Montag, 1. Dezember 2014

Adventskalender 1. Fenster

Parfum ist ein Accessoire, das ich immer noch unterschätze. Ich habe keinen „Duft“, wie man einen Zahnarzt oder Friseur hat. Vor allem aber, habe ich keine Ahnung was zu mir passt. Dass irgendein Duft zu mir passt, schließe ich aus den vielen Düften, die nicht zu mir passen. Weil sie nach Händewaschen riechen oder sich auffällig an eine bestimmte Zielgruppe ranschmeißen. Die heißen dann „Wild“ oder „Tattoo“ oder „Sport“. Das ist wenigstens offensichtlich und nachvollziehbar. Dagegen entzieht sich der Untertitel oft völlig meinem Verständnis. Der Geruch des Sieges oder der Duft für Eroberer usw. Attribute wie smart, kühl, überlegen, unnahbar, unwiderstehlich sind keine Versprechen des Herstellers an seinen Kunden, sondern werden vorausgesetzt!
Das passende Parfum unterstreicht offensichtlich nur den Charakter. Leider fühle ich mich eher wie ein Volksbank Azubi in seinem ersten Anzug und nicht wie jemand, der, auf einem Pferd sitzend, eine gute Figur abgibt.

In der Parfümerie stehend, hole ich mir Empfehlungen bei Facebook ein. Jeder scheint sich schon mal Gedanken über das Thema gemacht zu haben. Ich bekomme viele Kaufbefehle, blöd nur, dass mein Geruchssinn spätestens nach der zweiten Duftprobe überladen ist. Zudem landet das Parfum nicht nur auf dem Teststreifen, sondern auch auf meinem Handrücken und den Fingern und bildet dort eine Melange aus Gerüchen, die an Erotik Etablissement erinnert.

Eine naive Verkäuferin hat sich vorgenommen, mich von meinem Leiden zu erlösen. Gleich meine erste Frage lautet, warum die 50 ml Flasche Joop Jump 35 € kostet und die 30 ml Flasche, mit den gleichen Inhaltsstoffen, ganze 40 €…
Ich solle das einfach so hinnehmen. Na wenn das schon so losgeht. Joops Jump hatte ich früher mal vor dem Badezimmerspiegel stehen und ich fand es auch ganz okay, wollte aber was Neues probieren, am besten ein Parfum bei dem der Kaufgrund ein besserer ist, als: das hatte ich schon mal vor dem Badezimmerspiegel stehen.

Die Verkäuferin rät mir von den sportlichen Düften ab, die seien kurzweilig und nur was für Proleten, höre ich aus ihrer Einschätzung heraus. Zudem kostet diese Art von Eau de Toilette schmale 17 €, weshalb sie mich lieber an das Regal mit den richtig teuren Wassern führt. Die Marken sagen mir gar nichts, jedenfalls sind es keine Namen von Modedesignern. Das würde besser zu mir passen, meinte die Dame. Aha. Inzwischen hat sie aus mir herausbekommen, dass ich Ingenieur bin und täglich in einem Büro sitze. Sie zeigt mir einen Duft, der sich angeblich super für den Alltag eignet. Es riecht tatsächlich etwas anders als seine günstigeren Vorgänger. Ich bin unheimlich schlecht darin Gerüche zu beschreiben. Nachdem ich erwähne, dass mein Charme für den schweißtreibenden Arbeitsalltag noch gerade so ausreicht und ich dringend Unterstützung für das Wochenende benötige, hält sie mir einfach das Nächstbeste Fläschchen aus dem Regal hin. Sie hat ja Recht, der Preis ist das einzig messbare Qualitätsmerkmal. Der Rest ich Verkaufs-Blabla. Zu ihrem Pech, habe ich gerade genau darauf Bock.

Ich: „Haben Sie auch Diesel Brave? Common hat dafür mal Werbung im Fernsehen gemacht, das wirkte auf mich sehr authentisch.“

Sie: „Wer?“

I: „Common. Musiker und Schauspieler. In dieser Reihenfolge. Im Fernsehen war das.“

Ich habe mir angewöhnt auf Nachfrage Rapper als Musiker zu bezeichnen. Der Ruf von Rappern ist mittlerweile relativ angeditscht. So weit ist das schon.

S: „Ich habe keinen Fernseher, gut nä!?“

I: „Oh, das tut mir leid.“

S: „Ich mache stattdessen Sport, gehe jeden Morgen laufen.“

Dazu muss ich sagen, dass die Verkäuferin nicht dem Klischee einer Parfum Fachfrau entspricht. Anstatt hübsch und mit einem puppengleichen Gesicht ausgestattet, war sie Fünfzig. Plus. Dazu humpelte Sie.

I: „Keinen Fernseher also, kennen Sie dann wenigstens den Typen aus der Serie Lost, der für Davidoff Cool Water Werbung macht?“

S: „Nein, aber Davidoff hat doch jeder zu Hause.“

I: „Nen Fernseher auch. Ich glaube, wir kommen der Sache näher.“

Davidoff muss günstig sein, denke ich, das behalte ich mal im Hinterkopf.
Während die Frau versucht sich nonchalant von mir zu entfernen, kommen wir an einem Stand mit Hugo Boss Düften vorbei. Boss Bottled, 250ml, inklusive Duschgel in einem Paket von 62 € auf 40 € runtergesetzt. Das spricht mich an. Der Claim passte ebenfalls direkt zu mir: „For the man of Today“. Das bin ich!
Schnell zugreifen, bevor Heute morgen Gestern ist und alles wieder von vorne losgeht.

Grüße an Steffi, bald ist Weihnachten.


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