Den
folgenden Text habe ich vor genau fünf Jahren geschrieben. Es ist ein Blick ins Jahr
2012. Lustig, dass ausgerechnet heute der Maya Kalender endet, das war damals nicht beabsichtigt. Zukunftsvisionen aus der Vergangenheit gehören zu meinem Lieblingsgenre.
2001 Odyssee im Weltraum, Schöne neue Welt usw. Vor fünf Jahren habe ich mich
auch mal in dem Genre versucht und jetzt, wo ich es erneut gelesen habe, werde
ich es wieder tun. Inhaltlich haut es sehr genau hin, vielleicht auch, weil die
Vorhersagen nicht allzu mutig waren. Ich habe mich in der Anzahl der Fortsetzungen
von Spiderman getäuscht! Avatar und Batman sei dank, wurden die Fortsetzungen
der Ursprungs-Trilogie von Spiderman, die mit Tobey Maguire, eingestampft. Alles
sollte in 3D und düsterer daherkommen. Deshalb gibt es heute nur vier Spiderman
Filme, anstatt fünf. Das kann doch niemand vorhersehen.
„Und dann kam ihm dieser
Gedanke – heute leben – auch schon wieder unwahr, ausgedacht, geheuchelt
vor, schlicht deshalb, weil er ihn schon zu oft gedacht hatte.“ Moritz
von Uslar
21. Dezember 2007... irgendwo in Niedersachen
Jetzt
haben sie mich alle vergessen. Innerhalb 48 Stunden keine einzige eMail
im Posteingang. Noch nicht einmal eBay oder GMX 2.0, die einem etwas
andrehen wollen. Hätte ich nicht soviel Schiss davor, dann würde ich die
Spams durchlesen und beantworten.
Mein
Handy klingelt seit Jahren nicht. Ich benutze es nur noch als Wecker
und Uhr, weil ich keine Armbanduhren ausstehen kann. Früher hatte ich
überhaupt keine Uhr bei mir. Notfalls habe ich einen Schokoriegel oder
ein Bier im Supermarkt gekauft um auf dem Kassenbon die Uhrzeit und das
Datum zu erfahren. Es funktionierte prima. Freunde wohnen ein paar
Straßen weiter. Aber das Wetter ist total beschissen und mir fällt auch
kein Grund ein rüber zufahren. Ich kann ja schlecht klingeln und sagen:
„Moin, ich langweile mich zu Tode. Kann ich mich bei euch hinsetzen und
einfach nur teilhaben?“ Denen geht es ja nicht anders. Nur haben die
Familien und langweilen sich, auf lange Sicht gesehen, im großen Stil.
Dennoch haben die ihre Schäfchen im trockenen, die brauchen sich nichts
mehr zu beweisen. Und schon gar nicht vor mir.
Ideal
wäre es sich zu verlieben. Auf die schnelle. Express quasi. Das große
Gefühl fordern und wenn es nur für ein paar Monate ist. Sich irgendwie
in den Frühling retten. Aus der einen, großen Liebe wird wohl nichts
mehr. Nicht mit 30. Da fangen alle an sich zu arrangieren, nennen das
nur anders. Wenn mit der Liebe erstmal nichts wird, dann stirbt
vielleicht einer aus dem Bekanntenkreis? Das wäre wenigstens mal ein
handfester Grund zum jammern und gequält aus der Wäsche gucken. Böser Gedanke. Aber anders kommt man ja nicht an die großen
Emotionen, die mich noch mal fordern würden, ran. Dem ungeachtet ist es
eine gute Erklärung, warum man sich so benimmt wie ich es tue. Das ist
wohl eines dieser Dinge, die man noch nicht einmal denken darf. Sich
geistig darauf vorzubereiten kann trotzdem nicht schaden… Wieder
Fernsehen. Wenn man all diese übertrieben glücklichen und unglücklichen
Menschen im Fernsehen sieht, da kann man schon neidisch werden…
Ich
gehe ins Badezimmer und schaue in den Spiegel. Vielleicht ist ja noch
irgendetwas zu machen? Ne, schon alles erledigt. Vielleicht eine
Veränderung? Eine Narbe an der Stirn mit der dazugehörigen
Piratengeschichte? Oder noch einmal duschen? Wenn ich so auf meine
schrumpeligen Fingerkuppen schaue, würde ich sagen, zuviel ist auch
nicht gut. Ich könnte wieder Depressiv werden… aber das habe ich
abgelegt als es Trend wurde. Essen kann man stattdessen immer.
Um
Bücher zu lesen muss man sie ja erstmal haben. Das ist mit Musik
einfacher, die gibt es im Internet auf Abruf. Ich lese Comics. Gute
Geschichten und total unbegreiflich für mich wie man so zeichnen kann.
Wenn ich ein Talent hätte, dann könnte ich mir das in den Hinterkopf
packen und an harten Zeiten einfach denken: "Ich habe ja noch mein
Talent“.
Wäre ich
krank, dürfte die Zeit ruhig weiterlaufen. Es gibt mittlerweile für
jedes Verhalten eine passende Krankheit. Alles ist Normal und total out.
Das beruhigt mich. Der einzige Unterschied liegt darin, ob du mit
deinem Verhalten alleine da stehst oder ob du viele Leidensgenossen
hast. Zum Beispiel das Boreout Syndrom. Das Gegenteil vom Burnout
Syndrom. Langeweile auf und bei der Arbeit. So oder so, du bist Krank.
In Amerika hat jeder einen Therapeuten. Ich habe noch nicht einmal einen
Hausarzt. Natürlich habe ich einen, der wechselt aber jedes Mal mit der
Schwere der Krankheit. So weiß ich nie was ich in der Praxis auf die
Frage: „und wer ist ihr Hausarzt?“ antworten soll
Im
Kino läuft Spiderman 5. Alleine ins Kino? Wenn ich mir einen bunten
Schal anziehe, denkt die Kartenfrau bestimmt ich sei Filmkritiker oder
-Student. Vorsichtshalber könnte ich auch beim bezahlen das Handy aus
der Tasche ziehen und deutlich vor mir hinbrabbeln: „Oh, sie sitzt schon
drinnen.“ Und dann noch einen großen Eimer Popcorn kaufen. Unmöglich,
dass ich den alleine essen werde. Das könnte ich machen. Oder ich setze
mich vor den Rechner und spreche ein paar Bekanntschaften im Chat an.
Online sind genug. Ach, dieses scheiß „sichzuerstmelden“, den ersten
Schritt machen, stehe ich nicht durch. Dann diese Machtkämpfe, wer
braucht wen am wenigsten? Die anderen tun so beschäftigt und nach zwei
Stunden chatten kam nichts rum. Doch, 24 weniger 2. Das lohnt nicht. Man
fühlt sich so abhängig und unterwürfig den anderen gegenüber. Wenn ich
mir versuche vorzustellen, wie die vor ihren Rechnern aussehen, dann
sehe ich nur gelbe Smily Gesichter. Versuche ich mir vorzustellen was
diese Smilys gerade machen, sind sie alle anderweitig beschäftigt. Ich
bin der einzige, der wirklich auf eine, noch so lakonische, Antwort
wartet. Nur um dann seitenweise zurück zuschreiben. Und plötzlich heißt
es: Tschüß, ich treffe mich noch mit dem und dem… Scheiße. Was für ein
Theater.
Ich
mache mir keine Sorgen. Als Kind habe ich mir immer gedacht: Junge,
egal was aus dir wird, Michael Jackson stirbt früher. So langsam brauche
ich einen Plan B…
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