Montag, 19. Mai 2014

Montag, den 28. April 2014 - Ralf

Montach ist Scheisstach. Immer.
Es ist 6 Uhr morgens, ich sitze im LKW und befinde mich immer noch im Wochenendmodus. Der Körper will nur eins: Zurück ins Bett. Aber hilft ja alles nichts, wat mut dat mut.

Schicksalsjahre eines Kirchturmkutschers. Seit Tagen fahren wir immer den gleichen Kunden in Gelsenkirchen an. Hinfahren, anmelden, warten, lange warten, abladen, zurück zum Hof. Der Montag bringt etwas Abwechselung, wenn auch nicht viel. Ein anderer Kunde, gleicher Stadtteil, eine Straße weiter. Zu sehen gibt es hier... nichts. Ein schlammiger Parkplatz mit Schlaglöchern so tief wie ein Kleinkind. Dazu buckelige Straßen und altersschwache Industriegebäude. Dreck, Maschinen und Schrott.

Ich liebe mein Ruhrgebiet. Auch wenn ich meistens nur die Rückseite zu sehen bekomme. Aber auch das kann seinen Charme haben. Ruhrgebiet, nicht Ruhrpott. Ruhrpott, dass ist Stahl, Kohle und Schwerindustrie. Von alledem ist nicht mehr viel übrig geblieben, ein paar Reste hier und da. Ansonsten sind die großen Namen und mit ihnen die großen Fabriken verschwunden. Ruhrpott, das war einmal. Jetzt sind wir Ruhrgebiet und auf dem besten Weg zur “Metropole Ruhr“. Selbst Krupp, die mehr als 100 Jahre mit ihren Fabriken und Stahlwerken das Bild von Essen bestimmt haben, haben ihre Wurzeln abgerissen, planiert und begrünt. Dazwischen, ein Prachtbau wie er protziger nicht sein kann. Woanders würde dieser Klotz gar nicht großartig auffallen. Hier aber steht er für arrogantes Protzgehabe weltfremder Manager. Erstmal alles abreißen was nicht gefällt, dann sich von einen Stararchitekten was schickes bauen lassen, pleite gehen und mal schauen wie es weiter geht. So geht Strukturwandel, zumindest hier bei uns.

In den letzten 20 Jahren haben sie es immer wieder versucht. Altes abreißen, neues drauf bauen und dann leer stehen lassen weil kein Bedarf dafür besteht. Ich bin aber in Gelsenkirchen. Hier gibt es weder Protz noch Prunk. Hier gibt es nur das, was andere sich unter Ruhrpott so vorstellen. Schmutzige Fassaden mit leeren Fensterhöhlen. Hier willste nich ne Nacht lang kaputt übern Zaun hängen.

Wenigstens die Menschen hier kann man strukturell nicht umwandeln. Sie sind wie sie sind. Freundlich aber zweckbestimmt. Wenn ich mich mit jemanden unterhalte der nicht von hier kommt, höre ich manchmal das wir unfreundlich wären. Nein, unfreundlich ist man hier nicht. Nur wortkarg. Kurze Sätze, nur das nötigste sagen. Muss reichen.
Wat willste auch groß labern, musse halt ma auffen Punkt kommen. An einen Montagmorgen um 7 Uhr irgendwo im Hinterhof von Gelsenkirchen ist das ganz angenehm. Ich bin immer noch müde, lustlos und verkatert, da will ich nicht viel reden. „Kommse auffe Waage, stellste dich da rechts hin. Bagger lädt.“. Jeder weiß was er zu tun und zu lassen hat, somit ist der erste Auftrag schnell erledigt.

Und wat anderet lieb ich am Revier wie et dat nur hier geben tut.
Kiosk, auch bekannt als Trinkhalle. Die moderne Version kommt als Verkaufswagen daher und bringt dir das Frühstück bis in den Hinterhof von Gelsenkirchen. Kommse nich zum Kiosk, kommt der Kiosk zu dich. Frühstück ist also gesichert, einer der wichtigsten Punkte im Tagesablauf somit als erledigt abgehakt.

Rückfahrt zum Hof, Auto leer machen, nächsten Kunden laden, Abfahrt. Diesmal im Hinterhof von Essen. Ein Anruf im Büro, allet klar, fang an. Enger Hof, viel Rangieren, ein wenig fluchen und irgendwann sind die drei Container auch getauscht. Der Tacho ermahnt mich das ich schon 4,5 Stunden Lenkzeit hätte und nun mindestens 30 Minuten Pause machen müsse. Ich beuge mich der elektronischen Anweisung, mache 30 Minuten Pause und fahre dann zum Hof zurück. Auto leer machen, für den nächsten Tag vorladen, Feierabend.

Der Montag wird im halbautomatischen Modus absolviert. Mehr ist nicht drin an einen Montag. Der Abend gestaltet sich dementsprechend einfach. Duschen, Essen und ein wenig Fernsehen, in den Werbepausen ab und zu mal bei Facebook vorbei schauen. Auf der Couch einschlafen und irgendwann mitten in der Nacht ins Bett wechseln, die Nacht ist um 4 wieder vorbei.

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