Lange habe ich überlegt welche Überschriften ich für einen
Jahresrückblick verwenden kann.
Ich kam auf ganze drei Stichpunkte:
Fußballweltmeisterschaft
Wetten dass…?
Mauerfall und
Tugce
War das Jahr 2014 so ereignisarm? Es kommt mir so vor,
selbst wenn die wenigen Ereignisse einen entsprechend tiefen Fußabdruck
hinterließen. Über die Fußballweltmeister will ich einen gesonderten Beitrag
schreiben. Wetten dass…? ist als Thema so durch und ermüdend. Der Mauerfall ist
ja eigentlich 25 Jahre her und die Bilder und Geschichten dieselben wie vor
fünf oder zehn Jahren. Bleibt nur noch das Reizthema Tugce.
Die Meldung, dass eine junge Frau an den Folgen ihres
mutigen Einschreitens verstorben ist, nahm ich nur am Rande auf. Vor mehreren
Jahren gab es eine ähnliche Meldung schon mal. Da war es ein älterer Bayer, der
an einer S-Bahn Station ausstieg um einem Jugendlichen gegen eine Überzahl
anderer Jugendlicher beizustehen. Der Mann wurde darauf von den Jugendlichen
erstochen. Daran kann ich mich gut erinnern, weil Uli Hoeneß sich damals sehr
für die Familie des Verstorbenen eingesetzt hat.
Welche hohen Wellen der Tod der jungen Frau schlägt, bekam
ich erst viel später mit. Kollegen redeten darüber und in der Innenstadt
standen auffällig viele Windlichter, anbei Bilder des Mädchens. Im Fernsehen
wurde diskutiert, ob Tugce symbolisch das Bundesverdienstkreuz überreicht
werden sollte. Als ein Fußballprofi bei seinem Torjubel ein T-Shirt vorzeigte,
dessen Schriftzug ebenfalls Bezug auf die Tat von Tugce nahm und der Spieler im
Nachhinein nicht vom DFB für das Verbreiten von Botschaften abgestraft wurde, las
ich mir genau einen Bericht zu dem Fall Tugce durch.
Vielleicht ist es politisch korrekter, wenn ich von
vornherein zugebe, dass ich nicht verstehe worum es gerade geht. Bei mir ist folgendes
angekommen: In einem Schnellrestaurant kam es zu einem Streit zwischen zwei
Mädchen und einem Typen. Betroffene Tugce ging dazwischen. Der Typ folgte den
Mädchen auf den Parkplatz und schlug Tugce an den Hinterkopf. Sie stürzte mit
dem Kopf voran auf den Asphalt und starb an den Folgen der Verletzung. Was
ebenfalls aus dem Bericht bei mir hängen blieb, die Mädchen und Tugce kannten
sich und der Typ wiederum kannte die Mädchen. In einem Fernsehinterview sagten
die aufgebretzelten Mädels was für ein toller Mensch Tugce war. Okay, die
werden befreundet gewesen sein, dachte ich. Hm, das kann ja gar nicht stimmen.
Befreundete Mädchen, die sich mit einem Bekannten streiten, alle ein bisschen
gereizt und einfach gestrickt, eins der Mädchen zieht ihre Freundinnen weg, dem
Bekannten brennen die Sicherungen durch und schlägt zu. Das klingt nach einem
Vorfall, wie er regelmäßig in jeder x-beliebigen Dorfdisco passiert.
Ich kenne Jemanden, der sich vor einer mittlerweile
geschlossenen Disco in einer Kleinstadt ebenfalls in einen Streit einmischte,
dabei handelte es sich um Fremde. Nachdem der Rauch verzogen war, wurde er die
Treppe runter getreten. Er sah entsprechend zugerichtet aus. Geschichten
solcher Art hörte ich bereits oft, deshalb widmete ich dem aktuellen Fall
bisher nur wenig Aufmerksamkeit.
In welche Richtung sich der Streit vor der bereits
geschlossenen Disco entwickelt hätte, kann man nicht wissen. Dasselbe kann man
wohl auch über den Streit, in den sich Tugce einmischte, sagen.
Ungefähr zeitgleich zu der aktuellen Tragödie ist in Stöcken
ein 21-Jähriger bei einem Raubüberfall erschossen worden. Er wollte den Räuber
überwältigen. Die Polizei wies den jungen Mann im Nachhinein darauf hin, dass
man sich bei Raubüberfällen besser nicht einmischt. Meine Kollegen unterhielten
sich auch über diesen Fall. Mein Problem: Ich verstehe die Relationen nicht,
falls ich die Zusammenhänge überhaupt richtig verstanden habe.
Tugce war ein hübsches Mädchen, das kommt den Medien sehr
entgegen, die machen da Unterschiede. Sie war eine Türkin, das kommt den
Politikern sehr entgegen, die machen da Unterschiede. Aber wenn man an diesen
Unterschieden Courage misst, dann lohnt sich das für mich ja gar nicht! Wäre es
nicht viel motivierender für alle, wenn die Medien und Politiker danke sagen
und in Zivilcourage eine Selbstverständlichkeit sehen und den Menschen
vermitteln, das die einzige Form von Altruismus es ist, sich selbst
einzubringen, anstatt daraus einen Hype zu machen, woraufhin sich jeder ein
gutes Gefühl abholt, indem er eine Kerze anzündet?
Ich hoffe, ich habe das richtig erklärt. Ansonsten denkt da
solange drüber nach, bis ihr es verstanden habt.
Grüße an Thorben, bald ist Weihnachten.
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