Samstag, 26. September 2009

Freibild

„I turn my camera on
I cut my fingers on the way
The way I'm slippin away
I turn my feelings off
Y'made me untouchable for life
And you wasn't polite” Spoon

"Die Seele denkt in Bildern" Aristoteles

Jedes Social Network ermöglicht dem Mitgestalter der Seite, also dem User, Bilder hoch zu laden. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, was für viele ein guter Grund zu sein scheint auf herkömmliche Kommunikation gänzlich zu verzichten. Dafür gibt es Bilder Bilder Bilder.
Ein Profil, in dem gleich mehrere Philosophen mit ihren undurchführbaren Lebensweisheiten zitiert werden, fliegt sofort auf, wenn man die dazu gehörigen Bilder betrachtet. Oft bleibt nur ein „Achso, deshalb“ vom ersten Eindruck übrig.

Wie so oft kann ich mich davon distanzieren. Bei mir findet Niemand selbstgeschossene Bilder auf irgendeinem Profil. Die Bilder für den Blog sind noch woanders im Netz gespeichert, aber die sind überschaubar und abgesprochen mit allen Beteiligten. Dank Fotohandys und Digitalkameras kann jeder, jederzeit Fotos schießen und so sehen die meisten dann auch aus. Jeder fühlt sich zum Paparazzie berufen und jeder Anwesende ist zum Abschuss freigegeben. Bis man feststellt, da ist gar kein Licht am Ende des Tunnels, sondern nur ein weiteres Blitzgerät.

Meiner Meinung nach haben Fotos die Verpflichtung einen gewissen Kunstaspekt zu transportieren. Damit meine ich nicht, dass die Bilder im Nachhinein mittels Photoshop auf Schwarz/Weiß und nostalgisch getrimmt werden, sondern dass man etwas darauf sieht, das einem mehr als eine Sekunde lang fesselt.

Der Größte Fehler liegt darin, dass der Zweck eines Bildes völlig verkannt wird. Als Erinnerung dienen die Bilder, die ins Internet gestellt werden, schon lange Niemanden mehr. Wer etwas publiziert, will was anderes damit erreichen. Den Kindern ein digitales Fotoalbum zu zeigen, bestünde darin ihnen zu erklären welche Farbe das jeweilige T-Shirt auf dem Foto hat, weil bei den meisten einfach nicht mehr rüber kommt, inklusive fehlender Geschichte.

Partybilder sind das stumpfste Genre innerhalb der Fotografie. Sie scheinen im Nachhinein die Gästeliste zu ersetzen, denn mehr als Gesichter sieht man oft nicht. Wo war die Party, wann wurde das Bild gemacht und warum müssen immer Grimassen gezogen werden? Man erkennt auf dem Bild im Grunde gar nichts, nur wer wen für den kurzen Moment des Schnappschusses lieb hatte. Impressionen werden so gut wie nie vermittelt.

Urlaubsfotos können wahnsinnig interessant sein, haben aber diesen bitteren Beigeschmack, dass alles was nicht fotografiert wurde auch niemals geschehen ist. Da kann ich nur wieder aus den Kriegstagebüchern zitieren: Dich interessiert doch nicht, was Du erlebst, nur das, was Du davon erzählen kannst. Schrägstrich, zeigen kannst. Die Kunst bestünde in diesem Fall darin, in den Fotos das Land, die Stadt so zu zeigen, wie ich sie nicht bei Google finden kann. Und damit meine ich nicht seinen trägen Hintern vor ein Wahrzeichen zu schieben, um so das Foto individuell zu gestalten. Die Bilder sollten schon eine Idee enthalten und wenn man auf dem Bild einfach nur glücklich ist. Ansonsten behaltet sie doch für euch, ich erkenne darauf nämlich nichts.
Selbstportraits, am besten noch von schräg oben, erfüllten noch mal welchen Zweck?
Nur weil man mal einen lustigen Hut auf hat, heißt das noch lange nicht, dass das dokumentationswürdig ist.
Was manche Frauen für eine Vorstellung von „schönen Bildern“ haben. Unglaublich. Toupiert wird versucht möglichst lasziv in die Kamera zu schauen. Der debile Gesichtsausdruck, der dabei herauskommt, erinnert vielmehr an Polizeifotos vom polnischen Straßenstrich als an den Playboy. Caught in the Act. Es würde mich nicht wundern, wenn einige viele dieser Fehleinschätzungen in die Redaktion von Pro 7 gelangt sind. Germanys last Topmodel.
Typen müssen ihren Trainingsfortschritt dokumentieren und mitteilen. Visuelle Unterstützung ist schon was tolles, aber nicht so.

Keine Ahnung was die User dazu treibt Fotos nur für das Internet zu machen, sie zu publizieren und womöglich noch die Rechte daran abzutreten.
Die Angst den richtigen Moment verpasst zu haben, Narzissmus, Lebenszeichen an alle, sich ein Gesicht geben, Voyeurismus? Wenn eine Filmsekunde 24 Bilder hat, dann ist der Film über das Studivz einen Tag lang. Ich würde mich freuen, wenn mir jemand erklären könnte, was diese Bilderflut soll?

Ich habe großen Respekt vor Leuten die das richtige Verständnis für die Fotografie haben. Das Auge für den Moment und eben das Besondere. Es gibt viele Bilder, dessen Wirkung mich wirklich fesselt, nur findet man die nicht im Web 2.0.


Deiner, Paul, Chrille... Bild von Marie

Ich habe da eine Idee für ein tolles Bild, aber dafür brauche ich ein Superman T-Shirt.

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