Mittwoch, 29. Oktober 2008

Teilzeit Part VII - The final Cut

Das war der letzte Tag. Als ich zu Hause ankam, war es 5 Uhr morgens. Perfekter Zeitpunkt um bei der Teilzeitfirma anzurufen. Ich erklärte denen meine Sicht der Dinge und war nach Abgabe der letzten Stundenzettel und der Klamotten wieder ein freier Mann. So muss sich Jesus am Ostermontag gefühlt haben. Aber erstmal war ja Weihnachten. Irgendwo ziemlich schwach von mir die gesamten drei Monate nicht durchgehalten zu haben, aber mir nahm es auch niemand aus meiner arbeitswütigen Familie übel. Das soll schon was heißen. Die Kohle reichte gerade mal um das Semester mit allen anstehenden Besorgungen zu finanzieren. Ein Witz und auch im Nachhinein keine schöne Erfahrung. Die Leute von der Teilzeitfirma ließen mich nur schweren Herzens ziehen. Verständlich bei dem Gewinn den ich eingefahren hatte. Vom Chef der Müllmänner erfuhr ich, dass die für mich 44 Euro bezahlen, davon bekam ich 8 oder 9 Euro. Weiß nicht mehr. Ein Euro mehr jedenfalls, weil ich Hochschulreife hatte. Reif für die Hochschule war ich danach wirklich.

Teilzeit Part VI - Run like hell

"You better run like hell
You better run all day
And run all night
And keep your dirty feelings
Deep inside" Pink Floyd

Ich hatte die Fresse voll von der Teilzeitfirma und ihrer Angewohnheit mir erst im letzten Moment meine Missionen mitzuteilen. Mein Plan war es, am kommenden Mittwoch meinen Kofferraum ordentlich mit Weizenkornflaschen aufzufüllen. Entweder schmeißen sie mich raus, für den Fall würde ich noch zwei Flaschen Korn in meiner Jacke verstecken, oder ich kündige und mache mich als Schnapsbaron selbstständig. So war der Plan. Am Dienstag um 16 Uhr klingelte mein Handy und ich wurde an eine andere Firma ausgeliehen. Genau das meinte ich. Auf nach Minden, Nachtschicht. Für mich war klar, dies ist mein letzter Arbeitstag, also konnte ich die Sache ruhig angehen lassen.

Am Empfang hing ein Zettel für mich mit der Aufschrift: Meister, einmal ums Gebäude, dann Halle 3. Ich saß an einem Fließband einer Firma, die Aschenbecher von und vermutlich auch für Beck´s herstellte. Hier arbeiteten nur geheimnisvoll tuende Inder und Teilzeit Hausfrauen, die in ihrer Freizeit sicherlich von ihren Männern geschlagen wurden. Ich saß in einer Reihe mit zwei weiteren Arbeitern, am Kopf des Fließbandes. Die Aschenbecher köddelten im Schneckentempo aus der Maschine und schlichen an mir vorbei. Sechs Aschenbecher kamen in eine Verpackung. Ich alleine hätte bei diesem Intervall das Fließband jedes Mal Leerräumen können. Damit meine beiden Kollegen aber nicht untätig rum saßen, musste ich 2/3 der Aschenbecher an mir vorbeitrudeln lassen. Ich malte mir aus, wo einer der, oberflächlich leicht mit Terroristen zu verwechselnden, Mitarbeiter eine Bombe verstecken würde. Möglichkeiten gab es genug. Zum Beispiel hinter dem Getränkeautomaten. Dort hätte es mich jedenfalls erwischt. Die Zeit verging nicht. Es gibt einen Grund warum keine Uhren an die Wände solcher Fabriken gehängt werden. Mein perfekt geplantes Verbrechen und den damit verbundenen Lebensabend als Schnapsbaron, hatte ich schnell der Situation angepasst. Ich würde Aschenbecher mitgehen lassen. Okey, ich rauche nicht, aber es gab damals schon genug Idioten, die bereits weiter oben im Text gedacht haben: cool, Beck´s Aschenbecher!
Denen könnte man damit sicherlich eine Freude machen. Ich blieb gewohnt professionell und steckte pro Jackentasche nur einen Aschenbecher ein, sonst klimpert es. Das machte insgesamt drei Aschenbecher. Nur dank meiner Selbstauferlegten Scheißegal-Haltung, drehte ich nicht durch. Dazu kam die Müdigkeit. Als die Schicht vorbei war, ging ich, mitsamt meinem Diebesgut, zu den zuständigen Schichtleitern, oder wie die sich auch immer betitelten, und fragte ob sie mir eine Unterschrift für den heutigen Tag geben würden.
Schichtleiter: „Ich dachte, Du kommst morgen noch mal wieder.“
Ich: „Nein.“

Teilzeit V - It would be so nice

"And no one knows what I did today
There can be no other way
But I would just like to say
It would be so nice" Pink Floyd


Ich durfte ein Crewmitglied der geheimnisvollen Männer in Orange werden.
Nur nicht in Orange. Ich trug zum ersten Mal meine privaten Klamotten, also bis auf die Schuhe. Die Arbeit begann um 6 Uhr und endete in der Regel um 15 Uhr. Super Arbeitszeiten, man hatte endlich noch was vom Tag. Ich war in der Sperrmüllkolonne und fuhr bei einem Typen mit, der seinen Sperrmülllaster von oben bis unten mit nackten Frauen tapeziert hatte. Die Frauen auf den Postern sahen so aus, als ob er die passende Coupé oder Praline bei der Arbeit gefunden hätte. Auf dem Armaturenbrett war eine oben ohne Hawaiianerin, deren Brüste bei jedem Huckel wackelten, als wollten sie zu jedem Schlagloch „ja“ sagen. Den Fahrer nennen wir mal... Kowalski. Sein echter Name war unaussprechlich. Es ist allein deswegen unmöglich für mich ihn fehlerfrei aufzuschreiben und dazu noch der Datenschutz.

Nachdem ich mich in den ersten Tagen akklimatisiert hatte und Fahrer Kowalski und ich uns scheinbar einig waren, dass während der Arbeit nicht geredet wurde, schaute ich jeden Morgen zuerst auf die Route und beschloss die paar Dörfer bis zum ersten Einsatzort zu verschlafen. Das ging in Ordnung, weil mir erstens die teilweise schwere Arbeit nichts ausmachte und ich zweitens immer gut gelaunt aufwachte. Da es langsam auf Weihnachten zuging, war das Trinkgeld recht üppig. Hin und wieder gab es auch Alkohol, den ich leider nicht immer zwischen den kaputten Sofaecken, Bettlatten und Kommodenschubladen gefunden hatte und ihn ausversehen mit in die Presse beförderte. Seitdem wurde ich bei jedem Klirren gefragt, was da gerade eben über meine Schulter, direkt in die Müllpresse geflogen kam. No look Entsorgung, quasi! Und ich sagte stets: Nachttischlampe. Neben dem Trinkgeld wurde die Kasse mit Kupfer aufgebessert. Kupfer ist das Gold der Müllmänner, es sei denn, jemand findet Gold. Kam aber meines Wissens nach nicht vor. Ich habe mir sagen lassen, dass ohne diesen Nebenverdienst das Gehalt nicht ausreichen würde. Die Gehaltseinsparungen waren natürlich auch meine Daseinberechtigung.

Im Gegensatz zu dem Trinkgeld, wollte er meinen Humor nicht mit mir teilen. Eines Tages mussten wir eine komplette Küchenzeile zerkleinern. Es war die hässlichste Küche, die ich je gesehen habe: Schachbrettmuster.
Ich: „Wer wohnt hier? Gottlieb Wendehals?“ – Nichts.
Als wir einen Berg kaputter Fernseher abholen mussten, antwortete ich auf seine Vermutung, dass hier wohl jemand leidenschaftlich Fernseher repariere, mit:
„Oder ein Schalke Fan wohnt im zweiten Stock!“ – wieder Nichts.
In einem eher herunter gewirtschafteten Stadtviertel wurde ich nach meiner letzten Tetanusspritze gefragt und ich antwortete mit:
„Beim letzen Haus hatte ich eine in der Hand!“ - Noch nicht einmal ein Schmunzler. Mensch Kowalski, mach es dir doch nicht schwerer als es ohnehin schon ist, dachte ich.

Das Ghetto war am besten. Die Leute dort warfen zeitgleich mit unserem Antreffen die Möbel aus dem Fenster. Remmi Demmi. Kinder spielten in den zwei Meter hohen und vierzig Meter langen Sperrmüllhaufen. Man musste aufpassen, dass man kein Nachtschränkchen auf den Kopf bekam oder eines der Kinder mit einlud. Die dachten vermutlich auch: Hauptsache raus hier, egal zu welchem Preis. Was dem Fahrer das Kupfer war, war für mich Vinyl. Ich habe tatsächlich tadellose Pink Floyd und Udo Jürgens Platten gefunden.
Kowalski: „Hast Du Müll mit in den Laster genommen?“
Ich: „Nee, nur ein paar Platten von Pink Floyd!“
Kowalski: „Sag ich doch, Müll.“ - Lustig Kowalski, saulustig.

Eine weitere Affinität hatte Kowalski VHS Kassetten gegenüber. Ich fragte ihn, aus einem wiederholten Anflug von Humor, ob er eine Kopie von Dirty Dancing noch gebrauchen könnte. Kowalskis aufschäumendes Interesse verwunderte mich etwas.
Kowalski: „Dirty was?“
Ich: „Dancing!“
Ich wollte gerade anfangen „I´ve had the time of my life“ zu singen, als er mich unterwies, jeden Porno den ich finden würde zum Kupfer zu legen. Es war nie ein Porno dabei, obwohl man nie wissen kann.
Einen von fünfzehn Mülltagen wurde ich der Altpapierkolonne zugeteilt, was einen neuen Fahrer bedeutete. Dieser Fahrer redete, im Gegensatz zu Kowalski, ununterbrochen. Was für mich bedeutete: No Sleep till Feierabend. Dieser Mann hatte eine Angewohnheit, die ich bisher nur von Frauen kannte. Er band unbekannte Personen in seine Reden ein, die er weder mit einer kleinen Erklärung noch mit Nachnamen versah. Bei Prominenz ist das ja auch kein Problem... So kam es, dass er im vorbeifahren erwähnte: "und hier wohnte Jürgen Fliege!" Bevor er weiter schwadronieren konnte, hakte ich nach.
Ich: „ DER Jürgen Fliege hat da mal gewohnt?“
Fahrer: "Ja, ich habe mit dem frührer Volleyball gespielt!“
Ich: „Hätte nie gedacht, dass ein Pastor Volleyball spielt!“
Fahrer: „Ja, der ging immer richtig zur Sache.“
So ging das eine ganze Weile. Ich fragte und der Fahrer antwortete, zu meinem wachsenden Erstaunen, wie selbstverständlich. Erst eine halbe Stunde später, als ich auf Flieges Buchtitel „Sehnsucht nach Heimat: Entdecke die Wurzeln, die dich tragen“ zu sprechen kam, wurde er stutzig.
Fahrer: „Du meinst wohl den Fernsehprediger, Jürgen FLIEGE.“
Na klar meinte ich den. Später erfuhr ich, dass es um einen anderen, zivilen Jürgen ging, der fast genau so hieß… das kommt davon, wenn man nicht richtig zuhört oder man nicht vernünftig erklärt wer gemeint ist. Nach drei Wochen kam wieder ein Anruf aus der Teilzeitfirma. Ich hatte zwei unbezahlte Tage frei und am folgenden Mittwoch sollte ich in die Strothmann Brennerei. Weizenkorn ist gemeint, für alle mit einem besseren Geschmack.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

Teilzeit Part IV - Coming back to life

"While the days slipped by
from my window watching" Pink Floyd

Schon wieder musste ich sehr weit für meine Mission fahren. Erfahren hatte ich das um 5 Uhr morgens am Telefon. Viel zu kurze Wegbeschreibung für einen viel zu langen Weg und ab ins Auto. Ich kam nur eine Stunde zu spät zu meinem neuen Job als Fensterbauer. Die Kunststofffenster wurden am Rollband in Fließbandarbeit zusammengesetzt und letztendlich verladen. Es war wie damals im Werkunterricht. Über den großen Werktischen hingen Bohrer, Heißluftklebepistolen, Druckluftdinger und Stromverteiler herunter. Ich wurde fast ans Ende der Produktionskette eingeteilt. Meine Aufgabe war es, die Unterlegscheiben für das Fensterglas einzusetzen und wenn sie nicht hielten, eben auch festzukleben. Links neben mir stand ein Familienvater der hier seit geraumer Zeit arbeitete und Angst um seinen Job hatte. Er fragte mich sehr genau über die Arbeitsbedingungen bei der Teilzeitfirma aus. Ich erzählte ihm, dass die Arbeitsvermittler jeden Mitarbeiter primär in seinem erlernten Beruf einsetzen würden. Ihn, der schon so lange Erfahrungen auf dem Fenstersektor gesammelt hatte, würden die nicht, so wie mich, ins Moor jagen oder sonst wohin. Nachdem ich ihm erzählte, ich hätte mich von vornherein als Produktionshelfer ausgegeben, merkte er an, dass ich neben ihn stehen und dieselbe Arbeit verrichten würde wie er. Oh. Gibt es den Beruf „Fensterbauer“ überhaupt? Etwas Unruhe machte sich breit.

Zu meiner Rechten stand ein Mensch, selbst so groß wie die 2m Fensterelemente, die wir herstellten und mindestens genauso breit. Er hatte etwas von einem Indianer. Heute würde ich sagen, er sah aus wie der Wrestler und Schauspieler „The Rock“. Er beförderte ohne Hilfmittel die fertigen Fenster mühelos in den Laster. Somit war er für den letzen Arbeitsgang zuständig, die Fenster in die Fassung setzen, ankleben und die Sprossen vorknallen. Fertig. Hin und wieder setze auch ich die Scheiben für ihn ein. Endlich Verantwortung.

Am zweiten Tag bekam ich Handschuhe, weil ich das Pflasterfach im Erstehilfekasten leer gemacht hatte. Die Fensterscheiben haben, trotz ihrer Dicke, doch sehr scharfe Kanten. Die beiden Kollegen waren nett, die Arbeit war okey und auch sonst konnte man es hier gut aushalten. Es war das erste Mal, dass ich nicht ausrechnete wie viel ich mit jedem Handgriff verdiene. Das einzige was mich nervte, war der lange Hinweg. Ich begann im Dunkeln und fuhr im Dunkeln nach Hause. Es gab zwar reichlich Fenster in der Halle, aber man bekam trotzdem die Sonnendämmerung nicht mit. „The Rock“ schenkte mir seine Mitarbeiterkarte für den Getränkeautomaten und ich setze ab jetzt für ihn die kleineren Fensterscheiben ein und half ihm beim Einladen. Er kloppte mir auf die Schulter, wobei er sie fast abriss und meinte, wenn ich mal ordentlich was essen würde, könnte aus mir auch mal ein richtiger Kerl werden. Den Ratschlag befolge ich bis heute. Und, was soll ich sagen? er hatte Recht! In den drei Tagen bekam ich eine Vorstellung davon, dass ich es vielleicht doch bis zum Studienbeginn im März aushalten konnte. Ich hatte mich bewert, die Jobs wurden so langsam humaner. Die nächste Mission lief unter dem Decknamen: Müllabfuhr.

Teilzeit Part III - Brain Damage

"Rut mit´n Torf, hau rin und hohl rut, das matscht so schön und tut so gut" Torfrock

Meine dritte Mission führte mich an den Rand meines Orientierungssinnes. Ich wurde in einem Moorgebiet eingesetzt, eine Woche lang. Von den Torffeldern wurden Galeeren mit Torf zu der entfernten Verarbeitungsfabrik transportiert. Dort saß ich, direkt an den Schienen. Mein Job war es die Galeeren maschinell zu kippen, sodass der Inhalt in ein alles zermalmenden Moloch rutschte. Die erste Schicht bestritt ich noch begleitend mit einem Arbeiter. Obwohl ich nichts tun musste außer zuzuhören, wurde der Tag bezahlt, weshalb ich nervig gut gelaunt war und nicht zuhörte. Drei Knöpfe musste ich drücken, wie schwer könnte das schon sein? Das Stoppen, Einrasten, Kippen, Lösen der Raster und weiter fahren lassen der Galeeren hatte einen ganz bestimmten Rhythmus, damit die Maschine nicht verstopft. Falls das mal eintreffen sollte, musste ich die Maschinen stoppen und den Durchlauf reinigen. Immer wieder wurde mir von allen denen ich begegnete geraten niemals, wirklich niemals, die Hände in den Durchlauf hineinzustecken. Wieso sollte ich das tun?

Ab dem zweiten Tag wurde ich auf mich allein gestellt. 80 Wagen rollten in einer Schicht durch. Das entnahm ich dem Notizbuch, in dem jede Entleerung mit einem Strich notiert wurde. Ich hatte mir mein eigenes Buch mitgebracht.
Die Maschine verstopfte Stündlich. Als ich einen Besenstiel zum nachstopfen benutzte, wusste ich warum man niemals, wirklich niemals, seine Hände in den Durchlauf halten sollte. Der Besenstiel ist ein Gewesener, wie John Cleese sagen würde. So kleingehäckselt wie der Torf selber. Nicht nur das ständige Verstopfen der Maschine trieb meinen Durchschnitt in den Keller, sondern auch diverse Entgleisungen, Kettenrisse und Pinkelpausen. Außerdem fror ich mir den Arsch ab, was erschwerend hinzukam. Einmal habe ich während der Mittagspause eine Unterhaltung von zwei Mitarbeitern belauscht. Ich traf dort sonst niemanden und war deshalb sehr empfindsam für menschliche Stimmen. Es hieß, dass die Arbeiter auf dem Feld kaum Galeerennachschub bekamen. Meine Schuld, klar. Ich bog schnell in einen anderen Ruheraum ab. Weiter oben und weiter hinten. Der Raum war größer und schöner eingerichtet und immer leer. Seitdem verbrachte ich meine Mittagspausen nur noch dort. Leider teilte ich dieses Versteck mit einer der Putzfrauen. Sie erzählte mir immer grausige Geschichten über das Moor. Einmal soll ein Mann seiner Zukünftigen in einem Heißluftballon über dem Moor gerade einen Antrag gemacht haben, als dessen Brenner das Methan, das sich über dem Moor sammelt, entzündete. Alle tot. Sie erzählte von ihrem Sohn in meinem Alter und der beschissenen Wirtschaftslage, die schuld daran sei, dass ein so netter junger Mann wie ich hier arbeiten müsse. Von meinen Studienplänen habe ich ihr nichts erzählt. Ich genoss das Mitleid.

Am vierten Tag entdeckte ich, dass gegenüber von mir ebenfalls jemand die Wagen zum kippen brachte. Ein Kollege. Ein sehr behäbiger Kollege. Er wußte was er tat und fiel deshalb kaum auf. Hätte er den Blaumann gegen ein Weihnachtsmannkostüm getauscht, hätte er mit seinem Rauschebart und seiner Plauze auch den Weihnachtsmann geben können. Aber er meinte, wenn du Blähungen hast, bekommst du nirgends einen Job als Kaufhausweihnachtsmann. Da war was dran. Er machte sich über meine miese Quote lustig und gab mir ein paar Tipps. Ich sollte die Maschine leer laufen lassen usw.

Am fünften und letzten Tag wurde ich mit einem viel zu kurzem Besen in den Bauch jener Maschine geschickt. Alles war völlig mit Torfschnipsel übersät. Was ich da an einem Tag zusammenfegte, habe ich nicht in der gesamten Woche durch den Moloch gejagt. Wenigsten war es warm da unten. Und der Tag geht durch ehrliche Arbeit auch viel schneller rum.
Mein Auto war überdurchschnittlich verschmutzt. In jeder Ritze saß Torf. Selbst im CD-Player lag eine CD von Klaus Büchner. Neue Woche, neue Mission. Ich fühlte mich schon wie eine richtige Doppelnull.

Teilzeit Part II - A new Maschine

"I will always be here
I will always look out from behind these eyes
It's only a lifetime" Pink Floyd

Meine nächste Mission führte mich nach Hannover. Ich sollte mich vor der Ortsausfahrt mit jemanden treffen und eine Fahrgemeinschaft bilden. Ich kam extra früher und habe mein Auto im hintersten Eck geparkt.
„Sorry, ich wurde gebracht, Du kannst doch sicherlich fahren?“.

Ich wusste im voraus von unserem Chef, dem Menschenhändler, dass mein Mitarbeiter Auto und Führerschein hatte und theoretisch das Fahren übernehmen könnte. So ersparte ich mir unnütze Diskussionen. Fahrgeld wurde nämlich nur sehr spärlich gezahlt. Nach einer ruhigen Fahrt in Hannover angekommen, warteten wir erstmal eine halbe Stunde in einem unklimatisierten Raum. Unsere Aufgabe war es, für das Weihnachtsgeschäft Bestellungen verschiedenster Zusammenstellung zu verpacken und zu verladen. Ich war für das Zusammenstellen und Verpacken zuständig. Das „Ameise“-Fahren überließ ich anderen. Drei Typen arbeiteten fest im Lager der renommierten Firma, die Verantwortung über den Warenausgang hatten zwei ratlos wirkende Studenten.

Die drei Festangestellten Arbeiter hätten unterschiedlicher nicht sein können. Zum einen ein kleiner, dünner Lockenkopf, der ständig mit Kopfhörern rum lief, aber diese Riesendinger, wie sie Copiloten tragen. Er blätterte jede Pause in seinem Technik Katalog herum und murmelte so was wie: „Man, krass, Mini Disc wird das nächste große Ding“. Er zeigte mir aus einem seiner Kataloge einen Ohrensessel mit eingebauten Kopfhörern und einem integrierten Mini Disc Player. Darauf würde er sparen.
Zum anderen war das ein stummer Türke, den man nur hin und wieder durch die weit verwinkelten Gänge der Lagerhalle fluchen hörte. „Scheiße! Drecks Schnee“.
Gemeint war der Kunstschnee, den er über den kompletten Gang verteilt hatte. Aber der Beste und der heimliche Chef des Ganzen war der Dritte im Bunde. Fetti Fetti Fett Fett. Ich habe ihn so getauft, weil er kein Doppelkinn hatte, sondern ein Doppelgesicht. Eine durchgängige Wulst stülpte sich im Ansatz rund um über sein Erstgesicht. Außerdem war er der einzige, der den Gabelstapler fahren durfte. Ich hätte behauptet, er wurde in dem Stapler hineingeboren und wohnte jetzt in dem kleinen Gehäuse, wenn er nicht zu den Pausen mit uns am Tisch gesessen hätte. Er ersäufte einen Zwieback in seinem Kaffee und ließ ihn sich komplett mit der schwarzen Tunke voll saugen, daraufhin ließ er ihn in einem Haps dort verschwinden, wo ich seinen Mund vermutete. Ich muss abnehmen, kommentierte er den, sich bis zu 10-mal wiederholenden Ritus. Scheinbar dachte er, mein entsetzter Gesichtsausdruck galt der geringen Menge, die er sich einverleibte.

Fetti war deshalb der heimliche Chef, weil er uns immer wieder antrieb. Egal wie schnell wir arbeiteten, es langte nie. Als ich mit meinem Hubwagen unwissend auf einen der breiteren Zwischengänge geriet, hupte Fetti schon vom Weiten.
„Weißt du warum ich in diesem Stapler sitze und du diesen Einkaufswagen durch die Gegend kutschierst?“
Meine Theorie mit seinem Geburtsort und der Fettleibigkeit habe ich für mich behalten…
„Na, weil ich weiß, wie man damit umgeht! Hier ist eine gelbe Linie, das bedeutet nur für Stapler!“
Alles klar, ich trottete ab. Kurz darauf sah ich, wie er den Türken auf die Gabeln lud, um ihn, balancierend, etwas aus den höheren Regalen holen zu lassen.

Am nächsten Tag stand ein neuer Kollege am Treffpunkt. Pole, vielleicht fünf Jahre älter als ich. So ein bauernschlauer Berufsschulhof Coolio.
„Ey, können wir deine Karre nehmen, ich wurde gebracht.“
Verdammt, das war nicht nur meine Strategie, er besaß sogar die Dreißtigkeit sie gegen mich einzusetzen. Was sowas angeht, bin ich normalerweise beidfüßiger als Pele, aber ausgerechnet dieses mal entpuppte sich der linke Fuß als der Schwächere. Er musste Mitleid mit mir bekommen haben, so verschreckt wie ich da stand.
„Ach, egal, dann fahren wir mit meinem Karren.“
Es handelte sich dabei um einen tiefer gelegten BMW, mit allem Schnick Schnack. Er bretterte über die B6 und erzählte mir wie viele Menschen sich hier wegen der dummen Raserei totführen. Dabei war er während seines Monologes quasi nur auf der linken Fahrbahn, meine Fingernägel waren im Armaturenbrett. Ich fragte ihn, wie er sich das Auto leisten könne und vor allem, wieso er dann bei einer Teilzeitfirma maloche. Er beschiss das System. Offiziell hatte er gar keinen Schlurren. Er vertickte Versicherungen an junge Ehepaare auf Mallorca. Das wäre auch sicher was für mich, schwor er. Der Job war gemeint, nicht die Versicherung. Im Winter sei er dann bei der Teilzeitfirma, wenn er nicht krankmache. Ab dem Moment hörte ich ihm nur noch zu. Er erzählte von dem Autolackierer Job bei seinem Onkel. Worauf man achten muss, wenn man seine Karre pimpt. Wo er seine Musik runterlädt. Wie man sich um die Maloche drückt. Wie man mit der „Ameise“ umgeht und wie man unbemerkt über die gelben Linien gehen kann.
Als er mich wieder am Treffpunkt absetzte, sah er wie ich zu meinem Opel Corsa A ging, hupte und brüllte mir hinterher:
„Sag das nächste mal gleich, dass du so eine Schrottlaube fährst, dann hätten wir sofort meine Karre genommen.“
Ein nächstes Mal gab es nicht, ich hatte bereits eine neue Mission bekommen.

Mittwoch, 22. Oktober 2008

Teilzeit Part I - Welcome to the Maschine

"Welcome my son, welcome to the machine.
Where have you been? " Pink Floyd

Nach dem Fachabitur wurde ich zur Musterung geladen. Der Unterschied zu meinen Altersgenossen war, dass ich insgesamt dreimal zu den albernen Tauglichkeitstests aufgefordert wurde. Das Kreiswehrersatzamt konnte sich damals nicht entscheiden, ob sie mir meine Untauglichkeit für den Wehrdient abkaufen sollten oder nicht. Diejenigen, die sich am meisten wehren, ziehen sie am liebsten ein, mit diesen Worten beglückwünschte mich der Beamte zur meiner Ausmusterung. Die Einschreibefrist für das Sommersemester war bereits verstrichen und so verlor ich ein halbes Jahr.

Zeit zum Malochen, wie meine Eltern meinten. Also meldete ich mich bei einer Teilzeitfirma an. Die nehmen jeden! Und so war es dann ja auch. Ich war ab sofort Produktionshelfer. Die Klamotten (Blaumann und Sicherheitsschuhe) bekam ich von der Teilzeitfirma gestellt. Bereits bei der Anprobe wusste ich, dass ich in dem Laden nicht lange bleiben werde. Mein erster Arbeitstag war bei einer Firma, die die Innenverkleidung für den VW Golf herstellt. Ich wurde freundlich von einem Schlipsträger empfangen und schnell um das Hauptgebäude, Richtung Werkhallen geführt. Er fragte mich, was ich denn noch so in meinem Leben vorhätte. Ich erzählte von meinen Studienplänen, woraufhin er trocken antwortete: „Schön wenn man Träume hat“. Es klang so, als ob er das schon öfters gehört hätte, womöglich würde ich die Urheber dieses Satzes gleich persönlich kennen lernen. Er öffnete die schwere Brandschutztür, auf der von innen groß „Notausgang“ stand, und meinte, mich würde ein gewisser Herr Demetri einweisen. In der Halle war es lauter als der 2. Weltkrieg. Ich bummelte durch die riesigen Hallen und fand insgesamt fünf Demetris. Keiner wusste irgendetwas. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde sich mir jemand gewahr und stellte mich an ein Fließband am Ende der größten Halle ab. Ich war dafür zuständig die ausgestanzten Kunststoffverkleidungen vom Fließband auf einen Rollwagen zu packen. Mit System. Links und rechts von mir standen zwei Russen und lachten. Über mich. Da war ich mir sicher. Ich vermutete, dass die Maschine zu schnell eingestellt war. Ein Ritual, das an den Frischlingen praktiziert wird. Frühstückspause.

Zwischen Hallenwand und Fluchtzaun gab es einen schmalen Grünstreifen, der als Pausenraum gedacht war. Insgesamt zwei Gartenstühle für acht Personen. Ich nutzte die Gelegenheit, um mir meine neuen Kollegen mal genauer anzuschauen. Selbst Stevie Wonder hätte bemerkt warum wir hier waren. Wir waren Versehrte. Von einem habe ich erfahren, dass er einen schweren Motorradunfall hatte und kurz nachdem er im Krankenhaus aufgewacht war, sich hier wieder fand. Ansonsten drehten sich alle Gespräche um das brennen von Filmen. Die Spätschicht ging weiter. Es war alles so trist. Selbst der für uns vorgesehene Notausgang lag in fünf Meter Höhe und war somit unerreichbar. Nach meiner groben Einschätzung gab es hier noch nicht einmal genug Arbeiter, die erst gegen die Hallenwand hätten rennen müssen, damit wenigsten einer von uns lebend aus dieser Todesfalle hätte entkommen können. Acht Stunden später, endlich endlich war die Schicht vorbei. Man verliert bei Lärm und monotoner Arbeit vollkommen sein Zeitgefühl. Die Rückfahrt war die pure Erleichterung. Selten bin ich so gerne Auto gefahren.

Der zweite Tag war bereits ein Freitag, wieder Spätschicht. Dieses Mal habe ich alleine in die Halle gefunden und schaute mich genauer um. Ich suchte einen Ohropax Spender oder zumindest eine Kiste wo ich mein Gehirn hineinpacken konnte. Highlight des Tages war, dass ich erstmals mit einer „Ameise“ fahren durfte. Natürlich nur solange, bis mein Fahrstiel lauter als der durchschnittliche Maschinenlärm wurde. Ich eckte überall an. Das Resultat war die Verbannung zurück ans Fließband. Ich weiß noch, wie ich in der Pause mich mit den Worten „ich wünschte ich wäre tot“ vom Fußballtraining abmeldete. Die Schicht ging aufgrund des nahenden Wochenendes schneller von der Hand.
Als ich vor dem Drehkreuz zu den Parkplätzen stand, ließ dieses sich nicht drehen. Es war Winter und bereits dunkel. Kurz, ich erkannte das Problem nicht. Aus Verzweiflung kletterte ich über den Zaun. Oben angelangt, kam die Nachtschichttruppe mir entgegen und ging geradewegs durch das Drehkreuz unter mir. Auf dem Parkplatz fragte mich ein Nachzügler der Nachtschicht, ob ich meine Karte verloren hätte. Was für eine Karte? Die haben mir nie eine Karte gegeben. Wie sich herausstellte, war dies auch nicht nötig. Montag sollte es woanders hingehen. Die beiden Tage waren nur dafür da, um mich gefügig zu machen. Behaupte ich.

Samstag, 18. Oktober 2008

Meine Mutter ist Medium...

mein Vater extra Large.

"And when I get that feeling
I want Sexual Healing
Sexual Healing is good for me
Makes me feel so fine, it's such a rush
Helps to relieve the mind, and it's good for us" Marvin gaye

"Indigo here we go-ho" Moloko

Angefangen hat es womöglich mit einer verhüllten Frau in einem kleinen Wohnwägelchen und einer Glaskugel auf dem Rummelplatz. Diese Frau hat einem die Zukunft voraus gesagt oder war ein Medium, das mit den Toten sprach. Noch ganz amüsant. Heute ist das ganze so dermaßen inflationiert, dass das Spiel mit dem Aberglauben schon lange die Zigeunerszene verlassen hat. Auf Fernsehsendern werden Karten gelegt und das Universum befragt. Wer da anruft ist verzweifelt, richtig verzweifelt und glaubt alles was ihm erzählt wird. Wie die allgemeingültigen Antworten viel Spielraum für Interpretationen und Fantasie lassen, fällt den aussichtslosen Menschen nicht mehr auf. Andere Trommeln sich den Stress von der Seele oder Spenden viel Geld an Gurus, die daraufhin für die geplagten Seelen trommeln. Wie mit den Schicksalen der Menschen gespielt wird, ist schon sehr beschämend. Subtiler sieht der Beschiss bei dubiosen Lebenseinstellungen wie dem Feng Shui aus. In Asien haben die wenigsten jemals etwas von Feng Shui gehört! Der totale Humbug. Wem jetzt einfällt: „Aber dem Exmann von meiner Patentante, dessen ehemaliger Zimmerkollege, konnte plötzlich wieder schlafen nachdem er sein Bett vom Flur zurück in das Schlafzimmer geräumt hat“, dann glaube ich ihm das. Aber das ist kein Grund hunderte von Euros in Lektüre, Heilwässer und Duftstäbe zu investieren.

Endgültig hört der Spaß auf, wenn die Kinder fehlgeleiteter Eltern darunter leiden müssen. So werden aus Autistischveranlagten Kindern schnell Indigo Kinder gemacht, die mit einer besonderen Aura gesegnet sind und mit Delphinen und Engeln sprechen können. "Die brauchen keine therapeutische Hilfe, die sind ihrer Zeit einfach nur voraus.", wird von den einsichtslosen Eltern behauptet. Dass Geld eine wesentliche Rolle spielt, in Form von Seminaren und Sonstigem, brauch ich nicht zu erwähnen.

Menschen die für solche esoterischen Dinge anfällig und noch keiner Sekte beigetreten sind, glauben an die Kraft des Mondes. Auch schlimm, aber zum Glück harmlos, mal von dem eher geringen Kostenaufwand abgesehen. Ich habe mal eine Frau kennen gelernt, eine Sekretärin bei einem meiner Praktika, die legte bei Vollmond spezielle Steine in den Garten, die sie nach dem „aufladen“ in ihr Blumenbeet verbuddelte. Damit die Blüten besser aufgehen. Nach meinem Vorschlag, so einen Stein in mein Portemonnaie zu packen, damit dort die Blüten aufgehen, wurde ich tatsächlich für ernst genommen. Im Laufe der Zeit wurde mir von ihr ebenfalls ein Indigo Dasein attestiert. Das war dann wohl die späte Rache. Frauendomäne Esoterik.

Aufgrund meines schlimmen Rückens, kriege ich häufig Vorschläge zu hören, die von Akupunktur über Handauflegen bis Reiki allesamt schon Wunder bewirkt haben sollen. Aber nie bei ihnen selbst, sondern nur bei irgendwelchen Bekannten. Der Körper ist ein Tempel und sicherlich mit der richtigen Vorstellungskraft auch in der Lage dem Heilungsprozess entgegen zukommen. Placeboeffekt ist ja unumstritten. Es fühlen sich auch Leute betrunken, die unwissentlich den ganzen Abend nur Alkoholfreies Bier vorgesetzt bekommen. Ich glaube davon gar nichts. Das mag daran liegen, dass ich Ingenieur bin und Zahlen, Fakten und Mechanismen meine Welt sind. Da kommt ein: es funktioniert, aber fragen sie mich nicht warum, nicht so gut. Aber auch ich habe eine persönliche X-Akte in meiner Schublade liegen.

Moonwalkende Außerirdische! Tja, so bin ich.


Dienstag, 7. Oktober 2008

Comics


„Wir sind keine Bücherei, kauf es oder verschwinde!“ Apu Nahasapeemapetilon
"Comic ist der gängige Begriff für eine Form der sequenziellen Kunst, die in einer Folge von Bildern einen Vorgang beschreibt oder eine Geschichte erzählt" Wikipedia

In meinem Besitz befinden sich noch fast sämtliche Comics aus meiner ereignisreichen Kindheit. Darunter die geniale X-Men Serie „Die Zeit der Apokalypse“ und das Comicverleger Duell „Marvel vs DC“, sowie die nachfolgende Serie „Die Macht des Access“. Laut eBay viel Geld wert! Leider etwas sorglos von mir aufbewahrt. Ich hatte auch die ersten Simpsons Comics. Die waren aber eher schlecht. Comichefte gehörten für mich zum Alltag. Genau wie Buden bauen, Fußball spielen, Karussell Kassetten, Zeichentrickserien und Actionfiguren. Als Kind hatte ich soviel Fantasie, dafür wäre jeder Jugendliche direkt in die Anstalt gekommen. Als ich mir vor kurzem fest vorgenommen hatte für die Zugfahrt wieder mal ein Comicheft zukaufen, bin ich über den Preis gestolpert. Ein Comic kostet mittlerweile 5 €. Die Qualität kam mir nicht unbedingt gut vor. Auch wurde das ganze merkwürdig übersetzt. Blöder Zeitgeist. Es gab Comics von Futurama, Bart hatte seine eigene Serie und die Ludolfs auch! Was ist da denn passiert? Die coolsten Exemplare waren noch die Star Wars Comics. Spiderman und Konsorten wirkten nicht mehr so wie früher. Klar liegt das an mir, aber sicherlich auch an den Kinoerfolgen der Comicverfilmungen. Der typische Comiclook fehlte. Es wird sehr auf Mainstream getrimmt. Dann lieber Manga Hefte.
Dazu muss ich sagen, die Verfilmungen sind fast alle richtig gut geglückt. Bevor der Trend aufkam, gab es bereits Spawn als Film und dann kam Men in Black. Daraufhin war Hollywood in Goldgräber Stimmung. Die Spiderman Trilogie war gut, obwohl ich von Venom, dem Bösewicht aus dem dritten Teil, enttäuscht war. Den habe ich immer favorisiert. Einzig Hulk vom Regisseur Ang Lee war Müll. Kann auch sein, dass ich eine versteckte japanische Mythologie nicht verstanden habe. Den zweiten schaue ich mir erst gar nicht an. Fantastic Four lebte von der kurzen Nacktszene von Jessica Alba und der Schluss vom Silver Surfer war nur noch lächerlich. Die X-Men Teile waren wiederum genial. Wenn man sich die neuen Batman Filme anschaut, fühlt man sich vom neuen Superman etwas betrogen. Hell Boy, Sin City und 300 waren allesamt super Filme. Ghostrider habe ich wegen Nicolas Cage nie gesehen. Punisher kann ich auch empfehlen und Iron Man wird meine nächste Leih-DVD.
Anstatt einen Comic zu kaufen, habe ich einen Gutschein eingelöst. Auf meinem letzten Sechserträger war ein Gutschein für eine Sportbild aufgedruckt. Die rechnen nie damit, dass das wirklich jemand macht.

PS: Ich glaube, sogar der Wu-Tang Clan hat seinen eigenen Comic!

Freitag, 3. Oktober 2008

Cold turkey - ein andermal

„Er würde es allein schaffen oder allein untergehen. Dieser Gedanke erschreckte und begeisterte ihn zugleich, während er über ein Leben in Amsterdam nachdachte.“ Die letzten Sätze aus Trainspotting



„Contrôle“ Franck Ribéry



Die Reaktionen auf meinen Rücktritt als Bierbaron und stadtbekannten Trunkenbold waren allesamt sehr verhalten bis hin zum Spott. Unverständnis macht sich breit von Herford bis nach Nörten – Hardenberg. Und selbst so eine Lichtgestalt des geflissentlichen Handelns wie ich es sein möchte, ist etwas durcheinander. Das liegt einzig daran, dass einem der Grund des Verzichtes erst immer dann wieder aufkeimt, wenn es zu spät ist. Es ist wie mit Videotheken. Geht man da durch den Ausgang, fällt einem plötzlich ein was man sich eigentlich ausleihen wollte. Mich belasten erste Zweifel. Nein, noch krabbeln keine Babys kopfüber an meiner Zimmerdecke herum. Das was ich meine, sind die kultivierten Partys, Geburtstage, Hochzeiten oder Vernissagen zu denen man eingeladen wird. Besonders die Vernissagen sollten an dieser Stelle noch einmal besonders erwähnt werden.

Ist es nicht etwas blasiert, eine Einladung dankend anzunehmen und dann nichts zu trinken? Ein Schlag ins Gesicht für den Gastgeber? Früher haben sie in die Ecke gekotzt um den Gastgeber nicht zu beleidigen! Keine Panik, sei an dieser Stelle gesagt.

Ich habe für mich den Entschluss gefasst: wenn ich eingeladen bin, dann trinke ich auch.

Hier geht es ausschließlich um meine herausragenden Qualitäten als Gast, die ich pflegen möchte. Niemand soll unter meinen gedankenlosen Krisen leiden müssen. Oder anders formuliert: solange es nichts kostet, bin ich dabei. Das könnte man auch weiter ausbauen, bis hin zu einer Avantgarde des fast Verzichtes. Klappt mit dem anderen Kram ja auch. Scènes de la vie de Bohème.



Weshalb ich darum so einen Wind mache? Ich versuche dem Scheiß einen Sinn zugeben. Für mich. Sehr oft beobachte ich, wie Wochenendveranstaltungen nur vom Alkohol gestützt werden. Das Alternativprogramm für Fahrer und anders nüchterne (Gespräche, Fernsehen, Rumsitzen, Starren) animiert einem ja gerade zu zum saufen. Ich versuche den überflüssigen Partys (Gelage) aus dem Weg zugehen und dafür muss man scheinbar erstmal radikal werden. Dann aber wiederum beschleicht mich dieses geil selbst zerstörerische, arrogante „Was kostet die Welt“ Gehabe, das einem die Gallagher Brüder oder diverse popkulturelle Jungschriftsteller vorleben. Alles ausleben was den Rock´n`Roll ausmacht. Bis auf die Musik vielleicht. Das ist das schwerste an der „Endlich Nichttrinker“ Sache, es cool aussehen zulassen.

Auch am Strand zu sitzen und unterhaltsamen Quatsch zu reden, bis man sich, besoffen wie der Jever Mann, in die Dünen fallen lässt. Oder mal schauen was der Super Nintendo Kanal einem zu bieten hat. Das muss doch okey sein. Ich meine, es wird nur jedes Mal schwerer das als einen Event zu verkaufen. Schließlich ist es auch immer derselbe Quatsch, der da geredet wird. Das sollte man schon ausbalancieren… können. Don`t let the sun go down on me. Ich will nicht enden wie Udo Lindenberg.



Was ich schon immer mal sagen wollte: einmal Raucher, immer Raucher!