Sonntag, 3. Oktober 2010

Amsterdam

"And time is on your side
Its on your side now
Not pushing you down
And all around, no
It’s no cause for concern" Coldplay

Wenn man mit Menschen redet, die eine Metropole besucht haben, dann erzählen sie hauptsächlich von den positiven Aspekten und natürlich davon wie unheimlich toll, es gibt kaum ein anderes Adjektiv, es dort ist, ganz besonders im Vergleich zu hier. Das sind die ersten die weinen, wenn es im Urlaub mal regnet. Mit solchen langweiligen Ausführungen möchte ich gar nicht erst anfangen.

Ich finde es ja immer spannend zu sehen, ob die Städte dem überzogenen Bild, das man aus diversen Filmen kennt, standhalten können. Etwas unfair der Stadt gegenüber, aber die wollen es ja nicht anders. Gelesen, gesehen und gehört, habe ich schon viel über Amsterdam. Drogen, Nutten, Grachten, Anne Frank, Liberalismus, mit diesen Stichwörtern hältst du jeden Klischeekiffer den ganzen Abend am fabulieren.
Das waren alles keine Gründe für Martin und mich die Stadt zu besuchen.

Tatsächlich bezeichne ich unseren dreitägigen Aufenthalt als Urlaub. Was dagegen sprach, war die Buchung eines Achtzehnmann Zimmers in einem Hostel in der unmittelbaren Nähe des Rotlichtviertels. Was dafür Sprach, waren der angenehme Spätsommer und die Gelegenheit Silke, eine Freundin aus der bewegten Jugend, wieder zusehen. Martin und ich gingen grundsätzlich zu Fuß, schauten uns alles an, merkten uns nichts und tranken in willkürlich herbeigeschlenderten Bars Heineken Bier. Was willst du denn auch sonst machen? Für einen tieferen Eindruck reichte das allemal aus und das Wetter war, wie bereits erwähnt, ein milder Spätsommer. Der nächste Spätsommer, möchte nie der Spätsommer deines Lebens sein, was ihn so sympathisch macht.

Die Stadt

Amsterdam sieht genau so aus wie in dem Film Layer Cake. Die Stadt wird bis zur Stadtmitte hin von vier Flüssen umringt, genannt Grachten. Zudem verläuft ein Fluss gerade auf die Stadt zu. Was in der Theorie schon verwirrend klingt, verwandelt in der Praxis das Stadtbild zu einem Meer aus Brücken. Orientierung ist nicht gerade meine Stärke, ich würde sogar soweit gehen und Orientierungslosigkeit als meine größte Schwäche bezeichnen, neben dem Kopfballspiel, aber was Amsterdam angeht, muss ich mir wirklich keinen Vorwurf machen. Es sieht alles gleich aus. Die schmalen Häuserreihen erstrecken sich entlang der Grachten, hin zur nächsten Querstraße und da Amsterdam so klein ist, steht man plötzlich im falschen Stadtteil, ohne es bemerkt zu haben.

Laut Silke dauert in Amsterdam alles zehn Minuten, was sich bestätigt hat und wenn wir bei Zahlen bleiben wollen, kann man sagen, in Amsterdam kostet eine Stunde zehn Euro. Alles ist auf Tourismus ausgelegt. Es leben kaum Amsterdamer in Amsterdam, dementsprechend sind die Preise. Flaches Land, hohe Preise. Alkohol ist auf den Straßen nicht erlaubt, was die Basis für die vielen Bars und Restaurants darstellt. Unheimlich nervig empfand ich die ganzen Radfahrer. Die Stadt ist überfüllt davon. Ständig klingelt dich jemand aus dem Weg, nur damit du dem nächsten im Weg herum stehst. Die Radfahrer haben zwar stellenweise ihre eigenen Straßenverläufe, aber oft wird es unangenehm eng auf den Wegen. Radfahrer, die lautlosen Killer. Sowieso gibt es dort viel zu viele Menschen. Der Samstagmorgen waren die besten Stunden. Die Stadt war recht leer und nicht so bedrückend und schnelllebig. Man wurde gar nicht an den Tourismus erinnert. So könnte es immer sein.
Das berühmte Rotlichtviertel ist wie jedes Rotlichtviertel. Bei Nacht ansehnlich illuminiert und tagsüber von zwielichtigen jungendlichen mit Kapuzenpullis bevölkert.

Die Abende

Donnerstag trafen wir Silke in einem „etwas außerhalb der Stadt, weg vom Tourismus gelegenen“ Restaurant. Also zehn Minuten vom Stadtkern entfernt. Das Restaurant war nett und tatsächlich nicht überlaufen. Silke lebte sieben Jahre in London, ein Jahr in Amsterdam, aktuell in Wien und demnächst in Hamburg. Wer denkt bei diesen Stationen nicht zuerst an eine Karriere im Drogenhandel? Was sie in ihrem eigentlichen Beruf genau macht, ging mir jedenfalls nicht so richtig auf. Wir machten die obligatorischen Heute zu Früher Vergleiche, redeten über die Stadt und darüber was unsere ach so heiratsfähige Generation alles falsch macht. Besonders sie. Welche Frage einem Zwangsläufig beschäftigt, ist, warum sind die Frauen in Amsterdam alle so jung und, wie es Martin ausdrückte: scharf? Es muss am ganzen Radfahren liegen, was uns ein dicklicher Rikschafahrer später noch bestätigen sollte.
Falls ich mal dazu gezwungen sein sollte, an einem „Überall anders sind die Wiesen grüner“ Gespräch teilnehmen zu müssen, wird dies mein einziger Beitrag sein.
Ich könnte jetzt wirklich ins Detail gehen, aber weiter im Text…

Am Freitagabend stießen Silkes Bruder und dessen Kumpel, sowie Silkes Mitbewohnerin zu unserer Runde. Die beiden Jungs beantworteten uns auch gleich die oben gestellte Frage, was man denn  in Amsterdam sonst noch so machen könnte. Sie wollten Nutten schauen und Kiffen gehen. In den omnipräsenten Coffeshops darf kein Tabak konsumiert werden und vor der Ladentür kein Marihuana. Soweit der offizielle Teil. Gekifft wurde trotzdem in jeder Ecke. Es riecht ja gut, aber lähmt einen den Abend.
Christoph meinte, ungestreckt scheißt du dir bei diesem Hochgezüchteten Zeug direkt in die Hose. Davon mal ab, wer kommt denn zum kiffen nach Holland?

Martin: „Zum Glück haben die kein Extasy legalisiert, sonst kämst du in dem Achtzehnmann Zimmer gar nicht zum pennen.“

Ich hatte das Gefühl, Silke wollte mir mit der Location einen Gefallen tun. Wir gingen ins Rain. Eine Bar, die zu späterer Stunde zu einer Tanzbar umfunktioniert wurde. Nennen wir es Club. Es wurde R und B gespielt, später sogar richtige Rapmusik. Das Publikum bestand ausschließlich aus Schwarzen und uns Quotenweißen. Der Abend war wieder sehr angenehm, auch wenn Martin die Atmosphäre nicht zusagte und er uns nach dem ersten Bier in die Nacht verlies.

Eindruck

Einmal im Leben kann man Amsterdam besuchen. Gerade weil es für 29 Euro mit dem IC so bequem ist. Vom Prinzip her, hat sich Amsterdam einiges bei Disneyland abgeschaut und so sollte man seinen Aufenthalt auch planen und einschätzen. Das Sexmuseum ist nicht so überwältigend, wie es bei William Sutcliffe beschrieben wurde. Es wirkt eher wie das Hobby eines alten Perversen.
Es kommen noch ein paar Fotos und irgendwann mal ein Text über das Leben junger Globetrotter und weshalb das nie meins sein wird.

Martin

Silke

 Der Blick aus dem Zimmer

Gracht hinterm Hard Rock Cafe. 
Dort kann man gut sitzen, Bier 7,50€

Menschenmenge um Straßenkünstler

 Darth Vader vor den Bauarbeiten an dem Todesstern

Phallussymbol in der Innenstadt

 Hier gibt es englisches Frühstück

Diamonds are girls best friend

Die schmalste Gracht Amsterdams

Saß man selber in der Rikscha, 
nervten plötzlich die Fußgänger

laut, lustig, liberal

 So sieht es aus, wenn das flache Land aufhört
und Amsterdam beginnt

18 Betten, unisex, keine Steckdose

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