Heute habe ich lange geschlafen. Wieder. Zum Glück habe ich
eine Kanne Wasser auf meinen Nachttisch gestellt, als ich ins Bett gegangen
bin. V ist vorhin gegangen, Lisa war in der Küche und hat neugierige Augen
gemacht. Ich liege im Bett und überlege, wie der Tag weitergeht. Wir wollten
doch früh zur Bötzeparty. Das geht mit mir erstmal nicht. Ich muss schlafen.
Jonathan und Ina sind ja auch noch nicht da. Sie wollten mit dem Auto aus KA
herkommen. Solange die nicht da sind, kann ich mich ja entspannen. Zu etwas anderem
bin ich auch nicht in der Lage. Irgendwann ruft Ina von der Autobahn auf meinem
Handy an und sagt, dass sie noch etwas brauchen. Das ist mir natürlich recht.
Es klang so als würden sie Bescheid geben, dass sie sich verspäten. Dabei haben
wir gar nicht wirklich was abgemacht, aber so fällt nicht das Augenmerk auf
meine desolate Verfassung. Als sie da sind, ist die Küche auch schon voll mit
Leuten. Wir trinken Bier und hören Franzis Musik. Meine Laune wird besser. Mit
Jonathan mache ich mich an die Licht-Säule, die wir vor einigen Monaten
gebastelt haben. Wir fixieren die zwölf Schalter in einer Reihe, sodass man
nacheinander die Lichter von Grün auf Rot und umgekehrt schalten kann. Das
fertige Stück muss noch in den Punto verfrachtet werden, Ina fährt ihn,
Jonathan mit Mietwagen vorweg und ich mit Fahrrad nach einer Weile hinterher.
Erstaunlich, dass eine Zwei-Meter-Säule in den Wagen passt. Reines
italienisches Raumwunder. Der kaputte
Auspuff röhrt und ab geht's. Ich fahre wieder mit Klappjens die Dreisam runter
und komme entspannt auf dem Grillplatz an. Die Zelte stehen, die Bar ist
eröffnet, das Lagerfeuer lodert, der Kicker wird bekickt und das Buffet ist für
umme. Bierchen gibt’s aus dem Rucksack
und ich freue mich all die Freunde und Bekannten zu sehen. Ein erstklassiges
Hippi-Fest. ;) Ich sah sogar das
interessante Mädchen von der Demo wieder. Wir begrüßten uns und ich erfuhr
ihren Namen. Bestimmt ist sie mit ihrem 'Wohnprojekt von außerhalb' hier, die
kennen sich doch untereinander oft. Aber egal. Als es dunkel wird, baue ich mit
Jonathan und Frieder die Säule neben der Tanzfläche auf. Es klappt und die
ersten Leute lachen über die Ironie der „Säule des Tanz“. Um 22oo Uhr habe ich
eigentlich ne Schicht am Crêpes-Stand. Ich komme ein paar Minuten zu spät und
darf Kolle gleich mal ablösen. Das Bratgeschick hat mich nicht verlassen und
die schmackhaft verzierten Fladen gehen über die Theke, die Hände, den Mund in
den Bauch der spendenfreudigen Freunde. Doch die meiste Zeit in dieser Nacht
verbrachte ich unter dem Tanzzelt, nachdem ich meinen roten Glitzerzylinder und
-schal angezogen hatte. Auflegen tat zunächst Ole, der mir bekannt wurde
eigentlich über meine aktuelle Mitbewohnerin, aber so stellte es sich heraus,
auch vor einiger Zeit kurz zur Zwischenmiete in meiner Ex-WG gewohnt hatte,
deren Bewohner auch hier waren und wir uns alle freuten, dass Freiburg und die
Welt so klein ist, dass alle alle kennen. Friede, Freude Crêpes-Kuchen. Und
Fusion-Feeling bis um halb sieben. Zwischendurch war noch die Polizei da, ich
konnte es in angedudeltem Zustand nicht unterlassen dem Beamten meine Meinung
zu sagen und begann den Einwurf mit: „Hallo Herr Wachtmeister...“ Ich habe mir
vor der Party verboten Polizisten zu beschwichtigen. Deshalb hielt ich mich sehr
kurz. Der Beamte wiederholte dann kurz meine Meinung (Jaja, das ist ja einfach
ein ganz nettes, friedliches Fest!) und ich ging schnell weg, bevor ich
peinlich werden konnte. Im Morgengrauen entschloss ich mich, dass ich nun genug
hätte und tritt den Rückweg an. Wieder strampelte ich die Dreisam hoch und
freute mich unheimlich und zufrieden auf mein Bett. Ich kam gut voran, gab mit
unter Gas, weil ich auch sehr müde war. In Lehen muss man die Dreisamseite
wechseln und über die Brücke dort fahren. Vor ein paar Wochen habe ich hier
Maulwurfshaufenerde geholt, für mein Gemüsebeet auf der Fensterbank. Heute
flitze ich die abschüssige andere Brückenseite hinab, biege links auf den
geteerten Fahrradweg ab und merke, dass ich einem entgegenkommenden
Fahrradfahrer ausweichen muss, was bei der Geschwindig- und Abschüssigkeit mit
dem kleinen Klapprad nicht so einfach ist. Ich komme von der Straße ab, und
rutsche mit dem Vorderrad den 15cm-Absatz hinab. Nach rechts kann ich nicht, da
ist ein Zaun, also blieb mir wohl nichts
anderes übrig, als nach links gegen den Absatz zu lenken und zu stürzen. Zack.
Nach einem Moment wird mir bewusst, dass ich auf der Straße liege und nicht
mehr fahre und denke, dass ich mich wohl hingepackt habe. Ach Mist, denke ich,
aber scheiß drauf, aufstehen und weiter geht’s. Als ich stehe kommt der andere
Fahrradfahrer auf mich zugelaufen und hat schon im nächsten Moment sein Handy
an der Backe und ruft den Notarztwagen. Ich merke, dass mir Blut aus dem
Gesicht läuft und meine rechte Hand ein wenig saftet. Ich meine zwar, dass mir
nichts passiert ist, aber ich setze mich, um den Herren zu beruhigen, auf einen
Baumstamm und warte auf den Rettungswagen. Ich merke leichte Schmerzen am
Kiefer und schmecke Zahnbrocken in meinem Mund. Kacke, die wachsen doch nicht
nach. Die Sanitäter stellen mich auf die Beine, checken mich kurz durch und
kleben meine Wunden zu. Ich muss vor ihnen zugeben, dass ich 'zwei, drei Biere'
getrunken habe und das wird mir nicht übel genommen. Aber auch nicht so recht
geglaubt. Egal. Ich kann wieder gehen und fahre nach Hause, lege mich ins Bett,
versuche meinen Kiefer ruhig zu halten und schlafe sofort ein.
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