Der
Freitag beginnt früh. Gefühlt ist es
Grade-Ebend-Nachdem-Ich- Eingeschlafen-Bin als der Wecker klingelt.
Selbst als ich um 5 Uhr im LKW sitze habe ich noch das Gefühl
Mitternacht sei noch nicht rum. Es geht nach Stollberg ins Rheinland,
gute 120km hin und 120km wieder zurück. Normalerweise müsste ich
gar nicht so früh im LKW sitzen, es würde durchaus reichen wenn ich
2 Stunden später los fahren würde. Aber ich bin halt nicht alleine
auf der Straße. Fahre ich um 5 Uhr los, komme ich ohne Staus durch
und bin nach knapp 1:45 Stunden in Stollberg. Eine Stunde später,
also um 6 Uhr, komme ich zwar wunderbar an Köln vorbei, gerate aber
spätestens im Kreuz Aachen in den Stau und brauche für die gleiche
Strecke schon mal eine halbe Stunde länger. Um 7 Uhr loszufahren
wäre nur noch in der Theorie möglich. Ich habe es mal ausprobiert
und bin von einen Stau in den nächsten gekommen: 3 Stunden für
120km. Grade Freitags oder Montags ist es die Hölle. Ist
wahrscheinlich nur etwas psychologisches und lässt sich nicht
rational erklären, aber an diesen beiden Wochentagen fahren alle wie
bekloppt.
Also
quäle ich mich um 5 Uhr morgens in den LKW damit ich die Tour in
einen Rutsch ohne Pause hin und zurück schaffe. Mit etwas Glück
schaffe ich noch ein wenig Abladen und dann zwingt mich das digitale
Kontrollgerät auch schon zu einer Pause die ich eigentlich nicht
machen will.
LKW
fahren hat schon lange nichts mehr mit Romantik zu tun. Die
Lenkzeiten werden von einen gnadenlosen digitalen Kontrollgerät
aufgezeichnet. Genauso die Geschwindigkeit.. Da das vielen
Unternehmern nicht mehr ausreicht und sie live verfolgen wollen wo
sich ihre Fahrzeuge gerade befinden, gibt es dann noch zusätzlich
die Fernüberwachung.
Einfach
mal da lang fahren wo es schön ist? Schon lange nicht mehr. Pause
machen weil man gerade mal keine Kraft mehr hat? Bringt einen in
Erklärungsnot. Wenn man denn mal einen Platz findet wo man Pause
machen kann.
Viele
Kraftfahrer kämpfen jeden Abend um ihren Schlafplatz. Parkplatznot
nennt sich das Drama lapidar im Politikerdeutsch. Gegenmaßnahmen?
Keine. Selbst tagsüber ist es schwer geworden einen Platz zu finden
an dem man seine vorgeschriebenen Pausen machen kann. Es kommt vor,
dass sich Anwohner über einen „wild parkenden LKW“ beschweren.
Wenn dann die Ordnungsbehörden vor Ort sind, stellt sich heraus das
der Fahrer dort abladen muss weil sich genau dort irgend eine kleine
Firma befindet die halt mal mit einen großen LKW beliefert wird.
Wenn sie denn schon mal da sind, dann wollen sie auch nicht umsonst
gekommen sein. Ihr Einsatz muss irgendwie finanziert werden. Also
stellen sie ein Bußgeldbescheid aus. Begründung? Egal, irgendwas
findet sich immer. Oft hört man dann von den Polizisten, dass der Chef
dann halt einen kleineren LKW schicken müsse. Erwidert man darauf
das die Straßen dann noch voller seien weil sich dann ja große und
kleine LKW diese teilen müssten, bekommt man zum Bußgeldbescheid
ein Achselzucken gratis hinzu.
LKW
fahren macht einfach keinen Spaß mehr. Es kommt eher selten vor, dass
ich irgendwo in kleinen Straßen anliefern muss. Kann man positiv
oder negativ sehen. Aber genauso selten kommt es vor, dass ich mal
irgendwo in einer schönen Gegend unterwegs bin. Ich sehe zu 90% nur
die Rückseite der Ballungszentren. Die kleinen Firmen die früher
irgendwo auf dem Land ansässig waren, sind zum großen Teil
verschwunden. Überleben können nur die großen Unternehmen. So
juckelt man von einen Industriegebiet zum nächsten und sieht in
erster Linie Autobahnen, Rasthöfe, Industriegebiete und deren
schmutzige Betriebshöfe.
Ich
könnte auch etwas anderes als Altmetall in Containern fahren. Das
würde aber Termindruck, Stress und der ewige Kampf mit Lenk- und
Ruhezeiten bedeuten. Und wenn nicht das, dann schlechte Bezahlung
weil die Konkurrenz aus Osteuropa auf den Markt drängt.
Mein
Beruf bietet keine Zukunft, keine Perspektive und nur wenig Hoffnung.
Aber ich hab es ja nicht mehr lange bis zur Rente. 20 Jahre
vielleicht noch, wenn ich durch halte. Wenn die Knochen mitspielen,
wenn ich nicht vorher irgendwo am Baum lande oder an einen Stauende
von einen „Kollegen“ zusammengeschoben werde der nicht bremst,
weil er pennt, telefoniert oder einfach nur unfähig ist sein Gefährt
zu lenken.
Ich
schaffe es Freitag früh Feierabend zu machen. Früh bedeutet 14 Uhr,
von 5 Uhr an gerechnet sind das schlappe 9 Stunden. Ich kann froh
sein, denn so mancher Kollege hat den Feiertag irgendwo auf einen
Rastplatz verbracht, arbeitet täglich 13-15 Stunden, kommt erst
Samstags nach Hause und darf sich Sonntags gegen 22 Uhr schon wieder
hinters Lenkrad klemmen.
Zu
Hause schlafe ich irgendwann auf der Couch vor dem Fernseher ein. Ich
weiß nicht wann ich eingeschlafen bin, weiß auch nicht wann ich
aufgewacht bin. Ich gehe ins Bett und werde erneut wach als es schon
lange Hell ist.
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