Freie Zeit ist nicht zu verwechseln mit Freizeit. Freizeit
fordert zu viel Engagement. Die letzten Wochen hatte ich sehr viel freie Zeit.
Zurück in Bremen habe ich mir nichts Großartiges vorgenommen. Jeder Tag steht
mir offen gegenüber.
Während meiner zweimonatigen Abwesendheit hat der neue Penny
eröffnet. 500 Meter von der Haustür entfernt. Die kurzen Wege bin ich noch von
meiner alten Wohnung gewohnt. Damals führte es dazu, dass ich nie etwas auf
Vorrat einkaufte. Für jede Mahlzeit bin ich in den Laden gegangen und habe
eingekauft, was gerade zur Zubereitung oder im Haushalt fehlte. Mit dem neuen
Markt ist das nicht anders. So verlasse ich wenigstens regelmäßig das Haus, für
das Gewissen.
Ein großer Vorteil der Stubenhockerei ist, zu wissen, dass
ich meine Wäsche geradezu vollständig in den Kleiderschränken untergebracht und
jederzeit zur Verfügung habe. Ich könnte jeden Tag genau das anziehen, was ich
möchte. Das wirkt unheimlich beruhigend auf mich. Den Vorzug erhält jedoch
jedes Mal der Pyjama, weshalb der Kleiderschrank auch so schön komplett ist.
Im Grunde bin ich ein Nachtmensch. Am Nachmittag denke ich
oft, das kannst du auch noch zwischen 2 und 3 Uhr Nachts erledigen und, was
mich in meinem Denken unterstützt, ich tue es. Bis Mittags schlafe ich. Falls
vom Vortag nichts vom gekochten Essen übrig ist, gehe ich zum Penny, kaufe ein
und koche. Natürlich wieder viel zu viel. Beim Essen schaue ich die Dauerserien
auf Pro 7 und aus dem Fenster, was das Wetter macht. Falls ich es mir ausmalen
kann den zwanzigminütigen Fußweg ins Fitnessstudio trocken zu überstehen, lege
ich mich auf das Sofa. Verdauern, Pläne für den Tag machen, schriftlich
versteht sich, und ein paar Zeilen in einem der vielen angelesenen Büchern
weglesen. Sollte das Wetter sich gehalten haben, gehe ich ins Fitnessstudio.
Sobald ich herausgefunden habe, an welchen Tagen die Zumba Kurse stattfinden,
werde ich meine Besuche daran orientieren. Das sind die besten Tage.
Da das Wetter sehr oft aus Regen besteht, fange ich
entsprechend oft direkt mit dem abhaken der Aktivitäten auf der Liste an. Ich
sauge hier mal was weg oder wische dort mal drüber oder sortiere meine CDs und
Platten neu ins Regal. Die meiste Aufmerksamkeit widme ich der Küche. Es häuft
sich einiges an wenn man jeden Tag kocht. Besonders wenn man im Angesicht der
Pfanne spontan seinen Plan ändert und improvisiert.
Auf der Liste stehen ausschließlich Erledigungen, also alles
was einem Selbstauferlegten Zwang unterliegt. Tagesfüllende Punkte wie Internet,
Buch lesen oder DVD schauen sind nicht darunter, weshalb ich auch immer nur die
Hälfte der Liste schaffe. Es sind eh Pseudotätigkeiten, die die Freizeit
zwischen der freien Zeit rechtfertigen sollen.
Tatsächlich versuche ich das Tageslicht vorrangig für bedeutsamere
Dinge zu nutzen. Rausgehen und Geld ausgeben. Leider funktioniert das unter der
Woche zu selten und allen Leuten zu erzählen ich hätte Zeit, endet darin, dass
ich acht von zehn wieder absagen muss.
So beginnt der Tag für mich erst mit dem Einbruch der Nacht.
Ich schaue mir Dokumentationen, Talk Shows, Interviews und Sendungen an, die
ich unter der Woche trotz allem verpasst habe. Passiv verfolge ich neue
Interessen und nicht selten denke ich: ach was! Ich schreibe mal was, höre neue
und alte Lieder, überlege wie ich die kahle Wand im Wohnzimmer dekoriere und
denke über die berufliche Zukunft nach. Ich gehe in Gedanken alle Berufe durch,
die Benjamin Blümchen bereits hatte und komme immer wieder zu dem Entschluss:
Alles ist möglich.
Bis zum nächsten morgen lese ich konzentriert in den etwas
dickeren Büchern.
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