Donnerstag, 22. Mai 2014

Donnerstag, den 1. Mai 2014 - Ralf

Der Donnerstag begann mit ausgiebigen Ausschlafen. Ich hatte mir für den Tag nichts großartiges vorgenommen. Ein kleines K&K-Frühstück (Kaffee&Kippe) so wie ich es gewohnt bin und dann ein wenig Schreibkram erledigen. Die Behörden können recht ungeduldig sein.

Gegen Mittag bekam ich eine Mail von J. J kenne ich über drei Ecken aus dem Internet und bin ihr bis zu diesen Tag noch nie begegnet obwohl sie nicht sehr weit weg wohnt. J will eine „Internetseite“ haben und fragte ob ich mal auf einen Kaffee vorbei kommen könne. Obwohl J recht attraktiv ist, hatte ich bei „Kaffee“ tatsächlich an das Heißgetränk gedacht und nicht an einen „Kaffee“ der bei Frauen gerne die „Briefmarkensammlung“ ersetzt. Mir machten noch geistige Verdauungsstörungen vom Vorabend zu schaffen. Selbst wenn J mir einen „Kaffee“ angeboten hätte, hätte ich wohl eher dankend abgelehnt.
Am Nachmittag fuhr ich zu J. Sie erzählte mir was sie vorhabe und ob ich ihr dabei helfen könne. Kurz zusammengefasst lässt sich J's Vorhaben mit „Eine Mischung aus Amazon und Facebook“ umschreiben. Nichts ungewöhnliches, jeder der keine Ahnung von Internet hat und da eine ganz große Nummer aufziehen will, denkt das man sich mit ein paar Mausklicks eine Webseite zusammenklicken kann die sämtliche Leistungen von Amazon&Facebook bietet und noch ein paar Extras mehr.

Ich machte J klar das so ein Vorhaben finanziell schnell im fünfstelligen Bereich liegt. Und das seien nur die Kosten für die Erstellung der Webseite. Und selbst wenn sie das Geld hätte, würde ihr das ja wenig nutzen. Ohne Besucher ist selbst eine Mischung aus Amazon&Facebook so wertvoll wie ein kleiner Hundehaufen. „Ich dachte die kommen alle von Google!?“ erklärte mir J ihr Geschäftsmodell. Ich versuchte J zu erklären das Google nicht ganz freiwillig die Besucher zu ihr schicken würde und das sie dafür schon etwas tun müsse. Selbst wenn, ist J's Vorhaben vom Prinzip her so exotisch, dass Google auch mit viel guten Willen und einer Menge gebuchter Anzeigen kaum jemanden auf J's Seite aufmerksam machen würde.

J war etwas enttäuscht und machte Andeutungen das andere es wohl könnten und ich nur nicht wollte. Oder es schlichtweg nicht könnte. Meinerseits gab es keinen Versuch J in die Realität zurück zu holen und ihr klar zu machen das auch ein Big Business ganz klein anfängt. Ich beließ es also dabei und gab ihr den Ratschlag erst einmal klein anzufangen und dann zu schauen wie es läuft. Warum fragen Menschen eigentlich andere Menschen um Rat wenn sie der Meinung sind das der Ratgebende keine Ahnung hat sobald er ihre Erwartungen enttäuscht? Ich fühlte mich ein wenig angepisst von J.

Wir drifteten thematisch schnell ab und J erzählte mir irgendwelche Sachen die mich nur marginal interessierten. Irgendwann begann dann J ihr Leid zu klagen wie schlecht die Menschen, die Welt und das Universum sei. Ich fragte mich derweilen ob ich irgendwo „Seelenmülleimer“ auf der Stirn stehen hätte und nickte nur höflich oder stimmte ihr mit einen gelegentlichen „Ja, ja“ zu. Mir war nicht nach Diskussion, jetzt hätte ich lieber einen „Kaffee“, dafür war es aber schon zu spät.

J steigerte sich recht schnell in ihr Leid mit dem Universum rein, so dass es mir fast ebenso schnell zu bunt wurde. Nach ein paar Stunden verabschiedete ich mich von J und den festen Vorsatz mich nicht mehr mit Internetbekanntschaften - egal ob langjährig und vertraut oder nur flüchtig - zu treffen. Wenn andere abends im Bett liegen und Schäfchen zählen, liege ich im Bett und zähle die durchgeknallten Internetbekanntschaften die ich bisher getroffen habe. Meist schlafe ich dann mit der Furcht ein, dass eine dieser Internetbekanntschaften mich zerstückelt und mich im Eisfach ihres Kühlschranks deponiert.

Auf dem Rückweg von J nach Hause hatte mich P noch angerufen. P kenne ich seit mehr als 20 Jahren, er ist im Vergleich zu den Menschen die ich in den letzten Tagen getroffen habe die reinste Erholung. P wollte nur mal hören wie es mir geht, was darin endete, dass ich mit P, seiner Frau und seiner Tochter im Schrebergarten vor dem Grill saß. Es gesellten sich noch einige andere Bekannte und Freunde zu uns, so das der Donnerstag überraschend angenehm und entspannend endete.

Obwohl ich den Abend gerne noch länger genossen hätte, endlich mal keine Verrückten in meiner näheren Umgebung, musste ich ihn recht früh beenden. Für Freitag war mal wieder um 4 Uhr aufstehen angesagt, Brückentag war ja schließlich gestrichen.
Es gibt Tage, an denen ich gar nicht arbeiten muss und dennoch den Job hasse wie die Pest. Was mir Sorgen macht ist, dass es immer mehr solcher Tage gibt.

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