Freitag, 15. Juli 2011

Abo Nahasapeemapetilon

"Denn ich komm' selten auf den Punkt, schreibe oft 'n Haufen Schund, nur Dramaturgie und Spannungsbogen laufen rund" Dendemann

Ich besitze seit neuestem ein zweites, kleineres Bücherregal, das ich in das WohnFernsehzimmer gestellt habe. Das große Bücherregal steht auf dem Flur und profitiert vom „Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel Prinzip“ des, vom Wandspiegel reflektierten, Deckenlichts, was wiederum das Regal von der Wohnungstür aus evident in den Vordergrund stellt, sodass Besuch, wenn falls mal Besuch die Wohnung betreten sollte, direkt die bunten Bücherrücken zugewandt bekommt. Oder: man kann von der Wohnugstür aus, das Regal in der Ecke stehen sehen, dank Wandspiegel. Finde ich ganz nett gelöst und überhaupt nicht angeberisch. Ich bin sogar bereit zuzugeben, dass es sich bei den Bücherregalen lediglich um ordinäre IKEA Regale, ohne Diagonalverstrebung, handelt, in die ich funktionsübergreifend Bücher hineingestellt habe.

Jedenfalls kommen ins kleine Regal die Bücher, die ich noch lesen muss, bzw. möchte. Ganz nach dem Prinzip: Investition ist Motivation. Im Januar diesen Jahres, als ich noch fest davon überzeugt war meine, mir in diesem Leben noch verbleibende, Freizeit im Bett auszuliegen, bestellte ich im Internet mehrere Bücher für insgesamt hundert Euro. Davon habe ich bisher alle bis auf drei gelesen. Soll heißen, nicht wenige konnte ich in das große Regal auf den Flur räumen. Heute, nach einem halben Jahr, habe ich wieder ungefähr hundert Euro ausgegeben. Dieses mal kann ich eine genaue Anzahl nennen: Neunzehn Stück. Alle gebraucht. Das macht mir zum Glück nichts aus.

Für den kleinen Lesehunger zwischen durch, (Bahn, Toilette, Werbung) sind Bücher denkbar schlecht geeignet, gerade wenn man mehrere Bücher parallel liest, bringen kleine Versatzstücke nichts. Deshalb keimte in mir vor kurzen der Gedanke wieder auf, eine Zeitschrift zu abonnieren. Vor, hatte ich das seit dem Umzug nach Bremen 2009. Bisher scheiterte es an der Frage: Welche?
Hin und wieder verplempere ich Zeit in einem Zeitschriftenfachgeschäft und lese entweder die Titel oder schaue mir die Frauen auf dem Cover an, um mir eine flüchtige Übersicht vom Angebot zu verschaffen.

Apropos Frauen. WM und Emanzipation und all das. Solange Fernsehzeitschriften konsequent Frauen auf dem Titelblatt abbilden, gehe ich davon aus, dass ich mir aus Gründen, die das schwache Geschlecht halt so mit sich bringt, kein Spiel der Damen Nationalmannschaft anschauen muss. Wie weit kann eine Bewegung wie die Emanzipation gekommen sein, wenn immer noch Pamela Anderson im roten Badeanzug das Fernsehprogramm der nächsten vierzehn Tage anpreist? Und noch was, zu diesem albernen Argument, die Frauen Spiele hätten eine Einschaltquote von bis zu 18 Millionen Zuschauern, was die Spiele der Männer nicht unbedingt erreichen würden, woraus überstürzt eine hohe Popularität abgeleitet, die wiederum in eine hohe Qualität umgemünzt wird.
Das ist natürlich alles Blödsinn. Es ist doch so: Spiele der Herren Nationalmannschaft schaut kein Mann alleine. Wenigstens zu dritt oder zu sechst oder zu neunt, die Addition um drei ist dem Fassungsvermögen der Bierkästen geschuldet (6er Träger, 12er Weizen, 24er Kasten, 30er Kasten usw.), wenn die Zuschauer sich nicht sogar zu hunderttausenden vor einer einzigen Leinwand versammeln. Frauenfußball schaut man heimlich, nebenbei, beim Bügeln oder so, vielleicht mit seiner Freundin, vorausschauend darauf bedacht Pluspunkte für die Männer EM im nächsten Jahr zu sammeln. Deshalb die hohe Einschaltquote! Ihr Nasen.*

Wo war ich? Ach ja, Zeitschriften. Die Verlage haben scheinbar die Rolle des Ratgebers für sich entdeckt. Die Themen folgen durchgehend dem Kanon Better Life: Leben lernen, richtig Leben, intensiver Leben, nutze Deine Zeit richtig, nutze Dein Gehirn richtig, Tu es, Gesünder Essen, Erfolg im Beruf, So verbindet man Sex mit Karriere, Design Dein Haus, Design Dein Garten, Design Deinen Körper, mehr mehr mehr, schöner schöner schöner und zwischendurch taucht hin und wieder mal der Hitler auf und verbreitet Verlustangst und Schrecken.

Neugierig auf die Inhalte machen mich die vielversprechenden Ankündigungen dennoch, nur vermute ich nach zwei Seiten Ursachenforschung einen fünfseitigen Fragebogen, passend zum Thema, dessen Analye mich an irgendeine Klinik verweißt.
Der Nutzen dieser Ratschläge erscheinen mir so schnelllebig wie damalige Diät-Tipps. Immer anders, immer ultimativer, ohne nachhaltigen Wert. Obschon ich neugierig bin, trifft keine der renommierten Illustrierten meinen Geschmack. Auf Fachliteratur kann man hingegen immer zurückgreifen. Es gibt ja für jedes Genre, jede Randaktivität ein Blatt. Wenn ich was abboniere, dann etwas, dessen hoch explosiven Inhalt ich nicht bereits im Internet oder während eines Stammtischgespräches billig abgreifen kann. Musik und Fußball fallen somit weg.

Ich kann mir vorstellen ein Schach-Magazin zu abbonieren, trotz des vermutlich eher trockenen Inhaltes oder hat überhaupt mal eine Redaktion das Erbe der Tempo angetreten?
Die Titanic hat mir eine zu geringe Gag-Dichte als dass ich dafür jedes Mal soviel Geld ausgeben möchte. Christian Krachts Der Freund wäre was für mich gewesen, leider wurde dieser eingestellt. Gibt es etwas Vergleichbares? Was liegt bei euch neben der Toilette?

Ob der Inhalt hält, was der Name verspricht?

Karl, wieso denn Karl?

*Zurzeit der Entstehung des Textes befanden sich die Frauen noch im Viertelfinale gegen Japan. Leider konnte ich das Spiel nicht sehen, da vorort kein Comedy Central empfangen wurde.

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