Donnerstag, 23. September 2010

Street Fighter - Round Two

Round One

"Everybody was kung-fu fighting
Those cats were fast as lightning
In fact it was a little bit frightning
But they fought with expert timing" Carl Douglas

Zumindest vom Boden aus betrachteten, sahen die Chancen auf eine faire Schlägerei ziemlich schlecht aus. Lunchmann, der die Situation vom weiten beobachtete und pfeilschnell analysierte, sprintete auf die Bande zu. Ich dachte noch, alles klar Jungs, da kommen 80 Kilo, im Nahkampf ausgebildetes Bundeswehrmaterial und gleichzeitig der A-Jugend Torschützenkönig auf euch zu gerannt. Für die Notrufnummer braucht ihr eure Telefonkarten oder Zähne ja eh nicht mehr.

Es muss an der unglücklichen Schrittfolge Lunchmanns gelegen haben, jedenfalls kann ich es mir nicht anders erklären, weshalb er stumpf in die parkende Faust von einem der größeren Schlägertypen rannte. Mittlerweile stand ich wieder, überreichte Marnie meine Jacke, als hätte ich gewußt was zu tun war, und befreite Lunchmann aus dem dilettantisch angesetzten Haltegriff des Schlägers. Das ganze würde ich heute gerne noch mal in Zeitlupe sehen, ich stelle mir das sehr heroisch vor. Übermut, du bist mein Freund.

Meine über die Jahre gesammelten Street Fighter II Kenntnisse halfen mir nicht besonders weiter. Den gefürchteten Backdoor Eye-Razor oder den Unterkantenfaustschlag sollte ich erst später in mein Repertoire der Kampfkünste aufnehmen. So bekam der Feigling spontan mein Knie in den Bauch und den Ellbogen auf den dargebotenen Rücken. Die Schläge haben gesessen, er hingegen lag. Auf dem Asphalt. Mündlich wurde die Geschichte mit dem Zusatz überliefert, ich hätte mir vor dem Move noch zweimal auf den Ellbogen geklopft. Wie ein Wrestler, der vom dritten Seil angeflogen kommt. Ich lasse das mal dahin gestellt...
Anstatt eines coolen Action-Spruches hörte ich nur ein LAUF von meinem Tag-Team Partner.

Die anderen fünf kamen auf uns zu gefetzt. In der direkten Umgebung des Kremls ist eine Polizeistation, bietet sich in der gefährlichen Gegend ja an. Lunch und ich machten die paar Meter zum Revier in Sekunden. Unser betrunkenes Geschwafel, dazu die blutigen Nasen haben die ungewöhnlich fetten Polizisten wohl zu dem Entschluss kommen lassen, wenn es eine Schlägerei zwischen Raudis gegeben hat und die eine Hälfte, die in Wirklichkeit nur ein Achtel war, schon mal hier ist, lösen wir das Problem doch ganz einfach indem wir sie einsperren. Natürlich machten wir uns Sorgen um Marnie und baten die Polizisten, in so fern sie ihre dicken Hintern noch aus den Schreibtischstühlen heraus bekämen, mal nachzuschauen, wo und ob sie überhaupt noch ist.

Kurz darauf betrat ein Streifenpolizist das Revier. Dabei hatte er Marnie, meine Jacke und den einen, den ich brutal niedergestreckt hatte. Es war sogar der kleine, der mir den mies verdeckten Schwinger erteilt hatte. Vendetta, du Größenwahnsinniger. Lunchmann, ich und der Geprügelte kamen in Einzelzellen. Um uns werde man sich später kümmern. Ein Standardsatz, den jeder Sheriff draufhaben sollte. Marnie wurde währenddessen verhört. Ihr glaubte man wohl eher als uns. Knast ist wie Diabetes, absolut kein Zuckerschlecken. Ich kam mir vor wie Martin Semmelrogge, betrunken, missverstanden und die beste Zeit hinter mir. Selbst der obligatorische Anruf wurde mir verwehrt.

Nach minutenlangem ausharren trudelte einer der beleibten Polizisten ein und hielt mir einen Promilletester entgegen. Nachdem ich gepustet hatte, vernahm ich aus der Zelle nebenan lautstark das Ergebnis von Lunchmann und kurz darauf dessen Jubelgeschrei. Verdammt, hat der Wikinger mich doch glatt um wenige nullkommairgendwas Promillepunkte geschlagen. Nach der Prozedur bekamen wir einen Zettel mit, den wir, zwecks Anzeigenerstattung, zu Hause ausfüllen und einschicken sollten. Auf diese Weise kommen vielleicht zehn Prozent der Anzeigen überhaupt wieder zur Sprache, schätzte ich.

Mittlerweile saß ein weiterer Typ mit Nasenbluten auf der Wartebank. Er wurde von fünf herbeistürmenden Typen über einen Jägerzaun geprügelt, während er auf sein Taxi wartete. So ein Weichei. Die Polizisten entließen den Schlägertypen, dessen Namen ich heute noch weiß, was sagt das über mich aus? und uns drei gemeinsam vor die Tür. Vorher durften wir wenigstens noch Opa Dieter anrufen.
Hätten wir gewollt, hätten wir dem Typen gleich vor Ort und Stelle eine Naht ziehen können, aber so waren wir nicht drauf. Den Polizisten war das sowieso egal, die hatten keinen Bock auf ihren Job und machten auch keinen Hehl daraus.

Am nächsten Tag bekam ich von meiner Mutter erst die Schuld und dann eine Telefonkarte geschenkt. Ich versteckte sie im Portemonnaie hinter dem gefälschten FBI Ausweis. Lunchmann erntete nur ein Kopfschütteln, aber wenigstens füllte seine Oma den Strafantrag für ihn aus. Wir haben das Ding zurückgeschickt mit dem Verzicht auf eine Anzeige.
Anzeigen sind der Feldzug der Geschlagenen und damit hatten wir rein gar nichts zu tun. Wir regeln so etwas auf der Straße.

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