Die Saufpause ist bereits wieder beendet. Zwei Monate habe ich komplett auf Alkohol verzichtet. Es
war mal ganz nett konsequent eine längere Zeit nichts zu trinken, wie einst der
alte Hemingway. Laut Zeitzeugen waren Ernestos Saufpausen die langweiligste Zeit
seines Lebens. Langweilig kann es schnell werden. Gerade, wenn man das
Wochenende aus der Hand gibt und Veranstaltern anvertraut. Nüchternheit und
Menschenmengen vertragen sich nicht besonders gut. Ich gebe zu, dass ich solche
Herausforderungen gemieden habe. Ich war auf keiner größeren Veranstaltung oder
Feiern in meiner abstinenten Zeit. Auf privaten Abenden funktionierte das
Safttrinken sehr gut. Wenn man keinen Eintritt bezahlt hat, gibt es auch keine
Überlegungen, wann man das Geld ausgesessen hat. Zum einen, zum anderen: Wer
sich auf privaten Abenden langweilt, ist langweilig.
Das Problem war das ständige Rechtfertigen. „Wieso trinkst
du nichts?“ Die Vermutung, ich wolle einer Abhängigkeit entgegenwirken, war für
viele das nächstliegende. Meine ehrliche Antwort: "Nee, nee, ich mache das
einfach so", machte mich nur verdächtiger. Irgendwann sagte ich: "nur so, aus
Scheiß!", was weniger nachdrücklich hinterfragt wurde. Bekloppt sein, ist
offensichtlich uninteressanter als Alkoholkrank.
Andere wiederum wurden bei dem Gedanken den gesamten Abend einen Nüchternen neben sich zu haben, provozierend bis aggressiv. Das konnte ich gut
nachvollziehen. Alleine trinkt niemand gerne und ganz alleine schon gar nicht.
Um Diskussionen aus dem Weg zu gehen, trank ich alkoholfreies Weizen,
selbstredend aus dem Glas. Die leere Flasche mit dem Hinweis „Alkoholfrei“ stellte ich neben den Tisch, das Label nach innen gedreht. Täuschen und Tarnen, ihr kennt das von der Maloche.
Die Idee zur Pause hatte Martin, der seinen LKW Führerschein
verlängern wollte, wofür die Leberwerte stimmen müssen. Die Prüfung und das
Ergebnis sind jetzt auch schon etwas länger her. Alle Werte waren Top, was
beweist: Zwei Monate Saufpause egalisieren zehn Monate exzessives Treiben. Auf
Jahre hin! Das sind doch mal gute Nachrichten. So was steht nicht in der
Apotheken Umschau.
Insgesamt habe ich mir den Verzicht herausfordernder
vorgestellt. Einzig nach Fußballspielen musste ich aufpassen mich nicht mit
Selbstvorwürfen zu nerven.
„Was kommt als nächstes? Benutze ich meine Beine nicht mehr? Die sind viel beanspruchter als meine Leber.
„Was kommt als nächstes? Benutze ich meine Beine nicht mehr? Die sind viel beanspruchter als meine Leber.
Ich will los und niemand kann mehr fahren, es ist gerade so
lustig, dann ist jetzt auch egal.“
Zum Teil begriff ich nüchtern die Argumentationen der
anderen nicht mehr, was die dritte Halbzeit völlig sinnentleerte. Der nächste
Tag nach der Beendigung der Saufpause ist übrigens zum abgewöhnen. Irgendwie habe ich es geschafft in den zwei Monaten 7 Kilo abzunehmen. Dazu sei gesagt, ich habe es auch von der Ernährung her darauf angelegt. Die Feiertage werden das schon wieder richten
Meine "Saufpause" dauert jetzt schon etwas länger als deine. Seit 1998 nix mehr. Aber ebenfalls nicht wegen irgend einer Erkrankung, sondern einfach so aufgehört.
AntwortenLöschenDie Gespräche kann ich voll und ganz nachvollziehen...
"Du trinkst nichts?"
"Nein, zumindest kein Alkohol"
"Bist du krank oder hat dir dein Arzt das verboten?" [ich habe meine Krankheit selber diagnostiziert und lasse mir von keinem Arzt was verbieten (5-finger-palm)]
"Ne. Einfach so..."
"Ach echt jetzt? Find ich schon stark. Und du trinkst wirklich nix? Auch kein Bier?" [Bier wurde 1972 per Gesetzt zu Nicht-Alkohol erklärt und macht seitdem auch nicht mehr so besoffen wie vor 1972. Deswegen muss man es sich seit 1972 eimerweise in den Schädel schütten bis es aus den selben wieder raus kommt]
"Nein, auch kein Bier..."
"Ich könnt' das nicht..." [können kannst du schon. Du willst nur nicht. Arschmade.]
Ich halte nicht viel von diesem „ganz oder gar nicht“. Ich bin der Meinung, man muss beides können. Alkohol ist ein schönes Schmiermittel und es macht ja auch Spaß, aber soll jeder machen wie er meint, solange er es vorwurfsfrei tut.
LöschenBei mir hat es sich einfach so ergeben das ich irgendwann "gar nichts" mehr getrunken habe. Wobei ich das "gar nichts" auch nicht immer fundamentalistisch gesehen habe. Das eine oder andere Glas Wein war schon mal dabei. Aber es schmeckt mir halt nicht und mir vergeht die Lust sobald ich Alkohol nur rieche weil der Duft mich an meine Abstürze Anfang bis Mitte 20 erinnert.
LöschenEs schmeckt mir nicht, ist immer noch das nachvollziehbarste Argument. Was einem daran nicht schmeckt kann gerne offen bleiben. Ich bekomme es jedes Mal mit der Angst, wenn ein Vegetarier zum Selbstverliebten Monolog ansetzt. Alles schon mal gehört und dennoch anders entschieden.
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