"Like a turtle on its back i must have looked so bad
Didn’t wanna show the so i said that i’m all right" Pain in the Ass
Obwohl man ständig aus Gläsern trinkt, ist Glas einer der vielen Feinde des Trinkers.
Dieses Mal betraf es mich nicht direkt. Also auch keine Entschuldigung an dieser Stelle.
Seitdem Jack Beauregard seine Freundin rausgeschmissen hatte und sich als Ersatz einen Premiere Receiver zulegte, schlugen wir öfters in seinem Wohnzimmer auf als Boris Becker in Wimbledon.
Im Anschlag hatte jeder von uns seinen Oddset Fußballtipp. Bundesliga Konferenz mit Freunden, die jeweils auf die acht Spiele getippt haben, macht Spaß. Noch mehr Spaß macht es mit Weizen Bier und den richtigen, herbeigebrüllten Endergebnissen in den letzten Spielminuten. Die Euphorie war groß an diesem Wochenende, ein unerwarteter Geldsegen stand ins Haus. Vor lauter Fußballschauen juckte es uns in den Füßen. Wir räumten den Glastisch an den Sofarand und befreiten den Laminatboden von allen störenden Gegenständen. Jack Beauregard bastelte mittels Wischmöpsen und Eimern zwei Tore aus den sich gegenüberliegenden Türen. Unser Tor führte ins Schlafzimmer und das andere raus auf den Flur.
Als Ball nahmen wir eine Klopapierrolle, dessen Perforierung mit Klebeband zusammengehalten wurde. Wir bildeten drei Teams, jeweils zwei gegen zwei. Auf dem Laminat ließ es sich gut schlittern, was die Grätsche ersetzte. Kurzpassspiel und Powerdribblings auf engsten raum. Van Gaal wären die Tränen in die Augen geschossen. Vor Freude. Tore fielen auch.
Als es zu einem Tackling auf Kreisklassenniveau kam, fiel Klöden rücklings in Jack Beauregards innig gepflegtem Glastisch. Das knallte aber mal richtig. Im Western wird die tödliche Kugel oft durch eine Bibel, die die guten Jungs in der Brusttasche tragen, abgefangen. Entweder war Klöden kein guter Junge oder er hatte einfach Pech und Western sind sowieso alle unrealistisch. Eine circa 10 Zentimeter lange Glasscherbe verpasste ihm ein zweites Arschloch. Das Ding bohrte sich tief in sein Hinterteil, da hätte selbst ein Fakir angefangen zu schreien.
Die Scherbe war so schnell wieder draußen, wie sie drinsteckte. Klödens Exfreundinnen werden an dieser Stelle denken: passt. Er aber blieb erstaunlich cool. Das musste an den vielen Korn Blutorange Mischungen liegen, die er sich beim Fußballschauen einverleibt hatte. Korn mit Blutorange zu trinken war damals der hirnrissige Versuch einen Trend zu starten. Der Korn war in Jack Beauregards Hallen heilig. Um ihn gab es einige Rituale, wie die simulierten Kuppelnübungen an den leeren Flaschen, der zelebrierte Marschschritt zum Kühlschrank oder hin zum Regal, in dem dutzende leerer Kornflaschen wie Pokale glänzten. Es wundert mich bis heute, warum an seiner Wand kein Dankesschreiben der Strothmann Brauerei hing. Undankbarer Haufen.
Klödens Kiste blutete saumäßig. Um das Laminat zu schützen stellten wir einen Plastikbecher unter seinen Hintern. Nicht alle wollten das unbedingt sehen. Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, trank er gerade den Becher mit dem Blut auf Ex. Ich schloss nicht aus, dass man so was bei der Feuerwehr lernte. Hohen Blutverlust vermeiden, oder so. Bevor ich in die Blumenvase kotzen konnte, erklärte man mir, dass das sein Korn Blutorange Getränk gewesen sei. Nach dem Motto: Einfach weitersaufen, irgendwer wird sich schon um meinen Arsch kümmern. Das war mein Junge. Die Blutung war einigermaßen unter Kontrolle gebracht worden.
Gringo konnte noch fahren. Klaro, wie kamen wir sonst von A nach B, wenn alle betrunken gewesen wären?
Wir trugen den Patienten in das Auto und verfrachteten ihn vorsichtig auf die Rückbank. Mit dem Heck nach oben natürlich und ab ging die wilde Fahrt. Zusammen mit den anderen Hinterbliebenen setzte ich mich wieder aufs Sofa, auf den Schreck erstmal ein Arbeitersekt. Im Krankenhaus angekommen, erfand Klöden eine zufriedenstellende Ausrede, die nicht schwul klang und wurde ohne Betäubung mit ein paar Stichen genäht. Die Stimmung soll grandios gewesen sein. Auch ein "Vorsichtig mit der Nadel, ich bin da empfindlich", soll er sich nicht verkniffen haben. Ein riesiger Spaß für alle Beteiligten.
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