Die gute alte Zeit
Seit langem mal wieder
ausgeschlafen – JEAH! Keinerlei Verpflichtungen heute – entspannt! Ich rolle
mich aus dem Bett, rüber zum Plattenschrank und grabe mich völlig unbenommen
durchs Regal. Ich bleibe bei dem Album „Overgrown“ von James Blake hängen. Hmmm
ich weiß noch ganz genau, als ich diese Platte in der Sound Station in
Kopenhagen gekauft habe. Viele schöne Erinnerungen gehen mir durch den Kopf.
Das mag ich. Genau das richtige, um gut gelaunt in den Tag zu starten, auch
wenn die Melodien selbst von jeder Menge Melancholie geprägt sind. Selbst das
Gatefold-Cover erscheint mir melancholisch. Ich trinke einen Becher Kaffee und
versinke mit jedem Titel tiefer in Gedanken. In der letzten Endlosrille
angekommen, kehre ich zurück in die Gegenwart. Mein Unterbewusstsein möchte
jetzt „Just A Blip“ von Arthur Russel hören. Den Gefallen tue ich mir. Danach
geht’s duschen. Jetzt bin ich wach. Ich schiebe mir eine selbstgetuned‘te Tiefkühlpizza
in den Ofen und stelle mir einen Timer. Der Klassiker, wenn ich mal alleine in
meinem Elternhause war. Ich schalte meinen alten Fernseher ein und der Receiver
möchte - wie immer wenn ich das Ding mal einschalte - irgendwelche Satelliten
updaten. Ich aber nicht. Ich zappe durch das erste Dutzend Sender von fast 300
Kanälen, die kein Mensch braucht. Auf K1 läuft „Vier Fäuste Gegen Rio“. Ich
freue mich, entscheide mich aber trotzdem eine halbe Stunde vor dem Ende zum
Kranzbinden für die Hochzeit von Ayleen & Thorben zu gehen.
Darum dreht sich schließlich das
gesamte lange Wochenende. Morgen ist Brückentag und standesamtliche Trauung mit
späterem Polterabend. Samstag dann der Große Tag für A & T. Ich bin
gespannt. Ich war zwar schon öfters auf Hochzeitsfeiern, aber es ist für mich
die erste Hochzeitsfeier eines Freundes meiner gefühlten Generation, an der ich
vollständig teilnehmen kann. Ich fange deshalb an, mich ganzheitlich mit diesem
Thema auseinander zu setzen und mache alles was dazugehört mit, um dieses
Phänomen auch einmal ausgiebig aus einer involvierten Perspektive zu
betrachten. Sogar der Junggesellenabschied auf der Reeperbahn, der mich
persönlich sonst immer sehr stört, wenn ich auf dem Weg zum Feiern in die
Talstraße oder zum Hamburger Berg über die Reeperbahn muss, habe ich mitgemacht...
Was heißt heiraten und warum
heiratet man wohl ein anderes Individuum? Abgesehen von steuerlichen Vorteilen,
hat sich mir das bis jetzt immer noch nicht erschlossen. Eine Heirat ist für
mich so bedeutungslos, wie der Valentinstag, Halloween oder auch die Figur des
Weihnachtsmanns. Diese Bräuche sind meiner Meinung nach Humbug. Eine Tradition,
die vorgibt wichtig zu sein, tatsächlich aber ein Schwindel ist. Liebe ist für
mich keine Erwartungshaltung. Das kostbarste, was man einem anderen Menschen
geben kann, ist ganz einfach seine (Lebens-)Zeit und nicht irgendein
Versprechen vor dem Standesamt oder einem Gott.
– Ich muss gerade an „Manfred
Mustermann“ vom Blumentopf denken –
Trotzdem: jede/r gerne so, wie sie/er
glücklich werden mag. Außerdem freue ich mich natürlich auch auf die daraus
resultierenden Feierlichkeiten. Das Kranzbinden erfüllt, wie erwartet, das
traditionelle Klischee. Die paar Männer schleppen die schweren Äste rein und
raus und trinken das Bier, während die wohlgenährten Frauen mit den Kindern auf
wundersame Weise die kleinen Zweige zu einem schönen, grünen Kranz zusammenbinden.
Nachdem die Kränze für die Kirche und die Feierstätte wiederum von Männerhand
erfolgreich an den Türen angebracht wurden, machten sich alle Binder mit einem
Kranz in Herzform auf den Weg zum Brautpaar in Spe. Dafür gab es anschließend
im Garten ein paar auf die Zunge. Als es so langsam kalt wurde, machte ich mich
mit meinem alten Freund und Kupferstecher Küppi auf den Weg nach Hause. Bei Ihm
gab es neben einem Absacker auch noch einige Runden Tekken 3 und Tony Hawks Pro
Skater 2 auf einer „gechip’ten“ Playstation 1. Auch das weckte viele
Erinnerungen und bereitete großen Spaß.
Tune des Tages: James Blake – Life Round Here
„Part time love is the life round here
We're never done
Everything feels like touchdown on a rainy
day…”
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