WARNUNG: in diesem Text geht es ausschließlich um Fußball. Was
irgendwelche Herren Abseits des Platzes erzählen und behaupten, ist irrelevant.
Als Freund und Förderer des FC Bayern München werde ich oft um
eine Stellungsnahme zur abgelaufenen Saison gebeten. Viele scheinen zu ahnen,
dass es nach drei verschenkten Titeln nicht unbedingt mit dem Traditionsverein vorbei
ist. Wie geht es also weiter, vorausgesetzt Bayern tritt nächste Saison
überhaupt wieder an.
Die Saison 2011 – kein Titel
Dortmund spielt den besseren Fußball. Dies war 2011 bereits
zu erkennen. Aber nimmt man die Saison der Bayernspieler aus dem Jahr 2010, ist
eine durchwachsende Saison und die Wachablösung an der Tabellenspitze absolut nachvollziehbar.
Bayern wurde 2010 Meister, Pokalsieger und stand im Finale
der Champions League. Bei der WM 2010 spielten neun Bayernspieler alle sieben
möglichen Partien und in welcher Verfassung Robben aus dem Finale wieder kam,
daran wurden wir am Dienstag mit dem umstrittenen Freundschaftsspiel gegen
Holland erinnert. Und weil ein exzentrischer Louis van Gaal unfehlbar ist,
kauft er keinen einzigen Spieler für die Saison 2011 nach und unternimmt stattdessen
riskante Wechselspiele. Die Saison konnte man schnell abhacken. Das Argument,
das sind Profis, die dürfen nie müde sein, ist kein Argument. Wie gesagt, es
geht nur um Fußball.
Die Saison 2012 – immer noch keinen Titel
2012 kam mit Jupp Heynckes, der von mir favorisierte Trainer,
zurück zu den Bayern. Auch die Einkäufe stimmten mich auf eine positive Saison ein.
Die Hinrunde lief entsprechend gut.
Die Todesgruppe in der Champions League wurde souverän
gewonnen und die Herbstmeisterschaft ging, mit einen neuen Vereinsrekord, verdient
an die Bayern.
Natürlich fiel es auf, dass die Dortmunder ihre
Spielphilosophie verbessert haben. Deutlich wurde es im direkten Duell gegen
die Bayern. Sie spielten einen enorm schnellen, präzisen Umschaltfußball. In
der Hinrunde lief der BVB noch verzweifelt gegen tief stehende Mannschaften an,
eine Spielweise, die merkwürdigerweise in der Rückrunde nur selten von den
Gegnern im unteren Tabellendrittel angewandt wurde. Eben die Spielweise, mit der
sich der FC Bayern fast immer auseinander setzen muss.
Leider wurde nie weiter hinterfragt, wieso Bayern so desolat
aus der Winterpause kam. Laut Heynckes, haben sie sehr gut gearbeitet.
Vielleicht waren es die vertraglich festgelegten Werbespiele um die Geldgeber
zufrieden zu stellen, denen gibt man aber nicht gerne die Schuld, oder es wurde
ganz einfach nicht besonders gut gearbeitet. Bayern ließ gegen defensiv
stehende Mannschaften viele Punkte liegen, während Dortmund wiederum seinen
persönlichen Vereinsrekord aufstellte. Im direkten Duell war es der Egoismus,
bzw. die besondere „Spielerklasse“, auf die sich die Bayern allzu oft verließen
und die dann das Spiel verlor. So ist das, wenn das Gewicht in der Mannschaft nicht
gleichmäßiger verteilt ist. Robben gewinnt Spiele oder er verliert sie eben.
Für mich als Freund und Mitbegründer der dritten Generation war es eine gute
Saison. Einen Grund so mitzufiebern, hatte ich bisher nur bei den Welt- und
Europameisterschaften. Champions League Finals mit deutscher Beteiligung sind leider
viel zu selten um cool zu bleiben.
Die Finalspiele
Die Saison war mit drei Finalspielen, das Rückspiel in
Dortmund mitgezählt, keinesfalls ein Desaster. Auch dass alle drei verloren
wurden, kann ich verkraften. Das DFB Pokalfinale wurde durch individuelle
Fehler auf Bayernseite entschieden. So verliert man natürlich und auch
entsprechend hoch. Für mich sah das so aus, als waren die Bayern mit dem Kopf
bereits im CL Finale oder sie sind ganz einfach so unheimlich schlecht. Um das
herauszufinden, musste man nur eine Woche später das Champions League Finale schauen.
Die Bayern spielten überragend, waren eindeutig überlegen, nur hat Cech einmal mehr
bewiesen, weshalb er und nicht Neuer, der beste Torwart der Welt ist. Den Vergleich
zwischen Drogba und Gomez ging ebenfalls an Chelsea. Dazu unten mehr. Für
Fußballästheten hat das unattraktivere System nun mal die Champions League
gewonnen. Im Halbfinale gegen Barcelona war ich noch für Chelsea, logisch,
einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung was den Sieg der Bayern im Finale anging.
Barcelona hätte die Münchner in den neunzig Minuten vorgeführt. Man erinnere sich
an das Finale 2011, ManU stand von vornherein als Verlierer fest und anders
wäre es den Bayern auch nicht ergangen. Naiv wie ich bin, hoffte ich, dass Chelsea
in einem einzigen, finalen Spiel mehr aufrücken würde, aber dass die von Minute
eins ab so sehr auf den Abpfiff hofften, hätte ich nie gedacht. Falls Abramowitsch
davon ausgeht wenigstens diese Saison mit Chelsea einen Gewinn zu
erwirtschaften, dann hat er jetzt 3,6 Million mehr die er der einen Milliarde Ausgaben
gegenüberstellen kann und falls es ihm nur um das Prestige ging, dann hat er
spätestens jetzt ganz Fußball Europa gegen sich aufgebracht. Der Titel hat an
Glanz verloren, aber heute redet ja auch keiner mehr über Griechenlands EM Sieg
2004. Die Intensität der Bayern wird aufgrund der Niederlage nicht nachlassen
und schaue ich nur ein Jahr weiter, sehe ich Chelsea nicht im Viertelfinale der
CL 2013.
Die Saison 2013 – wie es weitergehen könnte
Die statische Spielweise der Bayern, die sehr vom Tempo und der
Technik von zwei, drei Akteuren lebt, ist ein gefundenes Fressen für
Mannschaften, die ihre stärke nicht darin sehen das Spiel selber aufzuziehen. Gladbach,
Hannover und Dortmund haben aufgezeigt, wie man das System knackt. Effektiver
Umschaltfußball. Das sind Mannschaften, die sehr selten den Ball lange in der
gegnerischen Hälfte halten. Der Ballbesitz findet, wenn überhaupt, in der eigenen
Hälfte statt, was dann den aufrückenden Gegnern beim schnellen umschalten mit
langen Bällen zum Verhängnis wird.
Die Effektivität dieser Spielweise ist unumstritten, nur
sehe ich darin kein internationales Potenzial oder finde besonderes Gefallen
daran. Die Bayern orientieren sich nach oben, an den FC Barcelona. Die zelebrieren
den Ballbesitz und das Hineindrängen des Gegners in die eigene Hälfte. Barcelona
hat aber auch die Zeit und die Mittel investiert um eine perfekte Mischung an
Spielern für dieses System zu finden. Sie scheuen nicht davor zurück dreistellige
Millionenbeträge für das Zusammenstellen der ersten Mannschaft auszugeben. So
kostete die Suche nach einem mitspielenden Stürmer, mit Henry, Ibrahimovic und letztendlich
Fabregas und Villa, insgesamt 204 mio Euro (Eto´o Tausch inbegriffen). Auch die
über Jahre gewachsene Jugendarbeit, mit weltweit agierenden Jugendscouts und
einer klaren Spielphilosophie, ist bei Bayern ebenfalls lange nicht soweit
fortgeschritten.
Ganz im Gegenteil. Ein Strafraumstürmer wie Gomez ist eher
kontraproduktiv um auf das Niveau der Katalanen zu kommen. Er lebt einzig von
der individuellen Klasse der beiden Außenstürmer Ribery und Robben. Wenn der
Ball in den Sechzehner des Gegners gespielt wird und Gomez kann ihn nicht
direkt abnehmen, ist der Ball auch meist daraufhin wieder weg. Ich persönlich
begrüße Bayerns mutigen Weg zum Offensivfußball, alles andere könnte ich mir
nur mit Bauchschmerzen anschauen, aber es schadet ja nichts die Spritzigkeit
und die Lauffreude anderer Mannschaften in das eigene Konzept einzubinden und
letztendlich darauf hinzuarbeiten den Ball durch die entstehenden Gassen in der
Mitte zu spielen.
Mit Alaba hat sich aus der eigenen Jugend eine perfekte
Lösung für die linke Seite ergeben. Schnell, lauffreudig, offensivstark und mit
viel Potenzial nach oben. Wäre das derzeitige Konzept der Bayern nicht so
erfolgreich und Gomez nicht als alleinige Spitze so treffsicher, dann würde ich
heute schon auf das Barca Prinzip umstellen und mir eine längere Findungsphase
gönnen. Im Tor haben wir einen der Besten. Neuer
Die Abwehr ist jung und stand zum Ende der letzten Saison
schon fest. Alaba – Badstuber – Boateng – Lahm
Auf der Doppelsechs ist Schweinsteiger gesetzt, daneben
fehlt noch ein Weltklassemann. Die kosten ungefähr 40-50 Millionen. Gomez dafür
hergeben.
Das Mittelfeld besteht im Grunde aus einer offensiven Viererkette
und löst den klassischen Stürmer ab. Ribery – Kroos – Müller – Robben
Müller kann die kurzen Wege im Sechzehner auch machen, wenn
nicht sogar besser als Gomez, weil spontaner und einfallsreicher aus dem
Mittelfeld heraus mit mehr Übersicht und Tempo. Alle vier können vor dem
gegnerischen Tor gefährlich auftauchen, sind abschlussstark und vor allem, sie
spielen den finalen Pass und haben die Technik dafür mal auf den Ball zu
treten, voran Stolper Gomez bereits scheitert. Das wäre doch mal was. Bayern
schiebt eh bevorzugt den Ball in der gegnerischen Hälfte hin und her, dann stecken
in dem 4-2-4 System aber viel mehr Gefahr, Ideen, Bewegungen und Möglichkeiten
drin. Wo habe ich denn jetzt die Nummer vom Uli…
Merkwürdigerweise bin ich gar nicht so scharf auf eine brutale Titeljagt. Titel sind die angenehme Begleiterscheinung, wenn man attraktiven und effektvollen Fussball spielt.
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