Dienstag, 16. Dezember 2014

Adventskalender 16. Fenster

TEIL 1

Wer träumte als Kind nicht davon? Wenn ich groß bin, will ich Amateurfußballer werden. Wo sonst hat man soviel Spaß?

In einer Fußballmannschaft vom Dorf hast du einen Querschnitt durch alle Spielertypen, die der Sport hergibt. Achtzehnjährige, die alles andere im Kopf haben als Fußball. Achtzehnjährige, die nichts anderes im Kopf haben als Fußball. Achtzehnjährige, die nichts im Kopf haben. Daneben Dreißigjährige, die den Sonntag lieber mit der Familie verbringen würden. Dreißigjährige, dessen Familie der Verein ist. Dreißigjährige, die froh sind, wenn sie mal für ein paar Stunden aus der Familie und sich ausbrechen dürfen. Daraus ergibt sich ein hochexplosives Gemisch aus Hobbykickern, die Niederlagen schon vor dem Anpfiff einfach so hinnehmen und Sportskameraden, die die Hobbykicker für Niederlagen verantwortlich machen. Und da niemand gerne verliert, wird vor der Saison der maximale Erfolg ausgerufen.

Ich spiele jetzt seit vierzehn Jahren in den untersten Klassen, die der Landkreis zu bieten hat. Leider nicht durchgehend. Insgesamt warfen mich dutzende Verletzungen ganze drei Jahre zurück. Womit zurück an den Spielfeldrand, näher an die Bierbude meint. Ich dachte mir, ich schreibe mal nicht von den Schwärmereien, der Ironie, über die herbei gesoffene Kameradschaft und all die Legenden, die davon handeln, welcher Torwart total betrunken zum Spiel kam und trotzdem drei Elfemeter hielt oder nach wie wenigen Einsatzminuten jemand direkt wieder mit Rot vom Platz geschickt wurde. Diese Geschichten hört man überall, immer etwas anders. Ich wollte mal von den Schattenseiten erzählen, aber vor allem von mir. Die Identifikation mit diesem Sport, kann ja jeder selbst für sich zwischen den Zeilen herauslesen.

Wenn man in der Jugend oft und hoch gewinnt, ist das meist als ein Anzeichen von vorhandenem Talent zu deuten. Ich selbst habe das nie so gesehen. Das lag vor allem daran, dass bei den seltenen, aber scheinbar entscheidenden Niederlagen unserer Mannschaft gerne meine Tagesform als Indiz für die Niederlage hergeholt wurde. Damals habe ich das geglaubt und akzeptiert. Ein Fehlpass, ist ein Fehlpass zuviel, aus drei Torschüssen können drei Tore fallen, und nicht nur zwei. Das war mir klar und ärgerte mich. Ebenfalls ist klar, dass man mit sechzehn, siebzehn Jahren nicht besonders viel vom Fußball versteht. Es gab ja niemanden, der es einen hätte beibringen können. Die Trainer waren selbst fußballerisch nie besonders in Erscheinung getreten und wie gesagt, reichte das was man da tat, oft aus. Die Zweifel am eigenen Spiel begleiteten mich natürlich, dazu war ich unheimlich ehrgeizig, was ebenfalls ein hochexplosives Gemisch war. Spätestens als ich registrierte, wie ehemalige Mitspieler aus früheren Spielgemeinschaften einen riesigen Schritt in ihrer Entwicklung gemacht hatten, während ich selbst auf der Stelle trat, begann ich meine Einstellung zum Fußball zu ändern. Ich entdeckte die Welt des Amateurfußballs, dieses große Dorfding, an dem soviel hängt.
Grüße an Timo, bald ist Weihnachten.

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