Dienstag, 6. August 2013

Fliegen

„Sie fliegen um zu siegen,
fliegen Fracht und fliegen Ziegen,
fliegen bis die Fetzen fliegen,
sie sind Sieger wenn sie fliegen!“ Käpt´n Balu


Wer bei der Überschrift an Freiheit, blauen Himmel und Abenteuer denkt, liegt gar nicht mal so falsch. Es geht mir zwar um die Fliegen und nicht um das Fliegen, aber dafür lebe ich auf dem Dorf und dort gibt es zweifellos sehr viele Fliegen und den blauen Himmel und all den Rest.
Meine Wohnung ist umzingelt von Bauernhöfen, der Brutstätte für 90 Prozent aller Fliegen auf der Welt. Die restlichen zehn Prozent gehen an Afrika. Auf dem schwarzen Kontinent sind die Fliegen wenigstens noch für etwas nütze, zumindest wenn man die Regisseure der Betroffenheitswerbung von Aktion-Mensch fragt. Bei William Golding ist der Herr der Fliegen ein aufgespießter Schweinekopf, der das Revier der rivalisierenden Jugendbanden absteckt. Bis hierhin und nicht weiter! Die Kinder halten sich nicht dran, die Fliegen schon. Nun kann ich mir schlecht einen aufgespießten Schweinekopf in den Garten stellen, um mein Fliegenproblem zu lösen.

Aufgrund der Hitze habe ich das Bedürfnis bei offenem Fenster zu schlafen. Ach, wem mache ich was vor? ich lasse alle Fenster auf, ständig, es ist so verdammt heiß und zwar drinnen! Die Fliegen interessiert das nicht, die kommen ungefragt rein und bleiben. Erst dachte ich, es könnte an mir liegen. Hygiene, Obst, Verdauung, Gründe gibt es genug. Erst mein Nachbar lokalisierte den gegenüberliegenden Bauernhof als Ursprung der Plage. Merkwürdig, als ich den Grund noch bei mir fand, konnte ich ganz gut mit der Situation leben… Freud, was ist da los?
Und vor allem, was motiviert die Fliegen dazu aus ihrem wohligen Schweinestall über die gut frequentierte Straße, durch mein, im Verhältnis zum Mauerwerk, kleines Fenster zu fliegen? Das ist doch was persönliches! 

Wenn das Licht aus ist, hört es sich an, als ob ein Formel 1 Rennen in meinem Schlafzimmer ausgetragen wird. Nur in klein, wie auf dem Handy, quasi. Zoom, Zoom, Zoom. Die Fliegen sind schwer zu zählen, ich schätze mal es sind 20 Stück. Pro Zimmer. Es wäre sehr fahrlässig unter diesen Umständen seine Teleportationskammern zu nutzen. Mittlerweile freue ich mich schon, wenn mal eine Mücke darunter ist. Die Fliegenfänger an den Decken sind so dermaßen überladen, dass sie drohen jederzeit zu Boden zufallen. Bei 1,96 m Körperlänge kann ich für die Fliegenfänger nur die Raumecken nutzen, weil ich sonst Gefahr laufe mich selbst zu verheddern. Die Kapazitäten sind bald erschöpft. Die beliebteren Fliegenfänger bleiben trotzdem dran, als Mahnung.

Ich versuche die Fliegen zu ignorieren. Ich lasse sie über meine freien Unterarme und das Gesicht krabbeln, ohne eine Reaktion zu zeigen. "If you can´t beat them, join them", wie mir mein achtjähriger Brieffreund Chukwuebuka aus Niger letztens schrieb. Das funktioniert nur bedingt. Eine Fliegenklatsche besitze ich nicht. Erstens müsste jemand die Leichen beseitigen und zweitens würde ich dann nichts anderes mehr machen, als wie ein Irrer mit der Klatsche um mich zuschlagen. Würde mich nicht wundern, wenn darauf der Ausspruch "der hat doch eine Klatsche" basiert. Außerdem: "Wenn du eine tot haust, kommen zehn zur Beerdigung."

"Mach doch Fliegengitter vor die Fenster." Nein! die Dinger haben immer Schwachstellen und die Löcher sind nicht klein genug um die Baby Fliegen auszusperren. Die älteren, zum Teil schon mehrere Stunden alten Fliegen schmuggeln die Baby Fliegen über Nacht durch das Fliegengitter. Dazu kommt das Anbringen des Fliegengitters. Es ist eben nicht "total easy", "mal eben gemacht", es ist eine Last und ich möchte eine Lösung, die lässig anstatt lästig ist...

Mir bleibt womöglich nichts anderes übrig als zu hoffen, dass der Name Eintagsfliege Programm ist. Morgen, spätestens Übermorgen war es das mit Marty McFly und für das Massaker darf sich dann ein anderer rechtfertigen. 
Interessante Vorstellung: die Lebenserwartung eines Lebewesens misst sich am Nervfaktor. Fliegen haben entsprechend nur einen Tag, Hunde 12 Jahre, Katzen 17 Jahre, Junkies... 
Schildkröten werden hingegen über 100 Jahre alt und die nerven wirklich Niemanden. 
Da ist was dran.

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