Freitag, 27. August 2010

Qualitätsurteil mangelhaft

"Jeder und seine Mudda rappt" Das BO

"Too many MCs not enough Mics" The Fugees

Zurzeit beschäftige ich mich mehr so passiv mit dem Schreiben. Das bedeutet ich durchforste das Internet nach Jungen Menschen die Schreiben, aber vor allem, die gelesen werden. Ich möchte einen Qualitätsstandard ermitteln. Was wird alles veröffentlicht oder gar gedruckt. Etablierte Autoren, wozu auch der in meinen Augen sehr gute Marc Fischer zählt, enttäuschten mich in letzter Zeit. Ich lese gerade Jäger von selbigen und einen Daniel Kehlmann Roman. Beides sehr gefeierte Werke. Dennoch dachte ich, da kommt mehr. Inspirierend fand ich das alles nicht. Gerade deshalb wundert es mich wie viele andere Leser so begeistert von diversen Texten sind, die mich überhaupt nicht kriegen.
Nun klicke ich mich also seit ein paar Wochen durch das Internet, auf der Suche nach frischen Texten, so stelle ich mir zumindest die Schreibe von jungen Autoren vor. Einige A-Blogger gefallen mir. Ein Blick ins Impressum entblößt meist den professionellen Hintergrund, das ist zwar nicht das was ich suche, dennoch ein Maßstab für übrige Rechtschreibbanausen wie mich.

Andere, viel besuchte Seiten schreiben auffallend langweilig und bekommen dafür die dicken Probs in die Kommentare geschrieben. Ein angeblich lustiger Text, der völlig ohne Pointe auskommt, wird mit der Anmerkung viel gelacht zu haben unterschrieben. Wenn die Menschen wirklich so leicht zu begeistern sind, sehe ich da doch eine Chance für mich. Auf der Internetseite der NEON stand gleich auf der Startseite ein Text über Liebesdinge. Hier der Link. Macht euch mal ein eigenes Bild oder spart euch das und lest einfach hier weiter. Der Text ist total peinlich und pubertär, hat aber ebenfalls dutzende Kommentare und ordentlich Anerkennung abgesahnt. Wieso darf der diesen Schund dort veröffentlichen? Und wieso wird das vom User angenommen? Scheinbar ist das digitale Wort völlig inflationiert. Wäre man voreilig, käme man zu dem Entschluss, dass die Meinungen der Leser und damit die Anzahl der Klicks und damit der Wert einer Seite in keiner Relation zu der Relevanz der Texte und damit zu den Autoren stehen. In dieser Hinsicht ist das Internet schon das neue Fernsehen. Literarischen Anspruch hat Niemand im Web 2.0, es kommt mir auf den Ideenreichtum, neue Gedankengänge und natürlich auf Humor an.

Auf wirklich gute Amateure bin ich bisher nicht gestoßen. Ich sondiere mal weiter den Markt. Off- wie online, so sagt man doch? Mal schauen wo man sich einbringen kann oder vielleicht findet man sogar eine freie Nische. Sollte ich eventuell eine Broschüre anfertigen? Ansonsten bleibt mir ja noch diese Plattform.
Vielleicht keinen Text, aber einen Gedanken ist das allemal wert.

Donnerstag, 19. August 2010

The Prime Time of your Life

“Now, live it, the prime time of your life” Daft Punk

Wie gefällt euch die neue Ergo Werbung? Im ersten Spot geht ein Mitzwanzigjähriger durch die Stadt, bestimmt Berlin oder Köln, kenne mich da nicht aus, in Lederjacke, hinterlässt einen ziemlich dummen Eindruck wie er so versucht die richtigen Worte für seine prekäre Situation zu finden. Am Ende des Spots, wenn er in seinen zur Jacke passenden Ledersessel sitzt und Nora Jones aufdreht, denkt man: hoffentlich hast du Dödel wenigstens verstanden wie deine Bank arbeitet. Der zweite Spot zeigt eine junge Dame, auf der Homepage als schön bezeichnet, wie sie über ihre Kindheitserinnerungen sinniert. Die denkt über die grauen Männer aus Momo nach, wie diese ihre Zeit rauben wollen, aber dank ihrer humanen Versicherung kann sie wieder lächelnd einschlafen. Das alles erklärt sie uns auf einem Dach sitzend, bestimmt das Dach eines Lofts. Ihr Loft.

EDIT: Der Spot ist an die Buchverfilmung von Nick Hornbys High Fidelity angelehnt. Erfuhr ich im Männerblog.

Klar, hier wird wieder mal völlig übertrieben wie beim Guten Morgen Frühstückskaffee, aber nehmen wir mal an es ist wirklich so wie mein damaliger Religionslehrer es mir weismachen wollte und die Werbung trifft sehr genau die Wünsche und Bedürfnisse der Zielgruppe, dann sind wir doch alle ziemlich am Arsch.

Ich bin 27 und habe überhaupt nicht das Bedürfnis in irgendeiner Metropole auf einem Hausdach zu sitzen und mein Exportbier in die Abendsonne zu halten, noch würde ich posieren, wenn jemand ein Foto davon macht. Ich kenne meine Schokoladenseite nicht. Freunde im Ausland oder besser Ausländer als Freunde, habe ich kaum und die wenigen waren schon immer da und wurden nicht von mir auf Partys herbeigequatscht und aufgrund ihrer Herkunft in den Freundesstatus erhoben. Mir liegt nichts daran Einladungen, die online eingehen, spektakulär auszuschlagen, weil ich gerade in Riga, London oder Paris bin oder ausgerechnet dann die Weltmeisterschaften in Salsa oder Capoeira stattfinden. Ich versuche erst gar nicht meinen Job als interessant, schöpferisch oder als Sprungbrett zu einem interessanten, schöpferischen Beruf zu betiteln. Meine Hobbys sind allesamt ordinär und typisch. Nichts zum abschalten dabei. Ich halte den V-Ausschnitt für die Rache der Schwulen. Ich möchte nicht, dass irgendjemand weiss, dass ich auf Knopfdruck originell sein kann. Ich bin nichts am planen dran. Ich habe keine Angst etwas zu verpassen. Ich lehne mich in Bibliotheken nicht an die Wand, wenn noch Stühle frei sind. Starbucks ist und bleibt für mich Dirk Benedict. Ich versuche nicht auf Partys zukommen, ich gehe hin oder eben nicht. Mein Geschmack hat kein Verfallsdatum. Nostalgie ist in meinen Augen Quatsch. Ich sage nein und ja und nicht mal sehen. Ich kann über mich selbst lachen, gerade dann, wenn ich es nicht als großes Charakter-Plus verkaufen kann. Ich fliege nicht gerne. Sonnenbrillen lösen bei mir nichts aus. Ich könnte nicht einen Trend nennen, nur auf der Straße laut mitzählen. Jeans und T-Shirt reichen vollkommen aus. Ich halte Kaffeetrinken für eine Geste. Ich sage Niemanden, dass ich Arte schaue. Ich koche miserabel, trotz Maggie. Ich bin rasend uninteressant und kenne auch keinen interessanteren. Ich muss immer andere übertreffen und kenne einen, der ist in der Hinsicht noch viel schlimmer.

Freitag, 13. August 2010

Das Thema ist so durch: IKEA

IKEA jaha, wie könnte ich das Thema auslassen? Es gibt ja so gut wie gar keine witzigen Menschen im deutschen Fernsehen. Wenn ich höre, dass selbst die Carolin Kebekus jetzt schon als witzig gehandelt wird, dann kann sich Oliver Pocher eventuell ebenfalls noch mal zutrauen mit einem potenziellen Programm auf die Bühne zurückzukehren. Zusammen mit Peach Weber. Aber bitte nicht das Thema IKEA durchnudeln, das wird nämlich hier und jetzt von mir gnadenlos zelebriert. Sowie von dutzend anderen vor mir.

Hallo erstmal, ich war ja letztens bei IKEA. Ich letztens mit meiner Freundin zu IKEA, oh neee doo. Hier IKEA, kennste nä, IKEA? Sex in IKEA Betten, ganz nett, aber das nächste Mal warte ich damit bis zum Ladenschluss.


Persönlich fange ich ja immer so an: Ich dahin…

Ein IKEA Profi bin ich bei weitem nicht. Der Laden ist halt sehr bequem und schnell von meiner Wohnung aus zu erreichen und um bei anderen Möbelhäusern nach Angeboten und Parkplätzen Ausschau zu halten, bin ich zu faul und unflexibel. Von Flohmärkten mal ganz zu schweigen. Ich mache mir auch nicht vor, den Laden jemals unter der 100-Euro-Grenze wieder zu verlassen. Eingang und Ausgang sind das einzige, das ich am Anfang und Ende noch richtig mache. Der Rest ist meiner Orientierungslosigkeit geschuldet.

Oben, im Möbelbereich, werden Einrichtungsideen simuliert, die mich, ich gebe es zu, vom Design her ansprechen. Bierwerbung erreicht mich auf ihre kumpelige Art nie, aber eine hässliche Tischlampe neben dem Plasma Fernseher gefällt mir. Hier kann man Gäste empfangen, denke ich. Den Gedanken beim Kauf den Bedürfnissen anderer zu entsprechen, hatte ich das letzte Mal als ich schwer verliebt war. Da überlegte ich tatsächlich vor dem CD-Kauf welches Album ihr eher in meinem Regal auffallen würde. Songs in A Minor von Alicia Keys oder Zwei von EinsZwo.
Nach langem Hin und Her blieb ich mir treu, es hat dann mit EinsZwo auch funktioniert, trotz allem muss ich gestehen, es war knapp. Das hätte ganz schlimm enden können mit mir. Eine Lektion, die mich heute davon abhält hässliche Tischlampen neben Plasma Fernseher zu stellen. Da fällt mir auf, ich war schon lange nicht mehr schwer verliebt gewesen. Na, dann bin ich ja bei IKEA genau richtig.

Ich scheine hier der einzige Single zu sein. Zumindest bin ich der einzige, der alleine durch die Gänge irrt. Gerne wäre ich jetzt in der Begleitung jener Person, die von sich behaupten kann, der Warnhinweis in den freistehenden Deko-Toiletten, es gäbe auch echte Toiletten am Ausgang, wäre ihr zu verdanken. Man hätte bestimmt viel Spaß. Stattdessen sehe ich junge Paare, bei denen es sich hundertprozentig um das Thema erste gemeinsame Wohnung handelt. Sie meist sehr hübsch, er unauffällig nebenher trabend. Die Frage, wie ich mich da wohl verhalten würde, stellt sich mir erst gar nicht. Eher überlege ich, was der arme Junge wohl alles an Kompromissen eingeht, um sie zu halten.
Wenn die Beziehung den Gang zu, durch und aus dem IKEA unblutig übersteht, dann ist es was Reelles. Vergnügt sieht dennoch anders aus. So recht verstehe ich es nicht, wie man es schafft, aus einer eigentlich sehr guten Ausgangssituation, so ein stressiges Szenario zu machen. Und wie wehrlos beide dagegen sind. Sie wissen gar nicht wie man das wieder abstellen soll oder warum es überhaupt begann. Beim gemeinsamen Autofahren möchte ich die nicht erleben. Oder: doch!
Ich stehe auffällig teilnahmslos vor einem Regal mit bunten Schuhkartons und beobachte das Geschehen. Dabei komme ich mir recht dämlich vor und warte eigentlich nur darauf, dass er gleich zu mir rübergeschickt wird, um mal anzufragen, ob mein Interesse für bunte Schuhkartons nicht langsam überreizt wäre. Es passiert nichts. Feigling.

Das Badezimmer kann man sich ohne weiteres von IKEA einrichten lassen. Der eigentliche Grund warum ich heute hier bin. Schnell wird mir klar, dass ich allein mit den Regalen, immerhin ab 100 Euro das Stück, den Glamour und die demonstrierte Sterilität bei mir zu Hause nicht hinbekommen werde. Außerdem, 100 Euro für ein Badezimmerregal! Bei den Preisen improvisiere ich lieber mit den Überbleibseln aus meinem alten Jugendzimmer. Da wird sich schon etwas finden.
In den voreingerichteten Wohnungen, Motto: Willkommen in meinen 55m², kommt mir der zweite IKEA typische Menschenschlag entgegen. Sohn/Tochter mit solventem Elternteil. Was die ältere Generation verpasst hat, damals gab es noch keinen IKEA, holt sie jetzt mit ihren Kindern nach. Diese wollen ausziehen und ihnen wird beim gemeinsamen Einkauf mit Mutti noch mal ganz deutlich gemacht, wieso sie das wollen.
„Das gefällt mir in rot.“
„Rot, das passt doch gar nicht zu dir. Du nimmst Grün“
Wer die Kohle hat, bestimmt nun mal.

In der Kinderabteilung spiele ich gerne den alleinerziehenden Vater. Was sehr viel schauspielerisches Geschick abverlangt, schließlich habe ich kein Kind dabei und sonst auch nirgends untergebracht. Der Flirtfaktor ist unheimlich hoch auf diesem Sektor. Mehr Chancen hast du nur auf dem Kiez oder auf jedem x-beliebigen Schützenfest und nüchtern schon mal gar nicht. Heute sind aber nur abgeklärte Eltern mit ihren ADS Kindern unterwegs, die sich untereinander, der Strapazen wohl wissend, zunicken oder das Theater abnicken, belastbar weit über das ausgestochene Auge hinaus. Nee, da fühle ich mich jetzt auch ein bisschen verschenkt.
„Was willst du denn? Außer quengelig und nervtötend sein? Geh mal zu dem Mann, der sich dein Vater schimpft.“ Robin hieß das Kind, das gerade von seiner Mutter zurecht gewiesen wird. Bestimmt Christopher Robin.
Nach der Kinderabteilung kommt noch das Restaurant und danach geht es unten weiter. Ab jetzt wird es interessant.

Ich verlaufe mich. Mir kommen Menschen entgegen, so ist das nicht gedacht, allein die Pfeile auf dem Fußboden bringen mich auf diesen Gedanken. Auf meinen Irrwegen sehe ich einen herrenlosen Einkaufswagen an einem Regal stehen. Ich schnappe ihn mir und laufe weg. Schöner Zufall, wo man ganz regulär einen Einkaufswagen herbekäme, wüsste ich eh nicht. Ein Ehemann versucht tatsächlich bei der Gardinenfrage mitzureden, er korrigiert seine Frau sogar. Den Fehler hätte ich selbst bei meinem ersten Anlauf nicht gemacht. Entsprechend wird er ohne Zögern von seiner Frau zurecht gewiesen. Unglaublich wie viele Paare sich selbst in Krisensituationen noch gegenseitig Schatz nennen. Aus Schatz wird dann irgendwann der Papa und die Mama.
Die Pflanzenabteilung macht mir Angst. Ich höre Stimmen in meinem Kopf. Möööörder, stöhnt da jemand. Schnell weiter.

Man kann sagen: hier unten kostet alles 30 Euro und kostet etwas 40 Euro, dann kostet etwas anderes eben 20 Euro. So kann man leicht mitrechnen. Ich kaufe mir einen Teppich für das Schlafzimmer. Den habe ich zwar bereits bei jemand gesehen und dort liegt er im Flur, aber in solchen Dingen fehlt es mir zum Glück an Extravaganz. Schwere, angeblich licht- und schalldämmende Vorhänge, ebenfalls für das Schlafzimmer. Eine Badleuchte für das unfallfreie Rasieren, eine Garderobe, eine Deckenleuchte für den Flur und eine für die Küche, eine Ofenform aus Glas, acht Kleiderbügel und zwei Stromsparlampen, die ich im Nachhinein nicht benötige. Macht insgesamt 188 Euro. Eingescannt von mir höchstpersönlich. Von einem Rollentausch, ich scanne ein, die Verkäuferin zahlt, wollte die Dame im gelben Hemd nichts wissen.

Ohne einen Hot-Dog geht mir niemand nach Hause. Ich musste einmal von zu vielen Hot-Dogs kotzen. Damals waren die für lau und das Beste an dem Geburtstag. Hier ist es fast genauso. Einen Euro für einen Hot-Dog inklusive einem Dauergetränk. Das Hot-Dog-Selberbelegen ist nur bedingt cool. Soviel mehr Gurken und Röstzwiebeln schafft man nicht auszubalancieren, als dass sich der Aufwand des Rumklecksens und Anstehens an den Saucenspendern wirklich lohnen würde. Die Teigtaschen hingegen kann ich überhaupt nicht empfehlen.

Freitag, 6. August 2010

Die Lehre klingt, doch das Leben zwingt

"Pablo Neruda sagte, das Lachen ist die Sprache der Seele." Lisa Simpson
"Ich kenne die Lehren von Pablo Neruda." Bart Simpson

"Erstens halt' ich nicht viel von Faustregeln, jeder soll seinen [...] Haussegen selbst auspegeln" sinngemäß Dendemann

„Es muss hier endlich mal wieder etwas stehen“ - Texte soll es bei mir nicht geben. Weil ich trotzdem das Bedürfnis hatte etwas zu veröffentlichen, wollte ich mich von anderen Bloggern inspirieren lassen. Nur erzählen die alle von Inception oder verlinken etwas Prestigeträchtiges in der Hoffnung einwenig vom Glamour eines Künstlers oder Sportlers falle dabei auf sie ab. So etwas gibt es hier ebenfalls nicht. Lahm, ich weiß, stattdessen muss man hier immer so viel lesen und so…

Jedenfalls dachte ich mir: schreib doch einfach mal etwas, das zur Überschrift passt.
Es geht um Axiome. Philosophisch aufbereitete Leitsätze, die über Jahrhunderte von schlauen Köpfen ausgeklügelt und weiterverbreitet wurden, bis ins Internet drinne rein. Jedem leuchten diese erleuchteten Sätze sofort ein, man denkt, klar, so funktioniert das, das ist mehr als eine Theorie. Dabei wird vergessen, dass sich Praxis und Theorie immer noch unterscheiden. Viele nutzen solche Zitate und Lebensweisheiten um sich, und noch viel mehr den anderen, aufzuzeigen in welche Richtung ihr Leben verläuft. Verlaufen sollte. Sie entdecken einen klugen Satz, können ihn nachvollziehen und tragen ihn seitdem vor sich her. Wie anstrengend sind Menschen, die eine Erkenntnis mit einer unglaublichen Sicherheit mit sich herumtragen, als hätten sie gerade den Sinn des Lebens entdeckt, jedoch gar nicht danach handeln? Nach dem Motto: Einfach mal die Hand heben und hoffen, man wird nicht drangenommen.

Vielleicht ist es ja wirklich so und sie werden zu besseren Menschen, wenn sie erahnen, dass Kunst den Staub des Alltags von der Seele wäscht oder dass man sich das innere Kind bewahren soll, dennoch würde ich damit sehr vorsichtig umgehen. Das alles bewusst unbewusst zu adaptieren, halte ich für sinnlos ohne die richtige Ambition dahinter. Man sollte sich viel öfters mal fragen: bin das noch ich?
Es ist wie mit der Kleidung: man zieht sich immer nur an wie jemand, der man gerne wäre, nie wie man wirklich ist. Du schon? Nee, auch du nicht. Es ist ja kein Vorwurf, nur bei vielen von uns fest verankert. Man legt immer vor und versucht dann hineinzuwachsen.

Ich dachte schon bei so manchen Sinnsprüchen: ja, so sieht das aus. Aber noch nie kam ich auf die Idee vollkommen umzudenken oder einzulenken und mich dem zu verpflichten. Instinktiv macht man schon irgendwie alles richtig und wenn nicht, dann sollte man mal anfangen selbst zu denken anstatt immer nur das was schon da ist nach zu denken.
Es ist völlig unmöglich manche Ratschläge für ein besseres, freies, unbeschwertes, erfülltes Leben umzusetzen. Im Gegenteil, ich fühle mich davon wahnsinnig unter Druck gesetzt, gar versklavt. Das ist der Grund warum ich diesen ganzen nett gemeinten Scheiß hinter mir gelassen habe. Gerade diejenigen, die sich von den Weisheiten weiser Menschen inspirieren lassen und dies zu allem Überfluss noch in ihre Profile oder auf die T-Shirts schreiben, kommen mir völlig uninspiriert vor. Die Angst ihre Zeit zu verschwenden steht ihnen ins Gesicht geschrieben. "Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen." sagte einst Mahatma Gandhi. Das Wort Geschwindigkeit könnte man auch durch die Wörter Intensität oder Bedeutung ersetzen.

Lebe jeden Tag so, als wäre es dein letzter. Tue ich nicht, halte ich auch für völligen Bullshit. Meine Mutter würde sagen: wenn das jeder machen würde! Die Menschen, die ihren letzten Tag bereits hinter sich haben, haben diesen womöglich genauso verbracht wie jeden anderen Tag auch, bis plötzlich das Klavier vom Himmel fiel. So habe ich das für mich ebenfalls vorgesehen. Oder schlimmer, sie haben den Tag in Angst verbracht. Mal so als Beispiel wie belastend der letzte Tag sein kann. Man soll sich frei von Sorgen machen, der Gedanke dahinter ist klar, aber ich möchte meine Sorgen nicht unterschätzen. Schließlich interessiert es mich, was daraus wird. Wer so lebt, als wolle er später nichts bereuen, wird es bereuen. Wette! Entweder du kommst lachend durch das Leben oder gar nicht. Da kannste Fehler machen wie du willst, dumm sein wie du willst, Pech haben, behindert, schwul und schwarz sein... wer mit dem bereuen anfängt, hat sich für letzteres entschieden.

Diese Lehren klingen verdammt gut und richtig, es ist aber selten das, was einem für den Moment wirklich weiterhilft. Gestern sagte ich zu einer Freundin aufgrund ihrer Probleme, sie solle nach vorne schauen und kam mir dabei gleichzeitig genau so vor, wie dieser Satz ist: saudämlich. Ich habe es daraufhin mit ehrlicheren Worten wieder gutmachen wollen. Hoffentlich hat es geklappt.

Kluge Lebenslehren machen niemanden klüger, sie lassen einen eher achtloser mit seinen Freunden oder mit sich selbst umgehen. Der Satz heiligt ja bekanntlich die Mittel.
Picasso hat Dutzend solcher klugen Gedanken herausgehauen und heute ist er tot. Soviel dazu.
Empfehlen möchte ich trotzdem das Hagakure. Das Lehrbuch der Samurai. Es gibt auch eine gelesene Version von der lebenden Legende MC Torch. Die Lehren drängen sich nicht so auf, haben sich in der Praxis bewährt und der Samurai Hintergrund ist einfach nur cool.

Für das Wochenende genug Leuten ein schelchtes Gewissen gemacht. Bis Montag wenn es wieder heißt:
Viel Lesestoff für einen langen Arbeitstag!