„Horn if
you are horny“
Mit diesem Stossstangenaufkleber könnte man in Indien
richtig viele Rupie scheffeln. Humor haben sie ja, die Inder.
Sicherlich ist es eine legitime Herangehensweise sich ein
Bild von einer Kultur zu verschaffen, indem man den dortigen Straßenverkehr als Gradmesser
nimmt. Zum Beispiel die Deutschen: Der TÜV ist pures Beamtentum, die Straßen
sind glatt und voll mit den fortschrittlichsten Maschinen und alles muss seine
Richtigkeit haben, geregelt durch die StVO. Der Engländer macht es ähnlich, nur
dass er konsequent auf der falschen Seite fährt. In Italien soll auf
den Straßen bereits Anarchie ausgebrochen sein und wer sich in Frankreich ein neues
Auto kauft, ist selber schuld. Das sagt doch was aus!
Wenn die Straßen die Adern dieser Welt sind, dann liegt
irgendwo in Indien das Herz der Welt. Unglaublich was da alles durch die verkalkten
Venen gepumpt wird.
Nimmt man in Indien am Straßenverkehr teil, sollte man zu
aller erst vergessen was einem in der Fahrschule beigebracht wurde. Sollte die Hupe
wirklich als ein Warnsignal wahrgenommen und nur in Notfällen benutzt werden, dann
steht Indien die Apokalypse kurz bevor, oder sie war schon da… Gehupt wird jedenfalls
immer. In Kurven, bei Überholmanöver, wenn Menschen oder etwas Heiliges in der
Nähe ist. Dazu kommt, dass ständig zurückgehupt wird. Es gibt da diesen Manta-Witz.
Fährt ein Manta-Fahrer gegen einen Baum und beschwert sich: Ey, ich habe doch
gehupt.
Das Argument kennt der Inder auch. Nur das Erstaunliche
ist, trotz des Chaos passieren keine Unfälle oder gerät der Verkehr ins stocken. Dem entgegen kommt die geringe
Durchschnittgeschwindigkeit von ungefähr 50 km/h, die miterlebte
Höchstgeschwindigkeit waren 80 km/h. Nicht dass hier Regeln greifen würden, die Motorleistung, die schlechte Sicht,
der streckenweise Mondlandschaften ähnelnde Zustand der Straßen, die
Serpentinen oder die vielen Vordermänner lassen einen Geschwindigkeitsrausch gar nicht erst zu.
Durch das Hupen scheint eine Einigkeit zu herrschen, die Vorfahrtsregeln,
Bremsen oder Blinken überflüssig macht. Warum blinken, wenn man weiß wohin man
will? Wenn in Deutschland gehupt wird, tritt man kurz vorher oder nachher auf die
Bremse, in Indien tritt man auf das Gaspedal und es funktioniert. Ich hatte nie
Bedenken bei all den Taxifahrten. Selbst als ich auf einem Roller entgegengesetzt
zur Fahrtrichtung mitgenommen wurde, hatte das viel mehr was von Arroganz. Was
mich ja allgemein am Autofahren nervt ist die Monotonie und das Anhalten. So gesehen ein Teufelskreis. In Indien gibt es das nicht, schon
beneidenswert.
Dem Umstand angepasst befinden sich auf allen LKWs und
Bussen Hinweise darauf, dass überholende Autos die Hupe benutzen sollen.
Zusätzlich sind Lämpchen an den Flanken uneinsichtlicher Vehikels angebracht,
die ein risikoarmes Überholen signalisieren sollen. Nicht selten winkt der
Fahrer aus dem Führerhaus die Autos einfach vorbei. Zum Dank wird gehupt.
An den Autos hingegen kleben grüne und rote Aufkleber an der
Heckschürze, die dem Hintermann zu verstehen geben sollen, überhol oder lass es
sein. Da im vorherrschenden Linksverkehr eh rechts überholt wird, können diese
Aufkleber nicht mehr als eine Empfehlung darstellen. Als ob nicht klar wäre,
auf welcher Seite in Indien gefahren und auf welcher überholt wird... Hundertprozentig geklärt ist es
vermutlich nicht.
Was sagt das über ein Land aus? Wer Lust hat, kann nun
tiefer in die indische Psyche eindringen… Aber vorsichtig!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen