf einem Pappplakat konnte man sich verewigen. Als ich was schreiben will sind bereits zwei Starschnitts von zwei, weniger Star, Schnitten aufgemalt. Inspiriert von „Mr. Bitch Power“ Rick James, schreibe ich in eine Sprechblase „I´m a Bitch, Rick James!“ hinein. Kracher. Kurz darauf reißt einer der mir unbekannten Mitbewohner das Plakat von der Wand. Ob der auch für den Professor die Tafel wischt? Die Karikaturartige Zeichnung sollte seine Freundin darstellen. Na und? Und die ist Russin könnte das falsch verstehen! Mit anderen Worten: sie kennt Rick James nicht. Wir schauen uns betroffen an, als ob jeder das gleiche denkt: Vor Katalogfrauen sollte man lieber keine Schwächen zeigen! Nachdem der Typ fertig ist mit lächerlich machen, hängen wir eine neues Pappplakat auf.


Es kommt zum ersten Sachschaden. Ich und eine Bekannte zerlegen einen Küchenstuhl. Zugegeben, ich wollte wissen, ob das durch das Verlagern unseres Körpergewichts geht. Es ging. Im Verlauf der Party nervt mich ein Langweiler mit einem Vortrag. Er dachte, er müsse auf einer Party, in einer Küche eine Gastvorlesung über Empathie halten. Ich flüchte in ein anderes Zimmer, dort liegt mein Cousin auf dem Sofa und verblutet gerade. Hä, was ist denn hier passiert. Der Notarzt kommt. „Wenn ich wieder aus dem Krankenhaus da bin, reden wir weiter Heise!“ ja gerne. Was ist passiert? Bei der Bescheuertesten Art zu tanzen, dem Pogo, ist er durch eine Glastür geflogen.


Irgendwann ist er verarztet zurück, wir sitzen auf dem Sofa und hören lautstark Led Zeppelin und den Wu-Tang Clan. Der Tutor aus der Küche ist mir ins Wohnzimmer gefolgt und lamentiert wieder. Bis der Besitzer der Glasscherben auf dem Fußboden lauter als die Musik wird und ruft: „Dich kenne ich, Dich kenne ich, Dich kenne ich nicht, Dich kenne ich und Dich kenne ich. Die, die ich aufgezählt habe und ich nicht kenne sollten sich verpissen. Meine Scheibe ist kaputt!“ Der Tutor macht zum ersten Mal in seinem Leben eine Inventur und kommt auf fünf gegen einen. Selbst diese deutliche Situation muss er noch mit einem, ich glaube ich bin hier nicht mehr willkommen, kommentieren und geht endlich.

Ich kann kaum schlafen. Sechs von fünfzehn sind übriggeblieben. Wir gehen zum Bahnhof. Es ist jetzt circa 10 Uhr. Bei Burger King wollten wir schnell noch etwas frühstücken. Einer von uns hat eine lieblos zugeschraubte 2 Liter Cola Flasche mitgenommen. Wir werden kurz darauf hingewiesen, dass es verboten sei mitgebrachte Getränke zu verzehren. Es trinkt ja keiner. Es mag ein Klischee sein, aber hinter diesem Burger King Tresen standen wirklich fast nur Türken oder meinetwegen Südländer. Ein Tablett fällt herunter, es wird wieder aufgehoben…


Als wir gehen wollten, fällt die fast volle 2 Liter Colaflasche herunter, schlägt einmal auf und rast aufgrund des Überdrucks aus den Burger King in die Mitte des Bahnhofes und hinterlässt einen reißenden Cola Fluss. Letztendlich dreht sich die Flasche im Kreis und kommt zum erliegen. Wow, unsere Augen leuchten. Eine Talk Show Türkin regt sich auf. „ALTER, seid ihr Kindergarten oder was? Wie Kindergarten. Das musst du aufheben! EY!“ Mit den Händen aufschöpfen oder was? Kindergarten ruft jetzt auch ihr Landsmann mit dem lächerlichen BK Hut auf. Es ist wie in dem Film „Die Brücke“ da konnten die Amerikaner nur das Wort Kindergarten und was ist passiert?

Wir gehen. Auf dem Bahnsteig fällt mir auf, dass ich meinen Schlafsack im Burger King habe liegenlassen. Shit. Jetzt noch mal zurück? Ich muss ja. Der Schlafsack liegt leblos im Bahnhof rum. Der Angry Whopper ruft noch mal Kindergarten und ich frage ihn, ob wir nicht die Justiz von Antalya dazu holen wollen, dann dauert das hier aber noch 10 Wochen. Servicewüste.

Ich steige in die Bahn und komme irgendwann zu Hause an. Total erledigt.

Donnerstag, 20. September 2007

Die großartigen Bayern

„Der Verein sucht sich seine Fans aus, nicht der Fan seinen Verein“ Christian Ulmen

"Das verstehen dieses Textes trägt zum Inhalt des Textes bei." Smudo

"Sorry, Bayern München spielt" Olli Banjo

das alte, häßliche Gesicht des FC Bayern München

"Was? Du bist Bayernfan? Bis eben warst Du mir noch sympathisch." Das höre ich oft. Aber Bayernfan zu sein ist nur die logische Konsequenz aus guten Geschmack. Jeder mag doch anspruchsvollen Fußball, sprich schnelle Kombinationsspiele, seriöses Auftreten, Namen, Charaktere und seit neuestem auch Talente aus der eigenen Schmiede. Es gibt viele gute Argumente für die Bayern und viele lausige gegen sie. Menschen, die wissen, dass sie George W. Bush doof finden müssen, genau wie die Bild Zeitung und eben den FC Bayern München, kommen einem immer mit: „Da kannste ja gar nicht ins Stadion fahren. Das ist soweit weg!“ Natürlich kann man da ins Stadion fahren. Man muss eben nur etwas weiter fahren. Aber dafür macht es auch viel mehr Spaß. Wer zu Auswärtsspielen seines Vereins fährt, der weiß was ich meine. Nur aus geographischer Bequemlichkeit sich einem „heimischen“ Verein anzuschließen ist recht arm. Michael Jackson werde ich wohl auch nicht mehr live erleben, trotzdem gefällt mir die Musik. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass viele nicht Bayernfans, also Bayernhasser, nicht mit dem Glamour zurechtkommen. P 1, BMW, hübsche Frauen und riesige Gagen. Da fühlt sich der kleine Mann unwohl. Ein anderes altersschwaches Argument ist: „die kaufen doch nur die anderen Mannschaften kaputt.“ Richtig und nur selten haben sie sich dabei selbst gestärkt. Aber Niemand, der seiner Zeit voraus war, hatte es jemals leicht. Bayern denkt als einzige deutsche Mannschaft international und Uli Hoeneß ist der vielleicht beste Fußballmanager der Welt. Obwohl, die Welt ist groß.

Wer für alle 18 Vereine in der Bundesliga einsteht, der wird nicht mehr ernst genommen. Ein Trugschluss ist es stattdessen einfach gegen Bayern zu sein. Dann ist man wenigstens auf der Seite der anderen 17 Vereine. Solche Leute werden ebenfalls nicht ernst genommen! Das sollte Jedem einleuchten. Wer im Ruhrpott in Dortmund, Schalke, Bochum und Duisburg aufgrund seines Fußballfachwissens einen ausgegeben bekommen möchte, der sollte nicht einfach über Bayern herlamentieren, sondern sich bewusst sein, dass er mindestens dreimal eins in die Fresse bekommt!

Früher hörte man auch gerne: „Die haben doch nur Geld!“ Woher das Geld kommt, darüber wird nicht nachgedacht. Tipp: es ist kein neureicher Russe. Es gibt auch den Typ: „eigentlich interessiere ich mich nicht für Fußball, aber Bayern geht gar nicht. Wenn, dann St. Pauli oder FC Freiburg. Die finde ich gut.“ Was für ein mutiges Geständnis. Ich ergänze dann immer stellvertretend für diese Menschen: und mein Lieblingsalbum ist das Weiße von den Beatles.

Am meisten unter den dümmlichen Ansichten leiden die Spieler, die zum FC Bayern wechseln. Charakterlos, geldgeil werden diese tituliert. Natürlich sind die Fans sauer, dass ein guter ihren Verein verlässt. Was aber immer nicht berücksichtigt wird, weil der Rufmord in der Stammkneipe ja gerade soviel Spaß macht, ist, dass diese Spieler vielleicht schon immer bei Bayern spielen wollten. Sie spielen dort mit den besten zusammen was die Bundesliga zu bieten hat und gegen die besten was Europa zu bieten hat. Und charakterlos (Mehmet Scholl, Oliver Kahn, Jürgen Klinsmann, Franz Beckenbauer, Paul Breitner, Uli Hoeneß, Sebastian Deisler, Thomas Strunz, Giovanni Trappatoni, Mario Basler, Lothar Matthäus, Stefan Effenberg, Franck Ribery, Karl-Heinz Rummenigge… alle nur ein Schatten ihres Kontos?) ist der größte Quatsch. Die tollsten Eskapaden werden einem vom FC Bayern geliefert. Es ist nie langweilig. Ich will als Fan einen Uli Hoeneß, der vor dem ersten Spieltag ansagt: „Wir werden Meister!“ und keinen kleinlauten Hampelmann, der mit 10 Punkten Vorsprung bei noch 3 verbleibenden Spielen, den Underdog raushängen lässt (gesehen bei Klaus Allofs). Sekundärscharm. Bei Bayern gibt es kein verlogenes Rumgedruckse. „Ja… mmmh… wir müssen ja nicht… mmh… nu… ein Punkt reicht uns…

Jeder kennt einen, der aus der Klausur kommt und sagt: „das lief nicht gut, ich habe bestimmt eine 5.“ Er weiß es besser, du weißt es besser, aber keiner traut sich etwas zu sagen und später hat er eine 2. Es könnte ja anmaßend klingen. Uli Hoeneß kommt aus dieser Klausur und sagt: „ich habe gelernt, ich fand es leicht, alles unter einer 1 wäre eine Enttäuschung.“ Also, ich finde das besser so.


Die letzte Saison war im Grunde die beste Saison für mich als Bayernfan. Endlich zahlte sich meine jahrelange (25) Treue zum FC Bayern aus. Eine total verkorkste Saison. Endlich durfte ich mal lautstark zu meinem Verein halten ohne den Neid. Übrigens, Real Madrid finde ich ebenfalls klasse.

das neue, häßliche Gesicht des FC Bayern München

Mittwoch, 19. September 2007

Mit Gefühl durch den Herbst

„Die Zeit, da die Tage kürzer und die Bremswege länger werden“ Markus M. Ronner

Man glaubt bevor man's hinterfragt, der erste Wintertag,
sei ne Supersache, schön kalt und Arschglatt,
Es gibt immer einen Grund zu fragen
und ich bin hier um zu sagen, dass eigentlich toll ist
die Belüftung am Eingang vom Karstadt“ Dendemann

Ohne das Fußballtraining wäre ich wahrscheinlich, was den Bodymaßindex angeht, weit über den 25 Punkten oder wie die Einheit auch immer bei dem Index ist. Vermutlich wird die Lebenserwartung in Jahren ausgerechnet… Und ohne das Fußballtraining hätte ich nicht bemerkt, dass der Herbst bereits begonnen hat. Was für eine Luft, was für ein Wetter draußen vorherrscht. Ich brauche keine Kalender oder andere Bauernregeln, um klar zumachen, es ist Herbst. Der Herbst macht alles edel. Die Natur bezogenen Farben sind meine Lieblingsfarben. Wenn man mal darauf achtet sind Musikalben mit braunem oder grünem Cover meist die besten Nummern. Zumindest im HipHop. Mit den Farben assoziiere ich nur gute Dinge und ich weigere mich den Rechten Pack die Farbe braun kampflos zu überlassen. Ihr merkt, hier ist einer mit dem Herzen dabei. Der Frühling kommt mit all den enttäuschten Erwartungen, der Sommer kommt mit all seinen Zwängen etwas muss doch gehen und der Winter kommt mit all seinen Heucheleien. Im Herbst beginnt man damit, die Wochenenden mit Musik hören und Filme schauen zu verbringen. Es gibt soviel Musik, die nur im Herbst richtig funktioniert. Zum Beispiel: Wyclef Jeans „Gone till November“ und „911“, für all die, die keine Fantasie besitzen.

Rasenmähen lohnt nicht mehr und das Laub hält sich auch noch ein paar Wochen an den Bäumen. Offene Feuer sehen nicht nur gut aus, sondern haben jetzt endlich auch einen ökonomischen Sinn, genau so wie warmer Kakao. Die beste Zeit des Jahres.
D
ie Herbstkataloge von Quelle und Otto hatten die schönsten Models, weil brünett. Das ist auch ein riesiger Vorteil des Herbstes. Die Herbstfrauen. Frauen in Mäntel und Schal haben etwas elegantes, wenn es nicht sogar die Eleganz himself ist. Penelope Cruz im Film „Vanilla Sky“, wie sie in der Allee auf Tom Cruise wartet... das Bild brennt sich ein.
Ich selber konnte meine Abercrombie & Fitch Jacke, die mein Bodymaßindex so wunderbar versteckte, aus dem Schrank holen. Da steht „konnte“, weil ich sie verloren habe. Nicht schon wieder dran denken…

Wer ebenfalls in Herbststimmung kommen will, dem empfehle ich von Funny van Dannen die Geschichte „Der Weltcup“ aus dem Buch „Neues von Gott“.

Top Five der "Brauncover Alben":

D`Angelo - Voodoo

Mos Def & Talib Kweli are Blackstar

Common - One Day it`ll all make sense

Black Eyed Peas - Bridging the Gap

Nas - Illmatic

Montag, 27. August 2007

Support your local Antifa

„Scheißegal, ob extrabreit oder abstinent
jeder, der diesen Spasti kennt
schreit: Hurra, die Klapse brennt
wir haben noch nichts vom Leben gesehen
lass uns doch mal daneben benehmen
weil die meisten Spacken nur heiße Backen
statt große Reden verstehen.“ Dendemann

"Antifa, das haben uns die Rechten eingebrockt!" Linus Volkman

Vom 17. – 19.08. war in Stemwede ein Open Air (draußen) Festival gewesen. Kein Kartenverkauf, also umsonst das Ganze. Es ist das erste Festival auf dem ich bin, bei dem das Auto mit auf den Zeltplatz gestellt werden darf. Ist das ein Segen. Keine Schlepperei. Die Laune steigt weiter, als wir mein Zelt in zwei Minuten aufgestellt haben. Das Zelt der anderen braucht länger. Es ist das Model Tibet 2. Was wohl mit Tibet 1 passiert ist? Wahrscheinlich zusammen mit der letzten Nordpolexpedition erfroren.

Das Line-up geht mir, genau wie diese kuriosen Menschen, die dieses Festival besuchen, am Arsch vorbei. Schön, wenn man sich keinerlei Stress machen muss, weil man sonst Angst hätte z.B. die legendären Spermbirds zu verpassen. Wir sind zu viert. Es regnet nicht, die mitgebrachten, rohen Mikrowellenburger schmecken auch ohne Mikrowelleneinsatz überraschend gut und die glatzköpfigen Zeltnachbarn grüßen ebenfalls noch. Es gab viele Punks, Hippies und Metaltypen. Alle sind harmlos und drehen ihren Scheiß laut. Es stört mich nicht. Wir sitzen in unseren Campingstühlen, trinken Springer, rauchen und lauschen den völlig übertriebenen Geschichten eines mitteilungsbedürftigen LKW Fahrers. Er ist hier, weil einer ja fahren muss. Das Festivalgelände ist groß, angeblich sollen hier 20.000 Menschen herumlungern. Viele von denen laufen in skurrilen Verkleidungen rum, zu denen ich auch Bademäntel und Camouflage zähle. Ich kenne Punks nur vom Schulhof oder aus Hannover. Die weiblichen Punks vom Schulhof waren Punks, weil sie ein körperliches Gebrechen hatten, dem in der Punkszene keine so große Bedeutung zugeteilt wurde, wie in der Mitte der Gesellschaft. Oder sie wollten Jemanden beeindrucken. Ich habe mal das Buch „Verschwende deine Jungend“ von Jürgen Teipel gelesen. Keiner der hier anwesenden Punks sah so aus, als ob er mir die Punkphilosophie erklären könnte. Jedenfalls nicht so schlüssig wie Jürgen Teipel. Oi. Mit einigen möchte ich mich über Vivian Westwood und Andy Warhol unterhalten. Es kommt nicht viel dabei herum. Ich sehe immer noch nicht ein, warum man aus Langeweile gleich einen Lebensstiel machen muss. Eine Zecke, mit offensichtlich schwarz gefärbten Haaren, sieht unser geparktes Auto, einen neuen Audi A4 und mit Abstand das Auto mit dem höchsten Widerverkaufswert, und fragte mich, ob das mein Auto sei. Danach sprach er den nächsten an, bis er ein ja bekam und fragte gleich weiter nach Zigaretten. Es gibt keine Zigaretten für den kleinen Schnorrer. Ich lege ihm nahe, beim nächsten Mal besser ein Mitleiderweckendes Zirkustier mitzubringen. Ein Ankommer.

Hippies sind auch schlimm. Man muss kein Hypochonder sein, um ansteckende Infektionen zu fürchten. Die sind so leichtgläubig, denen kann man alles erzählen. Nur sieht keiner von den Hippies so aus, als ob sie sich schon viele Waschmaschinen haben anquatschen lassen. Für die Alternativen beginnt die Pubertät mit einem paar Chucks und endet mit Billy Talent.

Die Nacht kommt, wir gehen. Wir schauen uns an der Hauptbühne um. Vor der Bühne ist kein Geschupse, es ist eher angenehm voll. Ich auch, obwohl ich nie vor der Bühne war. Ich verbringe die meiste Zeit in einem Musikzelt, in dem Drum & Bass und Dancehall gespielt wird. Hendrik und ich rempeln im Dunkeln Autos und Zelte an und reden viel betrunkenen Unsinn. Hendrik war bei „das Model und der Freak“ und dabei wurde er von den Models bestohlen, während er in der Umkleidekabine von GAP sein neues Outfit bekam. Gleichzeitig ist er Profi Dressurreiter. Übrigens, sein Pferd heißt Battlecat. Irgendwann falle ich ins Zelt. Es ist meins.

Am nächsten Morgen sind die Metaller neben uns wieder gut laut. Die Sonne scheint. Wir latschen über das Gelände und schauen, was wir gestern übrig gelassen haben. Lange bleiben wir nicht mehr. Mein Zelt lässt sich genau so schnell wieder abbauen, wie aufbauen. Die beiden Tage haben sich auf jeden Fall gelohnt. Nächstes Jahr kommen wir wieder und bringen Verstärkung mit. Ich habe ein Video von dem Festival gemacht. Vielleicht stelle ich es ins Internet. Es ist eigentlich zu gut für alle.

Montag, 20. August 2007

Abenteuer Alltag

„Watch me come undone“ Robby Williams

„I wasting my Time in the Waiting line“ Zero 7

„Mit Zahnschmerzen bist du nur ein halber Mann“ Jens Husmann

Ohne Geld bist du nur ein halber Mann. Jetzt bloß keine Zahnschmerzen bekommen. Ich war schon länger nicht mehr unter Menschen, also ein zufällig zusammen gewürfelter Haufen Alkoholiker bei irgendeinem Anlass. Es ist kein Geld dafür da, sonst wäre ich dabei. Ganz sicher. Ich sehe in der Woche und am Ende jeder Woche immer nur dieselben zehn bis fünfzehn Gesichter. Mein Alltag sieht so aus, dass ich im Idealfall aufwache. Um 13 Uhr. Mittagessen. Gebeugt über den Teller, schaufele ich recht hastig das Essen in mich hinein. Am besten dafür geeignet ist der Löffel, egal was es gibt. Den nervenden Fragen in Richtung Karriere, Finanzen und Wie soll das nur mit dir weiter gehen, kann ich nicht lange mit Argumenten zufrieden stellend standhalten.

Nach dem Essen schaue ich noch den Rest der Oliver Geissen Show. Irgendwann werde ich sagen können: den Gast kenne ich noch von Früher. Um 14 Uhr ist dann ein kleines Programmloch. Richtersendungen und diese Psychotante von Sat 1 schaffe ich geistig nicht. Noch nicht. Stattdessen höre ich Musik und versuche brauchbare Übergänge zwischen den Songs hinzubekommen. Um 15 Uhr hallt in meinem Kopf eine ABM nach. Da kam etwas hinterher, als ich nach dem Mittagessen die Treppe hochging… war es Rasenmähen? Etwas mit hochnehmen? Oder war es ein Déjavu? Um 15 Uhr 20 kommt auf RTL 2 Captain Tsubasa a.k.a. Super Kickers ´06. In jeder Folge wächst Jemand über sich hinaus und mir kommen die Tränen. Ein Highlight des Tages ist, traurigerweise, die Anime Serie Naruto. Mangas und Animes waren in meiner Jugend ein absoluter Insider, heute gaffen sie alle Dragenball Z, Naruto und Kollegen.

Um 16 Uhr 20 verlangt der Tag wieder nach meiner Aufmerksamkeit. Wenn die Sonne scheint ist das schlechte Gewissen am schlimmsten. See? Fahrrad? Wie weit kommt man ohne Auto? Ohne Geld? Wenn kein Training ist, laufe ich manchmal, aber derzeitig sind meine Kopfhörer verschwunden und ohne Musik ist Laufen wie… eine schlechte Ausrede. Internet oder Videospiele besitze ich nicht. Bei Geissen habe ich gelernt, dass man sich ständig bewerben muss, sonst kommt man direkt von der heimischen Couch selber in die Sendung. Das tue ich auch recht erfolglos.

17 Uhr, Taff kommt. Hochglanzmagazin mit 25 Bildern in der Sekunde. Spontan fällt mir kein Promi ein, der in dieser Sendung gezeigt wird und mir sympathisch ist. Von 17 Uhr 55 bis 18 Uhr 10 wird das erste Mal Abendbrot gegessen, vorausgesetzt es ist kein Training. Dann eine Folge Simpsons. Der erste Schmunzeler des Tages wird mir entlockt. Die fünf Kilometer mit dem Rad zum Training geben mir das Gefühl zurück, nicht am Leben, aber zumindest am Straßenverkehr teilzunehmen. Kann ja schnell auch das genaue Gegenteil bedeuten. Beim Training merke ich die Verwahrlosung.

Abends beginnt der Tag. Ich sitze zu Hause schreibe, lese und rechne. Bei Sonnenlicht kann ich das nicht. Zwischendurch sitze ich auf der Bettkante und beobachte Insekten - das Fenster war auf, es ist einfach zu warm - und haue sie dann vorsichtig, mit einem Buch von Moritz von Uslar, tot. Der Trick ist das Buch langsam heranzuführen und dann nicht schlagen, sondern drücken. Sonst verdrängt man zu schnell die Luft und diese leichten Biester werden zum Rand hin weggetragen, bevor das Buch die weiße Vertäfelung erreicht. Meine Theorie. Ich schlafe erst um 6 Uhr ein. Mein Tag hat sich noch weiter nach hinten verschoben. Die Lieder aus den Boxen werden jetzt merklich harmonischer. Ich habe keinen Stress mehr, nur noch Zeit. Open End, sozusagen. Der Fan wird jetzt fragen: Welcher Stress denn? Gute Frage. Es ist kein Stress, es ist mehr ein Gefühl, eine Stimme, die jeden Satz mit „eigentlich…“ beginnt. Das gleiche Gefühl habe ich bei Warteschleifen von Ämtern. Nachts kommen dann manchmal gute Filme oder Kabarett oder Reportagen. Stets auf den öffentlich rechtlichen Sendern.

Alles bequem vom Bett aus erreichbar
Das hake ich dann unter Bildung ab. Schöner Selbstbetrug. Bis ich glaube müde zu sein, lese ich die dicken Bücher von Walter Moers. Da mein CD – Wecker mich nicht mehr wecken muss, benutze ich ihn zum einschlafen. Die Lautstärke wird heruntergedreht und ich höre Hörbücher oder den japanischen original Soundtrack von Akira.

Am letzten Wochenende kam es zur Reizüberflutung. Sozialer Umgang ist wie Fahrradfahren, man muss immer wieder üben, üben, üben, damit man es nicht verlernt. Großraumdisco, Schützenfest, so viele Menschen, so viele Eindrücke, an die ich mich nur vage erinnern konnte… das musste ja schief gehen.

Sonntag, 12. August 2007

Freiwillige Selbstkontrolle

„Schüttele mir den Salat, Baby“ Henry van Damp

Die Leute sagen immer: „Heise, erzähl doch mal einen Schwank aus deiner Jugend.“

Na gut, das tun sie zum Glück nicht, aber dennoch finde ich die folgende Geschichte erzählenswert.

Irgendwann in den späten Neunzigern, ging das Gerücht um, dass ein gewisser Herr S. die größte Pornosammlung im gesamten Kreis besitzt. Ich rede hier nicht von so einem softi Kram, der vielleicht mal nach 24 Uhr auf Sat 1 oder VOX lief und, mühevoll die Werbung herausgeschnitten, auf VHS gebannt wurde. DVDs gab es damals nämlich noch nicht, liebe Kinder. Herr S. hatte zu Hause zwei hochwertige Videorecorder und einen weißen Kasten dazwischen, der, wie ich später erst erfuhr, zum decodieren der original Pornofilme gedacht war. Lästige schwarze Balken am Bildschirmrand wurden irgendwie wegretuschiert. Oder so. Herr S. wohnt nicht weit von mir und war an kalten Wintertagen eine beliebte Adresse für ein schnelles Pils und eine Leihgabe aus seinem gewaltigen Video Repertoire. Er hatte auch normale Filme. Eigentlich hatte er nur normale Filme. Ich habe nie einen Pornofilm bei ihm gesehen. Der Schrank war voller VHS Kassetten, aber kein einziger Porno darin. Darum blieb es für mich auch immer ein Gerücht. Bis zu diesem Tag…

Was tun? Videoschauen! Ab zu Herrn S.

Seine Filme waren geschmacklich eher einfach. Alles von Sylvester Stalone, Arnold Schwarzenegger, Michael Dudikoff, Steven Seagal usw., aber eben auch von Helge Schneider, Didi Hallervorden, Otto Waalkes. Als ich ihn mal nach dem dritten Bier direkt gefragt habe, wo denn nun seine legendäre Pornofilmsammlung sei, antwortete er nur: „Versteckt.“ Alles klar. Als er pinkeln war, wollte ich mal schauen wie gut man hunderte von sperrigen VHS Kassetten auf 20 m² verstecken kann. Ich habe sie nicht gefunden. Eventuell auf der Toilette? Nee. Vielleicht doch nur alles ein Gerücht? Seine Filmsammlung war sehr gut archiviert und es gab ein kleines Handbuch, in dem alles feinsäuferlich per Hand eingetragen war. Jeder Film mit seinen Hauptdarstellern, Regisseur, und Filmlänge wurde aufgeführt. Da stand zum Beispiel:

Der weiße Hai

Archivnummer 237

Regie: Steven Spielberg

Darsteller: Roy Schneider, Robert Shaw, Richard Dreyfuss, Murray Hamilton

FSK 16

Horror

ca. 119 min.

Ich lieh mir damals den Film „Praxis Doktor Hasenbein“ von Helge Schneider aus und trottete enttäuscht ab. Mir kam es gar nicht in den Sinn, dass VHS Leerkassetten 240 Minuten bespielbar waren. Warum also nur einen Film pro VHS, wenn doch locker zwei darauf passten? Ich habe einfach nicht darüber nachgedacht. Als ich Praxis Doktor Hasenbein schaute muss ich eingeschlafen sein… ich wurde von heftigem Gestöhne wieder geweckt. Scheiß Nachbarn! Aber das Gebrüll kam es dem Fernseher.

Ca. 23 Minuten nach dem „Hauptfilm“, mit dem auch die Videokassette betitelt war, kam ein Hardcore Porno. Versteck gefunden! Fickrige Rotzgören hieß der Streifen, es ging um eine Rotzgöre, die ein Portemonnaie findet und es dem Besitzer zurückt bringt. Natürlich steckt sie den Finderlohn sofort ein… auf die Faust, quasi.

Top Five der lustigsten Pornotitel:

Analdin und die wunde Schlampe

Affentanz im Negerarsch

Teenies im Spermagewitter

Pulp Fickschön

Kompanie Huren 2: Trommelfeuer aus der Sackkanone

Transformers

Ich war am Donnerstag im Kino. Transformers. Der neue Film von Michael Bay, produziert von Stephen Spielberg. Was macht ein Produzent genau? Sein Genie ausleben auf jeden Fall nicht. Die Story ist hauch dünn. Von Beginn an nervt der Hauptdarsteller, ein kleiner hippeliger Junge. Sein Mädchen, die er in laufe des Films erobern muss, ist eine Bombe von Latina Braut. Ebenfalls super sexy / Computergenie / Glückspilz / Heldin ist die junge Lady, die für die Regierung die Transformers ausfindig macht. Okey, das kann auch Zufall sein. Einen Quoten Schwarzen gibt es übrigens auch. Das Geräusch, das die Autobots bei der Transformation machen, kommt nur zweimal vor. Das war der Grund, warum ich überhaupt ins Kino gegangen bin. Gänsehautsound. In der ersten Stunde bekommen wir Albernheiten und schlechte Gags geliefert. Ein böser Transformer erinnert stark an Jah Jah Binks aus Star Wars Episode 1. Die Größenverhältnisse der Roboter ändern sich ständig (auf die Brille achten!), auch fallen die Akteure bei einer Verfolgungsjagd fast aus dem Auto und im nächsten Schnitt sind sie im selbigen gefangen! Hä? Es passiert kaum etwas. Dann plötzlich, unerwartet aus dem Nichts… Pause. Im Kino wurde tatsächlich auf die Stinkeraucher Rücksicht genommen und eine Raucherpause eingerichtet! Es geht weiter. Das Namedroping und Product Placement ist jetzt nicht mehr zu ignorieren. Überall Marken, Marken, Marken. Die Musik ist schrecklich, schrabbel, schrabbel, schrabbel. Kurz vor Schluss wird es hektisch. Gut gegen Böse und der kleine Mensch mittendrin. Ein durchgeknallter, ätzender Regierungstyp, der auch von Chris Tucker hätte gespielt werden können, macht den typischen Actionfilmfehler. Er hört nicht auf den Jungen, sondern lieber auf Paragraphen. Guckt der denn nie Actionfilme? Der Outsider hat immer Recht. Verdammt! Es kommt zum Showdown. Die Musik macht Anspielungen auf den Terminator. Nette Idee. Der Oberbösewicht wird nach hundert Jahren aufgetaut und brüllt als erstes seinen Namen. Jetzt geht`s los. Latina mutiert zu einer Sarah Connor und ballert und fährt Auto, als ob sie vom Terminator Himself gejagt wird. Wenigstens ist der Nagellack einwenig abgeblättert. Nebenbei, die Oberteile halten jeder Explosion stand. Oft wird es eng, gerade so, super knapp, passieren tut aber nichts. Warum Autos mit voller Geschwindigkeit auf eine meterhoch aufgerissene Straße zurasen und erst im letzten Moment abbremsen, wird nicht geklärt. Idioten halt.

Dennoch, die Leute von dem Special Effects Team haben es schon drauf! Kompliment, diese Angeber. Das ist gelungen.

Damit auch der letzte Zuschauer begreift, dass dies ein amerikanischer Film ist, ballert ein GI alles nieder und besiegt diese angebliche Übermacht. Das Gute gewinnt übrigens! Happy End. Ficki Ficki. Alles gut. Achtung, Spoiler.

Michael Bay hat scheinbar den einen oder anderen Actionfilm gesehen und versucht mit den Klischees zu spielen. Gelingt aber nie. Die Charaktere sollten natürlich wirken, haben aber alle diese abgebrühte Art an sich, inklusive dummen Actionsprüchen und dann gibt es wieder welche, die völlig überdreht sind. Der GI merkt an, dass sie den Kampf in der New Yorker Innenstadt niemals überleben werden. Okey, dachte ich, dann verreck endlich. Niemals! er rutscht mit einem coolen Motorrad unter den Roboter durch und verpasst ihm mehrere Granaten. Er überlebt das Ganze. Unsympathischer Typ. Das Dreisteste ist aber der Abspann. Eine sauschlechte Regierungskritik und ein Cliffhanger, der einfach nur erbärmlich ist. Ein Böser überlebt und rast zurück ins Weltall. The End?

Fazit: Meine Spielsachen waren cooler und so oft wie eBay im Film erwähnt wurde, würde es mich nicht wundern, wenn es die alle dort zu ersteigern / erstehen gibt.

Zum Glück kamen am Donnerstag auch noch Donnie Darko auf VOX und 2001 Odyssee im Weltraum auf ZDF im Fernsehen.

neulich bei Ihr

„Jetzt sitz` ich hier mit meinen vier Programmen und denke die besten Wochenenden hatten wir zusammen. Genau so eins könnte ich mal wieder vertragen, ich würde längst Sturmschellen, wollte nur lieber mal fragen“ Dendemann
 
“All I want is your understanding
As in the small act of affection
Why is this my life
Is almost everybody´s question
And I´ve tried, everything
But Suicide
But it´s crossed my mind” Cee-Lo Green

"Jetzt stell dir vor, so eine Vorstellung wäre nichts für dich und du wehrst dich schlicht, dann wärst du wie ich“ Pahel
Es regnet. Nachdem ich bei ihr Klingel, klickt kurz die Gegensprechanlage auf, ein einfaches „Hallo“ von mir reicht aus und der Türsummer folgt dem Klicken. Sie ist weggezogen. Raus. Nicht raus auf das Land, sondern raus aus der Einöde, in die Stadt. Auf dem Weg zu ihrer Wohnungstür im Erdgeschoss muss ich durch den weiß gefliesten Gemeinschaftsflur. Den muss sie sicherlich auch sauber halten oder ist eine Putzfrau im Mietvertrag inbegriffen? In dem Flur steht ein Rad. Es ist neuer oder zumindest nicht kaputt, ob das ihres ist? Ich habe sie noch nie auf einem Rad gesehen. Die Tür steht einen Spalt offen, sie empfängt mich nie persönlich an der Tür. Ich klopfe zweimal und trete ein. Sie ist, wie immer wenn ich vorbeischaue, zuerst im Bad. Ist das ein gutes Zeichen? Und was macht sie da für die zehn Sekunden?
- Hey Hey Hey, ich bin einwenig spät, die Bahn halt.

Sie umarmt mich, eine beschissene Geste wie ich finde, erstrecht wenn man untereinander ist. Ginge es nach mir, müsste man sich unter Freunden nicht die Hand geben, geschweige denn umarmen oder die Luft küssen, kein rhetorisches: wie geht es dir? und auch kein Bitte oder Danke. Das ist alles überflüssig wenn man sich einig ist.
- Ieehh, nass.
- ja, trotz Taxi. Ich habe mich schon wieder auf den Beifahrersitz gesetzt, dabei nehme ich mir jedes Mal vor,  wie die Amerikaner, hinten einzusteigen.

Sie trägt eine rosa Jogginghose, die einwenig länger hätte ausfallen können, man sieht die drei bunten Streifen am Gummibund der Tennissocken. Dazu trägt sie einen schwarzen Pullover von Armani, den kenne ich noch von früher, sonst hätte ich die Marke nicht erkannt. Alles wirkt so, als ob sie gerade vom Kiosk kommt, Zigaretten holen. Aber auch irgendwie gemütlich, wäre ich nicht nass. Die Wohnung ist groß. Zu groß für die wenigen Möbel, zu groß für sie. Es wirkt, als wäre sie immer noch nicht ganz eingezogen oder müsste nächste Woche wieder ausziehen. Hotelzimmer sehen so aus. Derweil liegt sie auf dem Sofa, raucht Marlboro light im Softpack und schaut Talk Shows. Mit ihr auf dem Sofa zu liegen und sich über die anderen Assis im unterschichten Fernsehen lustig zu machen, ist ein guter Anfang, denke ich. Aber zuerst will ich mir die gesamte Wohnung anschauen.
- Ich schaue mir mal deine Wohnung an.

Es ist ewig her, dass ich das letzte Mal hier war. Direkt nach dem Einzug war das, weil ich aus irgendeinem Grund ein schlechtes Gewissen hatte. Die Küche sieht vertraut aus. Ach so, alles von IKEA. Hier wird aber nicht viel gekocht. Alles sauber, fast neu, keine Kochbücher, keine aus dem Internet ausgedruckten DIN A2 Blätter mit schnellen Rezepten darauf, keine angefangenen Wein- oder Sektflaschen im Kühlschrank. Nichts was eine Geschichte erzählt. Ich versuche mir vorzustellen, wie sie hier steht und mit drei überkochenden Töpfen fertig wird. Es klappt nicht.
Ihr Schlafzimmer ist öde. Hier kann man schon aufwachen, aber nicht liegen bleiben. Kein Fernseher. Das Bad fällt in Wohnungen immer zu klein aus und ist in bester hörweite zu allen anderen Räumen. Es sieht überall so aus, als ob Architekten nie scheißen müssten.
- Was haste denn gedacht, könnte man heute unternehmen?
Kommt es aus dem Wohnzimmer.
- Gegenseitiges betrunken machen?!

Mittlerweile werden auf Pro 7 Berichte von Frauen mit der Konfessionsgröße 0 gezeigt. Klatsch und Tratsch, das macht mir schon weniger Spaß dabei zuzusehen. Ich will Musik anmachen, aber ich finde nicht eine einzige CD. Sie hat eine tolle, aus Bausteinen bestehende Anlage, aber keine CDs?
- Wenn du Musik suchst, die ist im Auto.
Tatsächlich nicht eine einzige CD im Haus!
-Ich dachte du hättest dein Auto verkauft und bist auf Rad umgesattelt? Ich habe eines im Flur stehen sehen.
- Wollte ich ja auch, aber dann irgendwie doch nicht. Das Rad gehört dem Arschlochnachbarn, dem Spannerarsch. 

Aha, noch nie von dem gehört. Sie besitzt weder ein CD-Regal noch ein Bücherregal oder irgendetwas Ähnliches. Da will ich auch gar nicht vorschnell urteilen, keiner meiner Bekannten besitzt so was und früher war es mir auch egal. Dennoch hängt Billy oder Bob oder Billybob von IKEA an der Wand und darin nichts was von Geschmack zeugen könnte. Plasikblumen die im Dunkeln leuchten können, eine Uhr, die dasselbe kann und anderer Kitsch werden darin ausgestellt. An der reichlich vorhandenen freien Wandfläche hängen Bilder mit ihr und einem Pferd darauf. Alles normal pubertär.
- Das sind Pferdi und ich. 

Stimmt, davon hat sie mal erzählt, sie musste ihren Gaul verscherbeln. Ich hätte ihr vom Bahnhof eine Wendy mitbringen können, zum Trost und zum Beweis, wie gut ich am Telefon zuhören kann. Sie ist fünfundzwanzig und hat scheinbar keinerlei Interessen mehr, zumindest stellt sie diese nicht öffentlich aus.
Ich stehe am Fenster und schaue auf die Straße. Es geht circa zwei Meter runter, dann kommt der Fußgängerweg. Zuwenig zum springen.
- Hatte deine Mutter keine Angst vor Einbrechern? wenn du in das Erdgeschoß ziehst, meine ich.
- Nö.

Hm. Meine Arme sind vor der Brust verschränkt und ich wippe vom Haken auf den Ballen vor und zurück. Für einen Sonntag regnet es gewaltig viel. In der Stadt hat Niemand etwas vom Regen, besonders wenn dieser auch noch sauer ist. Es sei denn, die haben hier ein Mischsystem und das Regenwasser wird benötigt um das Schmutzwasser zur Kläranlage zu spülen. Das denke ich wirklich, so sehr langweile ich mich. Man, ist das Scheiße hier. Ich setze mich neben sie und überlege, ob ich mich an einem Club erinnern kann, der auch gut ist.
- Lass uns ins Acer gehen! Vorher kaufen wir ein und schauen DVD.
Sie denkt nicht nach, trotzdem lässt die Antwort ewig auf sich warten.
- Ich habe keine DVDs.
Wow, ich frage mich, warum wir früher eigentlich befreundet waren? Weil mir alles egal war? Klar, sie sieht gut aus, das wird mir wohl nie egal sein. Zum Glück. Aus Zeit verbringen, wird Zeit totschlagen.

- Was hast du die letzte Zeit getrieben?
Sie erzählt von einem Typen, wohl ihr Freund und wie dämlich der sich benommen hat. Es scheint, als ob es ihr wichtig wäre, sie erzählt aber so schnell und gleichzeitig stoisch vor sich hin, dass ich die Lust verliere zuzuhören. Das kann es doch nicht sein, die Geschichte dauert sehr lange. Hin und wieder sage ich: also ich hätte das nicht gemacht, oder: ja, sehe ich genau so. Leider klappt das sehr gut. Ich bin keine Alternative für sie, das haben wir bereits vor Jahren versucht. Sie gibt mir das Gefühl, dass ich sie tierisch langweile, ich eine Zumutung bin.
- Wollen wir etwas essen gehen und dann ins Nachtleben?

Ich gebe mir Mühe den Abend zu designen. Als Kumpelfreund ist es meine Mission sie aus dieser Lethargie herauszuholen, schätze ich.
- Mal sehen, ob ich was zum anziehen habe.
 
Was für ein Satz. Sie hat zu nichts wirklich Lust. Ich überlege, ob ich sie gestern angerufen habe oder sie mich. Letztendlich muss ich ins Handy schauen. Peinlich, wir sitzen nebeneinander sagen nichts und fummeln am Handy rum, anstatt aneinander. Oh, eine SMS von ihr: „Bring Beck´s Lemon mit! Habe nichts hier!“ Von dem Zeug wirt doch noch nicht einmal eine Zwölfjährige betrunken. Was das soll? Sie hat mich angerufen! Warum?
- Es ist doch nun wirklich scheißegal, ob wir nass werden. Wir schauen die Simpsons und trinken meinetwegen dieses Beck´s Light Bier und vielleicht hat es bis dahin sogar aufgehört zu regnen.
Mein letzter Versuch.
- Ich finde die Simpsons doof.

Uff. Ich kenne nicht viele Menschen, die keinen Platz im Herzen für die gelbe Familie haben. Mit ihr sind es zwei. Also irgendwie selbst unterhalten. Die richtigen Fragen, die ein Gespräch beleben, fallen mir bei ihr nicht ein. Ich kann mich nur über Musik, Bücher, Fernsehen und Fußball unterhalten alles darüber hinaus wird in einen aufreibenden Streit enden. Meine resoluten, schwarzweißen Ansichten würden ihr Angst machen. Meine Ideologie ist eben nicht nett, demokratisch oder die von Ned Flanders, sondern scheiß realistisch und bewusst. Das versteht nicht jeder und ich habe es satt immer wieder erklären zu müssen, warum ich zum Beispiel Klischees mag, wobei die doch einen so schlechten Ruf haben. Mir ist nichts Gleichgültig. Also lieber die Schnauze halten. Ich bin auf gar keinen Fall kompliziert, es hat alles eine klare Linie, meine Ideallinie, das ist mein ERNSTL. Wir haben uns beide sehr verändert.

Meine Fresse, ich bin aber auch langweilig… ne ne ne, noch nicht. Das hier liegt jawohl nicht an mir. Das kann ich mir später einreden, auf dem Rückweg, im Zug. Sie kommt damit offensichtlich besser zurecht. Nach vorne schauen, durchhalten, jetzt heißt es: Fronten…
Als ihr Softpack leer ist, schlage ich ihr vor, dass sie sich schon mal aufstrapst und ich hole in der Zwischenzeit Zigaretten und Alkohol. Ich gehe aus der Wohnung und habe nicht vor wieder zurückzukommen. Das einzige was ich bereue, ist, dass es die Sendung „Bitte melde Dich“ mit Jörg Wontora nicht mehr gibt. Nachdem die schwere Haustür ins Schloss gefallen ist, fühle ich mich 21 Gramm leichter. Es regnet immer noch und ich konnte natürlich kein Taxi rufen.

neulich bei Ihr - Otherside Remix

„Ist das alles was das Leben fragt? Kommst du mit in den Alltag?“ Jochen Distelmeyer

„Sag ruhig, dass du hier nicht mehr leben kannst, das habe ich schon öfter gehört und da du vor Jahren gegangen bist, ist es nicht so, dass mich das noch stört.

Die Frage ist nur, was du reden sollst, wenn der Nostalgiequatsch nichts mehr bringt und du merkst, dass der Klang deiner Stimme mir keine Liebeslieder mehr singt“ Sven Regener

“How does it fell like to let forever be?” Liam Gallagher

Es regnet und er hätte schon längst hier sein sollen. Er war früher immer pünktlich. Na ja, er hatte ja auch immer genügend Zeit zum pünktlich sein. Bei dem Regen darf er sich nicht beschweren, dass ich ihn nicht vom Bahnhof abhole. Jetzt kommt er mit dem Taxi. Außerdem umziehen, jetzt raus aus den gemütlichen „Sonntagssachen“ etwas für draußen anziehen und dann, wenn er hier ist, wieder rein in die bequeme Klamotte. Nee.

Huch. Die Klingel erschreckt mich immer noch, obwohl ich jetzt über ein Jahr hier wohne. Ich bekomme einfach zuwenig Besuch.

- [Knister]…Hallo

Ich öffne ihm die Tür, schnell rein bei diesem shitty Wetter. Heute ist drinnen das bessere draußen. Flink ins Bad und schauen welche meiner beiden Schokoladenseiten heute die schokoladigere ist und die Haare, die verdammt aufsässigen Haare! Ich lasse die Tür auf, das verschafft mir ein paar Sekunden.

- Hey Hey Hey, ich bin einwenig spät, die Bahn halt.

Ich umarme ihn. Ich weiß, dass ihn das verunsichert, egal, ich mag diese Gesten der Freundschaft. Am liebsten noch Küsschen links, rechts, links, wie die Franzosen. Aber ich will keine falschen Signale aussenden.

- Ieehh, nass

- ja, trotz Taxi. Ich habe mich schon wieder auf den Beifahrersitz gesetzt, dabei nehme ich mir jedes Mal vor, wie die Amerikaner, hinten einzusteigen.

Macht er mir jetzt Vorwürfe? dass ich ihn nicht abgeholt habe? Er sagt nie gerade heraus was er denkt oder fühlt. Immer in Rätseln, ich komme da nie hinter was er meint, was er mir mit solchen Sätzen sagen will. Mehr als eine Bedeutung hat es auf jeden Fall. Da bin ich mir sicher. Er steckt voller Überraschungen oder eher Neurosen. Das macht einen ganz Bekloppt.

Wir gehen ins Wohnzimmer. Es läuft die Oliver Geissen Show, irgendeine Erna ist schwanger von irgendeinem Gringo. Ich lege mich aufs Sofa. Früher haben wir immer total gerne zusammen Fern gesehen. Ich finde es wichtig, dass beim Fernsehen geredet werden darf. Nein, sogar geredet werden muss. Wir haben viel gelacht bei Arabella, Ricky, Peter Imhof und wie sie alle hießen. Darauf könnte ich den gesamten Abend: liegen, erzählen, vergleichen, wohlfühlen.

- Ich schaue mir mal deine Wohnung an.

Er steht bereits in der Küche als er das sagt. Alles sauber Junge, hier findest du nichts was auf eine schlechte Hausfrau schließen lässt. Bei Room Raiders würde ich wahrscheinlich immer gewinnen. Die Amis sind aber auch zu dämlich. Beim Umzug war er nicht dabei. Er sagte, das sei Scheiße oder so ähnlich…

- Was haste denn gedacht könnte man heute unternehmen?

- Gegenseitiges betrunken machen!

Kommt es aus dem Badezimmer. Gegenseitiges betrunken machen, die Zeiten sind vorbei. Dann lieber jeder für sich. Und warum hat er dann bitte keinen Sechserträger Beck´s Lemon mitgebracht? Ich habe ihm doch extra eine SMS geschickt. Er schaut nie auf sein Handy, er hat das Ding nur um mitten in der Nacht anzurufen und mir ins Ohr zu schreien: Sie spielen gerade „Round Are Way“ von Oasis. Das war mal lustig und unser Lied. Jetzt sucht er wahrscheinlich nach dem Selbigen. Er hat mir mal die Wonderwall Single geschenkt. Die hat mittlerweile aber mein Ex-Boxfriend.

- Wenn du Musik suchst, die ist im Auto.

Die gesamte Musik habe ich entsorgen müssen, alles erinnerte an den Ex. Okey, insgesamt waren es fünf CDs. Dennoch konsequent alles.

-Ich dachte du hättest dein Auto verkauft und bist auf Rad umgesattelt? Ich habe eines im Flur stehen sehen.

- Wollte ich ja auch, aber dann irgendwie doch nicht. Das Rad gehört dem Arschlochnachbarn, dem Spannerarsch.

Oder wie ich ihn liebevoll nenne: der Ex, der Arsch. Der soll ruhig sehen, dass ich Männerbesuch habe und endlich mal Farbe annehmen. Vor Neid.

Oh, er hat mein Regal mit den Zauberblumen entdeckt. Gibt es etwas Cooleres?

Er schaut sich aber auch alles zu genau an. Meine Bilder von mir und Fury, dem super Hengst, das sind doch keine Aktaufnahmen! und für Delphinposter bin ich nun wirklich zu alt. Nichts zum gaffen dabei.

- Das sind Pferdi und ich.

Das Foto hat er doch selber gemacht, er war ständig dabei als ich reiten war. Kein Turnier verpasst und sich sogar die Mühe gemacht die schweren Begriffe zu lernen. Dafür habe ich beim Fußball schauen nicht mehr ständig ABSEITS! gebrüllt. Kompromisse, so funktionieren gute Beziehungen. Unsere Beziehung war im Grunde toll. So schön wie die Streicher am Ende von Blumfelds „Tausend Tränen tief“ und auch genau so kurz. Es regnet immer noch. Ein bisschen England. Das gute an der Stadt ist ja: das Kabelfernsehen. Keine Störungen mehr im Empfang, weil der Regen die Satellitenschüssel nervt.

- Hatte deine Mutter keine Angst vor Einbrechern? wenn du in das Erdgeschoß ziehst, meine ich.

- Nö.

Hallo? Was soll das denn jetzt wieder? Ich bin doch schon groß. Außerdem habe ich im Moment mehr Angst vor Radfahrern.

Ich klopfe auf den Platz neben meinen Füßen. Er setzt sich sogar. Ein Kumpelfreund, der von alleine begreift, dass er jetzt eigentlich auch meine Füße massieren könnte… das wäre doch mal was. Aber er rezitiert lieber den Fußmassagedialog aus Pulp Fiction als selber aktiv zu werden.

Dieses scheißcoole Gelaber ist nichts für den Alltag.

- Lass uns ins Acer gehen! Vorher kaufen wir ein und schauen DVD.

Wie mache ich ihm klar, dass ich überhaupt keine Lust habe, irgendetwas zu unternehmen? Ich war gestern bereits weg und wenn ich ehrlich bin, mit fünfundzwanzig gewinnst du nach einer durchzechten Nacht keinen Blumentopf mehr oder den zweiten Platz beim Schönheitswettbewerb. Außer vielleicht Paris Hilton, die läuft gerade bei Pro 7 perfekt gestylt über einen roten Teppich und wackelt mit dem Hintern… ach so, antworten!

- Ich habe keine DVDs.

Seinem Gesichtsausdruck nach, würde ich sagen, das war die falsche Antwort. Ich mag es eben nicht, wenn man mich so unter Druck setzt. Ich möchte eigentlich nur mit ihm meine schwere Zeit verbringen und an bessere Tage erinnert werden. Er sagte mal, dass er das ganze Nostalgie Gefasel nicht abkann. Ich dagegen würde liebend gerne über Früher reden. War doch nicht alles schlecht, es war vielmehr alles gut damals. Leider ist er der einzige Draht zu den alten Freunden. Was die wohl machen? Eigentlich weiß ich es ja, aber sich darüber zu unterhalten, ist wie zehn Friseurbesuche hintereinander.

- Was hast du die letzte Zeit getrieben?

Endlich mal.

- Ich war gestern mit Rene, der übrigens nebenan wohnt, so haben wir uns auch kennen gelernt, er war nämlich beim Umzug dabei, okey, Kunststück, er wohnt ja auch, wie schon gesagt, nebenan und wir waren gestern in so einem Laden, wie hieß der noch? Weiß nicht mehr, warum sollte ich auch vor der Tür des Ladens nach oben schauen? Und Stempel sind ja wie du weißt, das aller Letzte, nächsten Morgen haste den Scheiß im Gesicht und an den Beinen gedruckt, auch egal, der Laden war eh Mist, die Musik ist mir ja Wurst, Hauptsache was zum tanzen, aber er stand nur an der Bar und hat sich dieses eklige Whiskey Zeugs reingestellt, tanzen wollte der gar nicht, er sagte dann immer: wer tanzt hat kein Geld zum saufen, das musste dir mal vorstellen, diesen abgedroschenen T-Shirt Spruch…

- also ich hätte das nicht gemacht.

- Ja, ich weiß, wenn wir was konnten, dann war das jawohl mal tanzen, nur hat dieses Whiskey Zeugs bei ihm eine ganz andere Wirkung als bei richtigen Männern, der war schon bald so schnell knülle, dass er angefangen hat eine andere mit mir zu verwechseln! da habe ich mir gedacht: Mädchen, das Spiel beherrschst du auch…

- ja, sehe ich genauso.

- Ich gehe also zu irgend so einem hergelaufenen Typen mit Chucks und langen, zurecht gegelten Haaren, also wenn, dann soll er sich auch richtig ärgern, übertrumpft von einem Spacken, aber ich glaube Rene hat die andere gar nicht verwechselt, plötzlich geht er nämlich mit der tanzen, ich greife mir Perücke und wirbele ihn auf das Parkett…

- also ich hätte das nicht gemacht.

- Gleiches mit Gleichem vergelten, so steht es doch auch in der Bibel, na ja, das Ende vom Lied ist, dass ich Rene dann beherzt ein Glas an die Rübe geworfen habe und ihm so, in bester Völkerballmanier, klar gemacht habe: Junge, du bist raus, du kannst zwar noch vom Spielfeldrand zuschauen, aber mitspielen ist nicht mehr… hat er auch gleich begriffen und jetzt habe ich einen Ex, mit einem weißen Turban um den Kopf gewickelt, nebenan wohnen, da hätte ich auch gleich auf dem Dorf bleiben können.

- Wollen wir etwas essen gehen und dann ins Nachtleben?

Nicht schon wieder, es tat gerade so gut… was antworten? An die Brigitte denken…

- Mal sehen, ob ich was zum anziehen habe.

Er greift zu seinem Handy. Ruft er jetzt jemanden an, der mich überreden soll? Ich kann ja mal bei den anderen anrufen, was die so machen. Schließlich wollte ich ja gestern Nacht noch unbedingt, dass er vorbeischaut, da hat man als Kerl natürlich gewisse Erwartungen. Er hat sich überhaupt nicht verändert. Wir haben beide die Handys in der Hand, so wie früher die Personalausweise. Die anderen bleiben alle zu Hause, es regnet, war das Killerargument.

- Es ist doch nun wirklich scheißegal, ob wir nass werden. Wir schauen die Simpsons und trinken meinetwegen dieses Beck´s Light Bier und vielleicht hat es bis dahin sogar aufgehört zu regnen.

Gedankenlesen jetzt auch noch.

- Ich finde die Simpsons doof.

Eigentlich finde ich sie erst seitdem doof, seit diese furchtbare Anke Engelke die Stimme von Marge geworden ist. Dieses Gekrächze halte ich nicht aus. Das einzige was ihn bei Laune hält und nichts mit anfassen zutun hat, sind Musik, Buch, Film oder Fußball… ich kann ihm ja mal die Abseitsfalle erklären. Das freut doch jeden Mann. Nur leider interessiert mich das alles kein Stück. Hallo! Hier spielt das echte Leben und da wird scheinbar viel geraucht. Die Schachtel ist leer. Eine Schachtel am Tag… normal! Aber auch für ein 1 Meter 60 großes Mädchen vom Land? An Blumen rieche ich eh nie wieder… also was?

Er ergreift schließlich die Initiative und schlägt vor, mir neue Zigaretten und „Beck´s Müll“ zuholen, während ich mich aufbitchen soll. Keine Fußmassage aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung…

Hoffentlich hört es nicht auf zu regnen.