„Ich hatte auch mal einen Hund, der müsste hier noch irgendwo liegen.“ Barney Gumbel
Ein sicheres Indiz für Armut soll, laut Wiglaf Droste, Kohlgeruch im Hausflur sein. Ein anderes Zeichen ist die Plakatwerbung an den Hauswänden. Die bourgeoisen Marken dürfen ruhig fehlen, aber wenn Samy Deluxe Werbung für die AIDS Stiftung macht, anstatt Jogi Löw für Urlaubsreisen, ist das schon verdächtig. Anstelle Ikeas Sonderangebot drei Kinderbetten zum Preis von zweien, sieht man Kondomwerbung. Andererseits bekommt man vielleicht auch mehr Wohnung für sein Geld. Der Vermieter hatte mir die Telefonnummer seiner Lebensgefährtin gegeben. Lebensgefährten… das klingt so nach einem Kompromiss. Warum nicht Frau? Egal. Diese Frau sollte ich jedenfalls anrufen wenn ich vor der Tür stehe. Während ich noch die richtige Hausnummer suchte, fragte mich ein Türke von seinem Karren aus, ob er mir helfen könne.
Ich sagte ihm, ich wüsste wohin ich will und griff nach meinem Mobiltelefon.
Der Türke hatte ein ziemlich ausgeprägtes Helfersyndrom und brüllte mich an, warum er mir nicht helfen könne.
„Komme zurecht!“ Zum Glück nahm in dem Moment die Gefährtin des Vermieters ab und erklärte mir irgendetwas, das ich von der Sprache her nicht verstand. Der Türke stieg inzwischen aus seinem BMW und ging in das Haus mit der Nummer 64… meine Nummer. Klar. Hoffentlich merkte er nicht, dass er mir tatsächlich hätte helfen können. Eine Frau mit Kopftuch führte mich in den, nach Knoblauch riechenden, Hausflur. Das Treppenhaus war schmaler als die Olsen Twins. Naja, so konnte ich wenigstens ausschließen, dass meine Nachbarn schlechte Klavierspieler sind. Ich ließ ihr den Vortritt und trottete hinterher. So konnte sie auch nicht sehen wie ich mich bemühte den Handlauf wieder in die dafür vorgesehenen Dübel zu bekommen. Die Wohnung war im 5. Stock. Dachgeschoss. 40 Quadratmeter standen in der Anzeige. Leider wissen viele Vermieter nicht, dass der Flur, die Küche und schon gar nicht das Treppenhaus zur Wohnfläche dazu zählen. Wohnfläche, der Name sagt es doch schon. Außerdem muss ein Raum mindestens 2 Meter hoch sein. Als ich das Schlafzimmer betrat, haute ich, noch bevor ich beide Füße im Raum hatte, mit dem Kopf gegen die Dachschräge. Witzig. Ich verlor das letzte bisschen Interesse an der Wohnung beim Anblick der Küche. Wieder hatte ich keine Gelegenheit meinen vorbereiteten Fragenkatalog abzuarbeiten. Stattdessen erklärte ich der Frau, dass mir die Wohnung zu groß wäre und ging.
Gleich um die Ecke hatte ich einen weiteren Termin. Dieses Mal 4. Stock. Der Vormieter war ungefähr so alt wie ich und lebte dort mit seiner Freundin. 2. Zimmer. Ganz gemütlich. Ein Balkon gehörte auch dazu. Schade nur, dass die Balkontür nach innen aufging und so ziemlich die gesamte Küche im Weg stand. Aber schön sei es allemal. Im Sommer, of Course. Ich fragte ihn, ob es keinen Fahrradkeller geben würde. Jedenfalls hingen zwei Trekking Bikes an einer Gogo Stange in der Küche. Den Fahrradkeller gibt es, aber sei viel zu „unsave“, wie er es nannte. Ich sollte mich schnell entscheiden, die Wohnung sei heiß begehrt und die nächste Interessentin kam mir auf der Treppe schon entgegen. Ich meldete mich nicht. Nach zwei Tagen war dieselbe Anzeige wieder online, nur mit dem Anhängsel „immer noch“ vor dem WOHNUNG FREI.
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