Freitag, 23. Mai 2014

Freitag, den 2. Mai 2014 - Ralf

Der Freitag beginnt früh. Gefühlt ist es Grade-Ebend-Nachdem-Ich-Eingeschlafen-Bin als der Wecker klingelt. Selbst als ich um 5 Uhr im LKW sitze habe ich noch das Gefühl Mitternacht sei noch nicht rum. Es geht nach Stollberg ins Rheinland, gute 120km hin und 120km wieder zurück. Normalerweise müsste ich gar nicht so früh im LKW sitzen, es würde durchaus reichen wenn ich 2 Stunden später los fahren würde. Aber ich bin halt nicht alleine auf der Straße. Fahre ich um 5 Uhr los, komme ich ohne Staus durch und bin nach knapp 1:45 Stunden in Stollberg. Eine Stunde später, also um 6 Uhr, komme ich zwar wunderbar an Köln vorbei, gerate aber spätestens im Kreuz Aachen in den Stau und brauche für die gleiche Strecke schon mal eine halbe Stunde länger. Um 7 Uhr loszufahren wäre nur noch in der Theorie möglich. Ich habe es mal ausprobiert und bin von einen Stau in den nächsten gekommen: 3 Stunden für 120km. Grade Freitags oder Montags ist es die Hölle. Ist wahrscheinlich nur etwas psychologisches und lässt sich nicht rational erklären, aber an diesen beiden Wochentagen fahren alle wie bekloppt.

Also quäle ich mich um 5 Uhr morgens in den LKW damit ich die Tour in einen Rutsch ohne Pause hin und zurück schaffe. Mit etwas Glück schaffe ich noch ein wenig Abladen und dann zwingt mich das digitale Kontrollgerät auch schon zu einer Pause die ich eigentlich nicht machen will.

LKW fahren hat schon lange nichts mehr mit Romantik zu tun. Die Lenkzeiten werden von einen gnadenlosen digitalen Kontrollgerät aufgezeichnet. Genauso die Geschwindigkeit.. Da das vielen Unternehmern nicht mehr ausreicht und sie live verfolgen wollen wo sich ihre Fahrzeuge gerade befinden, gibt es dann noch zusätzlich die Fernüberwachung.
Einfach mal da lang fahren wo es schön ist? Schon lange nicht mehr. Pause machen weil man gerade mal keine Kraft mehr hat? Bringt einen in Erklärungsnot. Wenn man denn mal einen Platz findet wo man Pause machen kann.

Viele Kraftfahrer kämpfen jeden Abend um ihren Schlafplatz. Parkplatznot nennt sich das Drama lapidar im Politikerdeutsch. Gegenmaßnahmen? Keine. Selbst tagsüber ist es schwer geworden einen Platz zu finden an dem man seine vorgeschriebenen Pausen machen kann. Es kommt vor, dass sich Anwohner über einen „wild parkenden LKW“ beschweren. Wenn dann die Ordnungsbehörden vor Ort sind, stellt sich heraus das der Fahrer dort abladen muss weil sich genau dort irgend eine kleine Firma befindet die halt mal mit einen großen LKW beliefert wird. Wenn sie denn schon mal da sind, dann wollen sie auch nicht umsonst gekommen sein. Ihr Einsatz muss irgendwie finanziert werden. Also stellen sie ein Bußgeldbescheid aus. Begründung? Egal, irgendwas findet sich immer. Oft hört man dann von den Polizisten, dass der Chef dann halt einen kleineren LKW schicken müsse. Erwidert man darauf das die Straßen dann noch voller seien weil sich dann ja große und kleine LKW diese teilen müssten, bekommt man zum Bußgeldbescheid ein Achselzucken gratis hinzu.

LKW fahren macht einfach keinen Spaß mehr. Es kommt eher selten vor, dass ich irgendwo in kleinen Straßen anliefern muss. Kann man positiv oder negativ sehen. Aber genauso selten kommt es vor, dass ich mal irgendwo in einer schönen Gegend unterwegs bin. Ich sehe zu 90% nur die Rückseite der Ballungszentren. Die kleinen Firmen die früher irgendwo auf dem Land ansässig waren, sind zum großen Teil verschwunden. Überleben können nur die großen Unternehmen. So juckelt man von einen Industriegebiet zum nächsten und sieht in erster Linie Autobahnen, Rasthöfe, Industriegebiete und deren schmutzige Betriebshöfe.
Ich könnte auch etwas anderes als Altmetall in Containern fahren. Das würde aber Termindruck, Stress und der ewige Kampf mit Lenk- und Ruhezeiten bedeuten. Und wenn nicht das, dann schlechte Bezahlung weil die Konkurrenz aus Osteuropa auf den Markt drängt.

Mein Beruf bietet keine Zukunft, keine Perspektive und nur wenig Hoffnung. Aber ich hab es ja nicht mehr lange bis zur Rente. 20 Jahre vielleicht noch, wenn ich durch halte. Wenn die Knochen mitspielen, wenn ich nicht vorher irgendwo am Baum lande oder an einen Stauende von einen „Kollegen“ zusammengeschoben werde der nicht bremst, weil er pennt, telefoniert oder einfach nur unfähig ist sein Gefährt zu lenken.

Ich schaffe es Freitag früh Feierabend zu machen. Früh bedeutet 14 Uhr, von 5 Uhr an gerechnet sind das schlappe 9 Stunden. Ich kann froh sein, denn so mancher Kollege hat den Feiertag irgendwo auf einen Rastplatz verbracht, arbeitet täglich 13-15 Stunden, kommt erst Samstags nach Hause und darf sich Sonntags gegen 22 Uhr schon wieder hinters Lenkrad klemmen.

Zu Hause schlafe ich irgendwann auf der Couch vor dem Fernseher ein. Ich weiß nicht wann ich eingeschlafen bin, weiß auch nicht wann ich aufgewacht bin. Ich gehe ins Bett und werde erneut wach als es schon lange Hell ist.

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