Montag, 15. Dezember 2014

Adventskalender 15. Fenster



Lange habe ich überlegt welche Überschriften ich für einen Jahresrückblick verwenden kann.
Ich kam auf ganze drei Stichpunkte:
Fußballweltmeisterschaft
Wetten dass…?
Mauerfall und
Tugce

War das Jahr 2014 so ereignisarm? Es kommt mir so vor, selbst wenn die wenigen Ereignisse einen entsprechend tiefen Fußabdruck hinterließen. Über die Fußballweltmeister will ich einen gesonderten Beitrag schreiben. Wetten dass…? ist als Thema so durch und ermüdend. Der Mauerfall ist ja eigentlich 25 Jahre her und die Bilder und Geschichten dieselben wie vor fünf oder zehn Jahren. Bleibt nur noch das Reizthema Tugce.

Die Meldung, dass eine junge Frau an den Folgen ihres mutigen Einschreitens verstorben ist, nahm ich nur am Rande auf. Vor mehreren Jahren gab es eine ähnliche Meldung schon mal. Da war es ein älterer Bayer, der an einer S-Bahn Station ausstieg um einem Jugendlichen gegen eine Überzahl anderer Jugendlicher beizustehen. Der Mann wurde darauf von den Jugendlichen erstochen. Daran kann ich mich gut erinnern, weil Uli Hoeneß sich damals sehr für die Familie des Verstorbenen eingesetzt hat.

Welche hohen Wellen der Tod der jungen Frau schlägt, bekam ich erst viel später mit. Kollegen redeten darüber und in der Innenstadt standen auffällig viele Windlichter, anbei Bilder des Mädchens. Im Fernsehen wurde diskutiert, ob Tugce symbolisch das Bundesverdienstkreuz überreicht werden sollte. Als ein Fußballprofi bei seinem Torjubel ein T-Shirt vorzeigte, dessen Schriftzug ebenfalls Bezug auf die Tat von Tugce nahm und der Spieler im Nachhinein nicht vom DFB für das Verbreiten von Botschaften abgestraft wurde, las ich mir genau einen Bericht zu dem Fall Tugce durch.

Vielleicht ist es politisch korrekter, wenn ich von vornherein zugebe, dass ich nicht verstehe worum es gerade geht. Bei mir ist folgendes angekommen: In einem Schnellrestaurant kam es zu einem Streit zwischen zwei Mädchen und einem Typen. Betroffene Tugce ging dazwischen. Der Typ folgte den Mädchen auf den Parkplatz und schlug Tugce an den Hinterkopf. Sie stürzte mit dem Kopf voran auf den Asphalt und starb an den Folgen der Verletzung. Was ebenfalls aus dem Bericht bei mir hängen blieb, die Mädchen und Tugce kannten sich und der Typ wiederum kannte die Mädchen. In einem Fernsehinterview sagten die aufgebretzelten Mädels was für ein toller Mensch Tugce war. Okay, die werden befreundet gewesen sein, dachte ich. Hm, das kann ja gar nicht stimmen. Befreundete Mädchen, die sich mit einem Bekannten streiten, alle ein bisschen gereizt und einfach gestrickt, eins der Mädchen zieht ihre Freundinnen weg, dem Bekannten brennen die Sicherungen durch und schlägt zu. Das klingt nach einem Vorfall, wie er regelmäßig in jeder x-beliebigen Dorfdisco passiert.

Ich kenne Jemanden, der sich vor einer mittlerweile geschlossenen Disco in einer Kleinstadt ebenfalls in einen Streit einmischte, dabei handelte es sich um Fremde. Nachdem der Rauch verzogen war, wurde er die Treppe runter getreten. Er sah entsprechend zugerichtet aus. Geschichten solcher Art hörte ich bereits oft, deshalb widmete ich dem aktuellen Fall bisher nur wenig Aufmerksamkeit.

In welche Richtung sich der Streit vor der bereits geschlossenen Disco entwickelt hätte, kann man nicht wissen. Dasselbe kann man wohl auch über den Streit, in den sich Tugce einmischte, sagen.

Ungefähr zeitgleich zu der aktuellen Tragödie ist in Stöcken ein 21-Jähriger bei einem Raubüberfall erschossen worden. Er wollte den Räuber überwältigen. Die Polizei wies den jungen Mann im Nachhinein darauf hin, dass man sich bei Raubüberfällen besser nicht einmischt. Meine Kollegen unterhielten sich auch über diesen Fall. Mein Problem: Ich verstehe die Relationen nicht, falls ich die Zusammenhänge überhaupt richtig verstanden habe.

Tugce war ein hübsches Mädchen, das kommt den Medien sehr entgegen, die machen da Unterschiede. Sie war eine Türkin, das kommt den Politikern sehr entgegen, die machen da Unterschiede. Aber wenn man an diesen Unterschieden Courage misst, dann lohnt sich das für mich ja gar nicht! Wäre es nicht viel motivierender für alle, wenn die Medien und Politiker danke sagen und in Zivilcourage eine Selbstverständlichkeit sehen und den Menschen vermitteln, das die einzige Form von Altruismus es ist, sich selbst einzubringen, anstatt daraus einen Hype zu machen, woraufhin sich jeder ein gutes Gefühl abholt, indem er eine Kerze anzündet?

Ich hoffe, ich habe das richtig erklärt. Ansonsten denkt da solange drüber nach, bis ihr es verstanden habt.
Grüße an Thorben, bald ist Weihnachten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen