Mittwoch, 17. Dezember 2014

Adventskalender 17. Fenster

TEIL 2


Wenn du als talentierter Jugendspieler an die Herrenmannschaften herangeführt wirst, ist es für deine weitere Entwicklung elementar wichtig, in welcher Liga die Erste Herren deines Vereins spielt. Umso besser deine Mitspieler sind, desto besser bist du. Das war eine von vielen Lektionen, die ich als A-Jugendlicher, der sich langsam an das Verlieren gewöhnen musste, mitnahm. Das Können der Mitspieler wurde immer wichtiger, bis es entscheidend war und wir in der Saison öfters verloren, als gewannen. Dabei waren wir nicht schlecht, eine gute, harmonische Truppe sogar. Falls ich mich nicht täusche, holten wir für den Verein mit dem B-Jugend Ligapokal den einzigen Titel in Pokalform. Das ist ungefähr mit vier Touchdowns in einem Spiel zu vergleichen, falls ihr versteht, worauf ich hinaus will. Das Problem, die Gegner waren weiter als wir, also besser.

Rückt man in den Herrenbereich auf, rückt man automatisch in den Fokus von mehreren Fußballspezialisten, bestehend aus Dreißigjährigen Legenden, die mal betrunken drei Elfmeter gehalten oder eine Ecke direkt verwandelt haben. Dazu kommen die Experten am Spielfeldrand, die jedes Spiel analysieren können, ohne hinzuschauen. Die Welt des Amateurfußballs ist eine Scheibe.
Mein Fußballspiel war simpel und eigen. Ich profitierte von meiner Statur, dem schnellen Antritt und Ballkontrolle. Damals wurde das Fummeln und brotlose Kunst genannt. Heute definiert sich der moderne Fußball über solche Spielertypen. Im Nachhinein klingt das größenwahnsinnig, aber als Teenager war das genau mein Ding.
Im Grunde wollte ich nur weiterhin Fußball spielen und gewinnen, erstmal egal wie. Und genau da war das nächste Problem. Die Gegner wussten alle wie sie zumindest nicht verlieren. Es gab damals keine taktische Ausbildung und für wen der Begriff Ausbildung zu übertrieben ist, der darf ihn gerne durch den Begriff Aufstellung ersetzen.

Ich war es gewohnt die Fehler bei mir zu suchen und falls ich sie selbst nicht gefunden hatte, half mir schon irgendjemand aus der Mannschaft oder vom Spielfeldrand. Fehler konnte ich mir gut eingestehen, nur in Gänze konnte ich sie nicht nachvollziehen. Schon allein aus reinem Interesse am Fußball, fing ich an, die Einschätzungen der alten Riege zu hinterfragen. Anweisungen wie: „Du spielst Mitte“, wollte ich in einem taktischen Verhältnis setzen. Was bedeutete in welchem Zusammenhang überhaupt Mitte? Die Antwort: Mitte, Mitte. 
Ach so. Selbst heute kann ich nur ahnen, was gemeint war. Die taktischen Missstände bestätigte mir erst vor kurzem ein Mannschaftskollege aus jener Zeit. Er sollte auf der „Sechs“ spielen und wusste immer noch nicht wo und was das sein soll. Irgendwie beruhingend und für mich der Beweis, dass vieles im Fußball überbewertet wird.
Aus Trotz stellte ich mich damals in den Mittelkreis und verweilte dort bis zum Abpfiff. Am Ende wurde ich tatsächlich dafür gelobt! Ich habe den Sport wirklich nicht begriffen. Oder anders: ich habe es so nicht hinnehmen wollen.

Natürlich hatten die Verantwortlichen keine Ahnung wovon sie redeten. Darum ging es auch nicht. Das ist die Kreisklasse, Hobby, morgen müssen alle wieder zur Arbeit usw. Nur hörte man solche Sätze nie aus deren Mündern. Irgendetwas reden, dabei die Wichtigkeit des Wettbewerbs hervorheben, mit dem Erfolg kommt der Spaß, darum ging es. Ich war anderer Meinung und so entwickelte ich mich von einem Siebzehnjährigen, der nichts anderes im Kopf hatte als Fußball, zu einem Achtzehnjährigen der sich den Spaß am Fußball bewahren wollte.

Alles sehr hochgestochen, weiß ich heute. Doch damals endete es für mich im Frust. Mit Achtzehn fällt es schwer Dinge als gegeben hinzunehmen und es fehlt der Überblick. Es war für mich nicht nachvollziehbar, wieso sich jemand als gut und weisungsbefugt hinstellt, der nicht gut war, sondern einfach nur älter. Mir fehlten die Argumente, die Taktik dahinter. Falls es eine gab. Es herrschten Willkür und Gleichgültigkeit.
Grüße an Kai, bald ist Weihnachten.

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