TEIL 2
Wenn du als talentierter Jugendspieler an die
Herrenmannschaften herangeführt wirst, ist es für deine weitere Entwicklung
elementar wichtig, in welcher Liga die Erste Herren deines Vereins spielt. Umso
besser deine Mitspieler sind, desto besser bist du. Das war eine von vielen
Lektionen, die ich als A-Jugendlicher, der sich langsam an das Verlieren
gewöhnen musste, mitnahm. Das Können der Mitspieler wurde immer wichtiger, bis
es entscheidend war und wir in der Saison öfters verloren, als gewannen. Dabei
waren wir nicht schlecht, eine gute, harmonische Truppe sogar. Falls ich mich nicht
täusche, holten wir für den Verein mit dem B-Jugend Ligapokal den einzigen
Titel in Pokalform. Das ist ungefähr mit vier Touchdowns in einem Spiel zu
vergleichen, falls ihr versteht, worauf ich hinaus will. Das Problem, die
Gegner waren weiter als wir, also besser.
Rückt man in den Herrenbereich auf, rückt man automatisch in
den Fokus von mehreren Fußballspezialisten, bestehend aus Dreißigjährigen
Legenden, die mal betrunken drei Elfmeter gehalten oder eine Ecke direkt
verwandelt haben. Dazu kommen die Experten am Spielfeldrand, die jedes Spiel
analysieren können, ohne hinzuschauen. Die Welt des Amateurfußballs ist eine
Scheibe.
Mein Fußballspiel war simpel und eigen. Ich profitierte von
meiner Statur, dem schnellen Antritt und Ballkontrolle. Damals wurde das
Fummeln und brotlose Kunst genannt. Heute definiert sich der moderne Fußball
über solche Spielertypen. Im Nachhinein klingt das größenwahnsinnig, aber als
Teenager war das genau mein Ding.
Im Grunde wollte ich nur weiterhin Fußball spielen und
gewinnen, erstmal egal wie. Und genau da war das nächste Problem. Die Gegner
wussten alle wie sie zumindest nicht verlieren. Es gab damals keine taktische
Ausbildung und für wen der Begriff Ausbildung
zu übertrieben ist, der darf ihn gerne durch den Begriff Aufstellung ersetzen.
Ich war es gewohnt die Fehler bei mir zu suchen und falls
ich sie selbst nicht gefunden hatte, half mir schon irgendjemand aus der
Mannschaft oder vom Spielfeldrand. Fehler konnte ich mir gut eingestehen, nur in
Gänze konnte ich sie nicht nachvollziehen. Schon allein aus reinem Interesse am
Fußball, fing ich an, die Einschätzungen der alten Riege zu hinterfragen.
Anweisungen wie: „Du spielst Mitte“, wollte ich in einem taktischen Verhältnis
setzen. Was bedeutete in welchem Zusammenhang überhaupt Mitte? Die Antwort: Mitte,
Mitte.
Ach so. Selbst heute kann ich nur ahnen, was gemeint war. Die
taktischen Missstände bestätigte mir erst vor kurzem ein Mannschaftskollege aus
jener Zeit. Er sollte auf der „Sechs“ spielen und wusste immer noch nicht wo
und was das sein soll. Irgendwie beruhingend und für mich der Beweis, dass vieles im Fußball überbewertet wird.
Aus Trotz stellte ich mich damals in den Mittelkreis und
verweilte dort bis zum Abpfiff. Am Ende wurde ich tatsächlich dafür gelobt! Ich
habe den Sport wirklich nicht begriffen. Oder anders: ich habe es so nicht hinnehmen
wollen.
Natürlich hatten die Verantwortlichen keine Ahnung wovon sie
redeten. Darum ging es auch nicht. Das ist die Kreisklasse, Hobby, morgen
müssen alle wieder zur Arbeit usw. Nur hörte man solche Sätze nie aus deren
Mündern. Irgendetwas reden, dabei die Wichtigkeit des Wettbewerbs hervorheben, mit
dem Erfolg kommt der Spaß, darum ging es. Ich war anderer Meinung und so entwickelte
ich mich von einem Siebzehnjährigen, der nichts anderes im Kopf hatte als
Fußball, zu einem Achtzehnjährigen der sich den Spaß am Fußball bewahren
wollte.
Alles sehr hochgestochen, weiß ich heute. Doch damals endete
es für mich im Frust. Mit Achtzehn fällt es schwer Dinge als gegeben
hinzunehmen und es fehlt der Überblick. Es war für mich nicht nachvollziehbar,
wieso sich jemand als gut und weisungsbefugt hinstellt, der nicht gut war,
sondern einfach nur älter. Mir fehlten die Argumente, die Taktik dahinter.
Falls es eine gab. Es herrschten Willkür und Gleichgültigkeit.
Grüße an Kai, bald ist Weihnachten.
Grüße an Kai, bald ist Weihnachten.
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