„Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders“ Herbert Grönemeyer
„Wie könnte ich stehen bleiben als größter Fan des
Fortschritts?“ Dendemann
Ich vermisse den Fortschritt. Der Mond sieht noch genauso
aus wie in den 60er Jahren, Science Fiction Filme kündigen ausschließlich die
Apokalypse an, die Mode will nicht sterben und dreht sich munter weiter im
Kreis und daran dass das Hoverboard bis 2015 auf den Markt kommt, glaube ich schon
lange nicht mehr. Stattdessen werden mir Telefone, aus denen eine Stimme erklingt, als
revolutionär verkauft. Nein, auf den Fortschritt ist kein Verlass.
Zum Glück ist der Fortschritt nun nicht das Wichtigste,
gerade wenn man bedenkt, was es schon alles gibt. Am Ende eines jeden Jahres,
wenn ich die Dinge Revue passieren lasse, sei es unter Freunden oder auf
Blogebene, komme ich auf einiges, das letztes Jahr noch nicht da war. Seien es Freundschaften,
Musik, Interessen, Pläne, Eindrücke, Erkenntnisse, Autoren, Schriftsteller,
Künstler, Berufe, Sprachen, Scheine an der Uni, ja, selbst Internetseiten. Ich
sorge selbst für meinen persönlichen Fortschritt. Ganz ungezwungen, aus der
Neugierde und dem Wissen heraus, dass das nicht alles gewesen sein kann.
Bevor ich etwas als langweilig, uninteressant oder gar als
Zeitverschwendung abtue, muss ich mir erst hundertprozentig sicher sein. Die
Frage, warum ist das den Aufwand nicht wert? muss beantwortet werden. Bevor das
geschehen ist, ist erstmal alles interessant. Mit dem Leben im Rückstand ist
derjenige, der sich nicht mehr einlässt.
Geprägt hat mich vor Jahren das Verhalten des Vaters einer
Freundin. Er schaute im Fernsehen Indiana Jones und der letzte Kreuzzug und war
zu recht völlig begeistert von dem Film. Er kannte ihn zuvor nicht. Das war
nicht der eigentliche Skandal, viel schlimmer war, dass er auf meinen Hinweis, es
gäbe noch zwei weitere Teile, mit völligem Desinteresse reagierte. Das war ihm absolut
egal, er war zufrieden damit in jenem Augenblick diesen Film zusehen. Ich
schätze, er hat sich nicht mal den Titel oder die Story gemerkt. Noch heute
habe ich für so ein Verhalten kein Verständnis. Damals konnte eine derartige
Lethargie meine kleine Welt gewaltig erschüttern. Schließlich rannte ich bei
jedem guten, mir unbekannten Lied zum DJ und fragte ihn nach dem Interpreten
oder wartete in Filmen auf den Abspann, um mir die Namen der Verantwortlichen
zu merken.
Zum Stillstand kommt es früh genug. Irgendetwas macht
dich fertig, lässt dich am Altbewährten festhalten, dich nur noch vergleichen
und abwiegeln, bis du deinen Enthusiasmus verlierst und alles zur reinen,
schnelllebigen Unterhaltung oder gar Arbeit verkommt, ohne etwas zu hinterlassen.
Oder dir gehen schlicht die Inspirationsquellen aus. Wen
soll man fragen? Wo sich aufhalten? Was als nächstes lesen? Das was im nächsten
Jahr auf dich wartet, kannst du bei Google nicht finden. Auch nicht auf gut
Glück.
An der Musik lässt sich das Problem sehr gut festmachen.
Natürlich gibt es da draußen tausende von mir unbekannte Songs, die mir
gefallen, die es vielleicht in meine Top Ten schaffen würden. Ich weiß es, weil ich
bereits welche davon gehört habe und mir nicht notieren konnte oder es mir in
dem Moment einfach reichte sie zu hören. Das kann einen verrückt machen, gleichzeitig bleibt
man aber auch aufmerksam. Andere Titel habe ich wiederum recherchiert und bin
heute froh darüber, dass ich sie kenne.
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